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Virtuelle Führungen möglich

2G plus wirkt sich auf Ausstellung von Katharina Sieverding im Museum Frieder Burda negativ aus

Noch bis 9. Januar läuft die Ausstellung „Die Sonne um Mitternacht schauen“ der Fotografin Katharina Sieverding im Museum Frieder Burda. Wie Saskia Kohler vom Museumsteam mitteilt, hatten die 2G-plus-Regeln dabei bisher spürbar negative Auswirkungen auf die Besucherzahlen.

zwei Leute im Museum
Besucher der Ausstellung "Die Sonne um Mitternacht schauen“ verweilen ungestört vor den Werken Sieverdings. Foto: Katrin König-Derki

Insgesamt sei die Resonanz in Anbetracht der Rahmenbedingungen aber zufriedenstellend. Wer auf einen Vor-Ort-Besuch verzichten möchte oder muss, kann sich über die Homepage für eine virtuelle Führung anmelden. Ab 29. Januar folgt die Ausstellung „Wert und Wandel der Korallen“ von Margaret und Christine Wertheim.

Die Künstlerin Katharina Sieverding, deren Vergangenheit als Meisterschülerin von Joseph Beuys schon häufig Erwähnung fand, benötigt eigentlich keine weitere Referenz als ihre eigenen Arbeiten.

Ein Rundgang durch die von Udo Kittelmann kuratierte Ausstellung ist Konfrontation, Provokation und Erkenntnis zugleich: Sieverding offeriert keine angenehme Kuschelkunst, sie richtet den Blick kritisch auf den Menschen und die Gesellschaft, somit auch auf sich selbst - und den Betrachter.

Berühmte Persönlichkeiten festgehalten

Dabei sind es weniger anonyme Massen, die sie in ihren Fotografien festhält, sondern vorrangig einzelne, meist berühmte Persönlichkeiten, welche sie porträtiert und über das gigantische Format nah an den Betrachter heranrückt - nicht selten mit Statements versehen, als Collage, künstlerisch bearbeitet, verfremdet.

Eine schonungslose Nähe ist dies freilich, der man manchmal lieber entflöhe. Hinschauen und diese - großartige - Kunst einfach auf sich wirken lassen? Schwierig. Zu viel Herausforderung, zu viel Ruf nach Analyse steckt darin.

Ruhiges Ambiente Im Museum

Das Positive des wie erwähnt pandemiebedingt ruhigen Ambientes des Museums: Es bietet sich für eine intensive Auseinandersetzung mit Sieverding und ihren Perspektiven bestens an.

In dem Prozess des Neu- oder Wiederentdeckens all dessen, was „Menschheit“, „Welt“, „Identität“ birgt, in den Erinnerungen an historische Ereignisse und Figuren auch, schwingt viel Emotion mit: Wut, Schmerz, Erstaunen und Grauen etwa gegenüber Krieg und Zerstörung, Diktaturen, Konformismus, Konsum.

Besonders ergreifend jene Bilder, die sich der schieren Unbegreiflichkeit und durch den Menschen gefährdeten Existenz des Kosmos widmen, jene digitale Projektion zum Beispiel, die der Ausstellung ihren Namen gab: Sieverdings grandiose Betrachtung der Sonne im Zeitraffer hat bei aller Faszination etwas Nüchtern-Wissenschaftliches, ganz konträr zur Romantik, die im Titel mitzuschwingen scheint.

Gern „transgendert“ die Fotografin auch, verspielt mit Techniken experimentierend - und tat dies offensichtlich bereits, als sie ihrer Zeit damit noch weit voraus war.

Allein: Man erahnt auch einen ausgeprägten Sinn für Humor, eine gewisse Leichtigkeit und Chuzpe. Hesse mit „Stinkefinger“ neben Freud, auf dessen Zigarre lüstern eine sexy Blondine sitzt - das hat schon cartooneske Züge.

Nicht weit entfernt und makellos schön Romy Schneider, Prinzessin Di, Marilyn Monroe. Allerhand „linke Genossen“ finden sich hier ebenfalls „Wand an Wand“, von Che Guevara bis hin zu Ulrike Meinhof. Sympathien oder Antipathien sind daraus nicht ablesbar, die Blicke auf all diese Menschen in jedem Fall vielfältig und ungewohnt, ebenso die Konstellationen.

Was allen Arbeiten der Retrospektive gemein ist: Ihre künstlerisch-ästhetische Perfektion, in der Schönheit wie in der Hässlichkeit. Ihre Imposanz. Nicht verwunderlich also, dass viele Besucher lange und still vor den Bildern verharren. In den weiten, hohen Ausstellungsräumen, in relativer Einsamkeit. Als betrachteten sie die Sonne um Mitternacht.

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