Die Kommandos fallen kurz aus: „Weiter” ertönt es von der Spitze des Turms der Stiftskirche Baden-Baden. Dann folgt ein knackiges „Stopp!” und darauf eine Aufforderung: „Nicht ziehen, drücken!”
In über 60 Meter Höhe ist an diesem späten Mittwochvormittag Muskelkraft gefragt, um die Wetterfahne wieder dort zu platzieren, wo sie seit vermutlich drei Jahrhunderten ihren Platz hat: auf dem Kirchturm und mit allerbester Rundumsicht auf die Bäderstadt.
Auch Pfarrer Michael Teipel von der Seelsorgeeinheit Baden-Baden und der Bauleiter der Turmsanierung und Karlsruher Architekt Thomas Halder packen auf der letzten Etappe zeitweise mit an, um die wertvolle Fracht unversehrt nach oben zu bringen. Kurz nach elf Uhr war der Außenaufzug am eingerüsteten Kirchturm mit der in Plastikfolie verschweißten und mit Hartschaumplatten geschützten restaurierten Wetterfahne nach oben gefahren.
Wetterfahne kehrt zurück
Die letzten Meter wird die 1,90 Meter hohe und 22 Kilo schwere Petrus-Silhouette an einem Seil hochgezogen und dann auf der Turmspitze montiert. Metallrestauratorin Ariane Brückel und ihre Mitarbeiter sind dafür Experten. Jeder Handgriff sitzt und nach etwas über 30 Minuten hat die Stiftskirche wieder ihre Wetterfahne. Die war am 4. Mai abmontiert worden und nach der Restaurierung in einer Fachwerkstatt in Stuttgart zuletzt vier Wochen im restaurierten Zustand in der Galeria Wagener ausgestellt worden.
„Im Moment läuft es super”, schwärmt der Seelsorger von den Bauarbeiten, die mit mehren Wochen Verzögerung begonnen hatten, weil Bürokratie wegen des Zuschusses des Bundes für die millionenschwere Kirchensanierung noch abgewickelt werden musste. Die guten Witterungsverhältnisse haben mit dazu beigetragen, dass Zeit wieder aufgeholt wurde. Auch die beteiligten Firmen hätten sehr gut mitgezogen, betont Bauleiter Halder.
Das Fazit von Michael Teipel kommt daher nicht überraschend: „Ich bin sehr zufrieden”, kommentiert der Seelsorger den aktuellen Sachstand. Das erreichte Zwischenziel nennt er „einen Meilenstein in dieser Bauphase”. Ein wenig Wehmut kommt bei ihm aber auch auf: „Ich werde die Sicht vermissen. Die war grandios.”
Der Seelsorger hatte es sich in den vergangenen Wochen nicht nehmen lassen, die Rundumsicht aus über 60 Metern Höhe vom Kirchturm zu genießen, wenn er den Fortgang der Arbeiten inspizierte. Das wird künftig nur eingeschränkt möglich sein.
Etwa ein Drittel des Gerüsts wird abgebaut
Die oberen drei Gerüstlagen sollen bereits an diesem Donnerstag abgebaut werden. Ohne die obersten sechs Meter der gewaltigen Metallkonstruktion ist dann der Blick wieder frei auf die Turmspitze und die Wetterfahne. Weitere Gerüstteile werden bis zur nächsten Woche abmontiert. Etwa ein Drittel der Konstruktion werden dann also überflüssig sein.
„Es ist immer gut, wenn man schaut, dass man oben vorankommt”, zitiert der Bauleiter lachend eine Bau-Weisheit. Wie lange der Rest stehen bleibt, hänge vom weiteren Fortgang der Arbeiten am Kirchturm ab.
Diese Maßnahme ist die erste Etappe der Kirchensanierung. Danach folgt die Innensanierung. Die Gesamtkosten sind mit sieben Millionen Euro veranschlagt. Ein Anteil von 1,1 Millionen Euro soll über Spenden generiert werden. Knapp 500.000 Euro sind eingegangen, erläutert Teipel. Außerdem lägen weitere Spendenzusagen vor.