Zum dritten Mal in seiner bereits 17-jährigen Geschichte hat der Heel-Lauf wieder quer durch die Stadt geführt. „Man atmet Welterbe“ meinte ein Heidenheimer Sportsfreund begeistert angesichts der Streckenführung, die markante Punkte wie die Trinkhalle, Kurhaus und Theater, Lichtentaler Allee, Museumsmeile und Klosterwiese einschloss.
Julia-Mareen Vetter war extra aus Heidelberg gekommen, um hier dabei zu sein. Die junge Frau rennt seit einem Unfall 2014 am liebsten Hürdenläufe, insofern stellten die zehn Kilometer für sie keine überbordende Herausforderung dar. Sie zählte zu dem am Ende stärksten Team „Pflege läuft“ mit 86 Teilnehmern, deren Feld der Vier-Kilometer-Absolventen bereits am Nachmittag optisch durch blaue Tutus aufgefallen war.
Zusammen mit Manuel Benz, der seit sechs Jahren am Heel-Lauf teilnimmt, und Peter Koch, der die Strecke als Training für den Baden-Marathon in Karlsruhe im September sah, genießt sie das Laufen als Ausgleich zu ihrem stressigen Job auf der Intensivstation. Alle drei schätzen das Auftreten als Team besonders hoch ein und als förderlich für die Zusammenarbeit.
Faszination Laufen: Warum Menschen beim Heel-Lauf in Baden-Baden dabei sind
Schulsozialarbeiter Ansgar Groß von der Theodor-Heuss-Schule rannte schon als Kind mit seinem Vater und hat diese Begeisterung nie verloren. Es fasziniert ihn, das eigene körperliche Potenzial wahrzunehmen und zu fördern, ebenso das Gefühl von Freiheit beim Laufen in der Natur. Für ihn lassen sich die Erlebnisse bei seiner Lieblingssportart („man braucht nichts außer einem wirklich guten Paar Laufschuhe“) auch auf andere Lebensbereiche übertragen.
Es spielt sich viel im Kopf ab und man lernt, sich zu motivieren.Ansgar Groß, Schulsozialarbeiter
Symbolisch nennt er etwa, Schritt für Schritt auf ein großes Ziel zuzugehen. Und er spricht die inneren Kämpfe an, die es für einen Läufer genauso wie im richtigen Leben auszuhalten gilt: den inneren Schweinehund zu überlisten, selbst bei Müdigkeit oder grauem Wetter die Schuhe zu schnüren, körperliche Strapazen etwa bei Steigungen oder Hitze zu überwinden, oder die Distanzen einzuhalten und nicht etwa abzukürzen. „Es spielt sich viel im Kopf ab und man lernt, sich zu motivieren“, spricht Groß aus Erfahrung.
Zusammen mit Lehrer Christoph Schmidt, der meist mit Musik läuft und am Freitag seinen ersten Zehn-Kilometer-Lauf absolvierte unter dem Motto „dabei sein ist alles, ankommen ist auch nicht schlecht“, war er vor dem Lauf beim Start doch etwas aufgeregt. Die Nervosität schlägt durch, „der Klassiker halt“ lacht Ansgar Groß.
Dietmar Späth, Alexander Uhlig und Roland Kaiser sind beim Heel-Lauf mit von der Partie
Bürgermeister Roland Kaiser, der wie sein Kollege Alexander Uhlig den Zehn-Kilometer-Lauf absolvierte, war sich sicher, „kein Sauerstoffzelt zu benötigen“, obwohl seine Trainingsstrecke normal fünf Kilometer beträgt. „Es dauert etwas, bis ich im Flow bin, aber dann läuft es“, gab er sich tiefenentspannt vor dem Start.
Oberbürgermeister Dietmar Späth hatte sich für die Vier-Kilometer-Runde entschieden. Er empfand die sportliche Begeisterung in der Stadt als großartig und wertete den Heel-Lauf als „tolles Zeichen der Identifikation mit dem Standort Baden-Baden“. Späth war noch lange im Sportdress im Bereich von Theater und Kurgarten zu entdecken, wo er sich unter den Läufern offensichtlich wohlfühlte.
Nach dem Massenstart auf dem Heel-Betriebsgelände erlebten die Sportler bereits am Zubringer einen ersten Vorgeschmack auf die aufgedrehte Atmosphäre rund um das Theater. Da wurde gehupt, gewunken, gejubelt und angefeuert, was die Läufer die trotz Regen Schweiß treibende Hürde der Hochstraße etwas leichter nehmen ließ.
Gute Stimmung der Zuschauer motiviert Läufer zusätzlich
„Hier verliehen ein paar übermütige Gipfelstürmer unter den Zuschauern das Bergtrikot ähnlich wie bei der Tour de France“, erzählt Sebastian Frick von der guten Stimmung. Er sei kurz vorm Ziel komplett am Ende gewesen, doch die Begeisterung der Zuschauer hätte ihn direkt ins Ziel getragen. Jan Bornschein lief ebenfalls für den Musikverein Lichtental und beobachtete amüsiert, wie ein von ihm überholter Läufer zurückfiel, bis er von Freunden lautstark angefeuert wurde „und schwupps zog er wieder an mir vorbei“.
Die super Stimmung speziell in der Innenstadt habe die Läufer getragen und neue Kräfte mobilisiert, ist auch er überzeugt. Er hätte sich lediglich gewünscht, dass die Wasser-Tankstelle nicht ausgerechnet direkt nach dem steilen Anstieg der Hochstraße kommt, wenn die Läufer erstmal durchatmen müssen.
So ein Erlebnis schweißt die Menschen als Team unglaublich zusammen.Peter Koch, Läufer
Manuel Benz hatte richtig Gänsehaut angesichts der jubelnden Menge Hunderter Zuschauer entlang der Strecke durch die Innenstadt. Er habe sich gefühlt wie ein Star, jeder einzelne Teilnehmer sei johlend empfangen und intensiv angespornt worden. „Dieses Event ist von den Baden-Badenern super angenommen worden“, schwärmte er in den höchsten Tönen von der mitreißenden Atmosphäre. „So ein Erlebnis schweißt die Menschen als Team unglaublich zusammen“, war auch das Fazit von Peter Koch.