
So neugierig wie die Menschen in früheren Zeiten auf die Erzählungen der Moritatensänger waren, so waren die Besucher nicht weniger neugierig darauf, wer wohl hinter den Sängern steckte, die in der Scheuer des Hauenebersteiner Heimatmuseum auftraten, und was diese zu erzählen hatten.
Der Platz in der Scheuer reichte nicht aus, fleißige Helfer schleppten Bänke in den Hof, damit alle Besucher einen Sitzplatz fanden.
Schaurige Geschichten von Mord und Totschlag, Räubern und Geistern hatten die beiden Moritatensängerinnen Wilma Koch und Angelika Braunagel in ihrem Repertoire. Musikalisch begleitet am Keyboard oder mit der Gitarre wurden die Sängerinnen von Rainer Wagenmann.
Mitstreiter aus Heimat- und Kulturverein
Sie sei immer wieder darauf angesprochen worden, dass doch die vielen alten Lieder oder Moritaten verloren gingen, erzählt Wilma Koch, die unter anderem ein Wörterbuch mit Eberschder Mundart und einige Heimatblätter geschrieben hat. Darauf hat Koch, die Jahrzehnte im Vorstand des Heimat- und Kulturvereins engagiert war, verschiedene Texte und Melodien gesammelt.
Rainer Wagenmann hat die Noten dazu geschrieben. Es entstand die Idee, diese Lieder und Moritaten vor Publikum zu präsentieren. In Angelika Braunagel, die ebenfalls viele Jahre Vorstandsmitglied im Verein war, fand sie eine Mitstreiterin.
Und dann hieß es in der Scheuer: Horchet die Geschichten. Moritaten waren in den früheren Zeiten sehr beliebt. Sie erzählten der Bevölkerung besonders gruselige Geschichten, die zwar einen wahren Kern hatten, jedoch maßlos übertrieben wurden. Neben der Schaurigkeit enthielten sie jedoch als Pointe immer eine Art moralischen Zeigefinger. Um besser gehört zu werden, standen sie auf einer kleinen Bank. Daher auch der Begriff Bänkelsänger. Die beiden Sängerinnen standen zwar nicht auf einem „Bänkel“, jedoch auf einem eigens aufgebauten Podest.
Sie sangen vom Schinderhannes, dem „wilden, schwarzen Wüterich“, der im Hunsrück sein Unwesen trieb und schließlich erhängt wurde. Das sei noch nichts gewesen gegen die Morde in Frankreich, wo nur ein Kind in einer Hundehütte überlebt habe.
Wie es für echte Bänkelsänger gehört, hatten sie für jede „Gräueltat“ das passende Bild, gemalt von Bruno Reiß, an der Wand hängen.
Holt eure „Sacktücher“ raus und heult.Wilma Koch und Angelika Braunagel
Sängerinnen
„Holt eure „Sacktücher“ (Taschentücher) raus und heult“, so die Aufforderung an die Besucher als die Moritatensängerinnen vom totgeglaubten Sohn sangen. Erzählt wurden auch einige traurige Liebesgeschichten. Obwohl in den Liedern und Erzählungen viel Tragisches erzählt wurde, verstanden die Sängerinnen es, das überwiegend ältere Publikum immer wieder zum Lachen zu bringen.
Die Moritatensängerinnen seien froh, im Badischen singen zu dürfen, denn die Schwaben seien geizig und gingen zum Lachen in den Keller, so die Feststellungen der Damen. Geizig zeigten sich die Badener nicht. Der aufgestellte Spendentopf füllte sich.
Zum Schluss des vergnüglichen Abends war die Sangesfreude des Publikums gefragt. Gemeinsam sang man einige alte Lieder wie die Balladen-Moritat „Sabinchen war ein Frauenzimmer“ oder „Gefangen in maurischer Wüste“. Zum Abschluss hieß es „Mein Heimatdorf heißt Haueneberstein, denn da bin ich daheim“ nach der Melodie des Badner Liedes.