Für Sabrina Möller geht es im Jahr 2020 mit neuer Kutsche über Stock und Stein. Im corona-freien Januar und Februar hat die Baden-Badenerin grundsätzlich wenig zu tun. „Es ist einfach zu kalt, da ist meistens tote Hose“, erklärt Möller.
Umso mehr freut sie sich auf Mitte März, wenn ihr Betrieb parallel mit den ersten Frühlingsblumen aus dem Winterschlaf erwacht. Eine besondere Atmosphäre soll die neu angeschaffte Kutsche schaffen. Pünktlich zum Saisonstart steht das schwarze „Vis-á-vis“-Gefährt auf ihrem Hof, wo es jedoch ungewollt zum Dauerparker wird. „Eine Woche später kam der Lockdown“, erinnert sich die Kutscherin.
Der Zwangsstopp kommt unerwartet
Obwohl Möller mit dem Lockdown gerechnet hat, geht dann doch alles flotter als gedacht: „Als die Entscheidung klar war, mussten wir sofort aufhören mit den Fahrten.“ Bis Mitte Mai müssen die Baden-Badener auf den Anblick des historischen Gefährts und auf das Hufgeklapper auf der Lichtentaler Allee verzichten. Wobei die meisten von Möllers Kunden ohnehin nicht in der Stadt sind. Denn normaler Weise buchen vor allem Araber und Russen Fahrten in ihren drei Kutschen.
Im Privaten bringt der Lockdown eine weitere Aufgabe für Möller. Die Kutscherin hat einen siebenjährigen Sohn, der im Frühjahr nicht in die Schule darf. „Ich war oft gemeinsam mit ihm bei den Pferden, das war eine schöne Reitstallzeit“, erläutert sie. Das Homeschooling nebenbei sei allerdings „extrem viel“. „Wie bei allem gab es positive und negative Seiten“, fasst die Kutscherin zusammen.
Die Förderung reicht nicht aus
Trotz Förderung durch den Bund trifft der Lockdown Möller hart. „Das Geld, das ich bekommen habe, hat nicht mal für die Ausgaben von einem Monat gereicht“, bekräftigt die Unternehmerin, die sich trotz mangelnder Fahrten weiter um ihre neun Warmblüter aus Polen kümmern muss. Den BNN berichtet die Kutscherin Mitte Juni, dass das Geschäft nach dem Lockdown lange nicht so gut angelaufen ist wie erhofft. Deswegen spielt sie sogar mit dem Gedanken, ihre lieb gewonnen Tiere zu verkaufen.
Ein unerwarteter Anruf ändert ihre Situation zum Guten, erinnert sie sich: „Am Mittag nach dem Erscheinen des Artikels hat sich eine Baden-Badenerin bei mir gemeldet und Geld gespendet.“ Durch die anschließende Spendenaktion kommt eine so große Summe zusammen, dass die Selbstständige nach eigener Aussage einigermaßen gut durch den zweiten Lockdown im Winter 2020 kommt. Auch das Geschäft läuft im Juli und August wieder gut an. „Ich hatte viele Gäste aus Baden-Baden, bei manchen habe ich gemerkt, dass sie den lokalen Markt unterstützen möchten“, sagt Möller.
„Ein Paar durfte seinen Hochzeitstag nicht mit einer Kutschfahrt in Wien feiern und kam stattdessen zu mir“, erinnert die Kutscherin sich an einen besonders schönen Moment. In der Weihnachtszeit darf Möller wegen des Teil-Lockdowns zwar keine Fahrten anbieten, das Gutscheingeschäft laufe allerdings gut. Im nächsten Jahr erhalte sie außerdem erneut eine Förderung von der Stadt, sodass sie optimistisch auf die Zeit nach Corona schaut.