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Staatsanwaltschaft Baden-Baden

PFC-Verfahren eingestellt

Es bleibt dabei: Die Staatsanwaltschaft Baden-Baden wird wegen der PFC-Verunreinigungen im Raum Baden-Baden/Rastatt/Bühl keine Anklage gegen den mutmaßlichen Verursacher, den Betreiber eines Kompostbetriebes in Bühl-Vimbuch, erheben. Das gab die Ermittlungsbehörde bekannt.

Die Bodenbelastung durch PFC in Mittelbaden hat strafrechtlich zumindest nach bisherigem Kenntnisstand keine Folgen. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen einen Kompostbetrieb ein.
Die Bodenbelastung durch PFC in Mittelbaden hat strafrechtlich zumindest nach bisherigem Kenntnisstand keine Folgen. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen einen Kompostbetrieb ein. Foto: pr

Es bleibt dabei: Die Staatsanwaltschaft Baden-Baden wird wegen der PFC-Verunreinigungen im Raum Baden-Baden/Rastatt/Bühl keine Anklage gegen den mutmaßlichen Verursacher, den Betreiber eines Kompostbetriebes in Bühl-Vimbuch, erheben. Das gab die Ermittlungsbehörde bekannt, nachdem diese Zeitung bereits vor vier Wochen über diese Absicht berichtet hatte. Maßgeblich für die Entscheidung seien Verjährungsgründe, fehlende Analysen sowie die Tatsache, dass im strafrechtlich relevanten Zeitraum nach dem 21. Mai 2007 nicht nachgewiesen werden konnte, dass tatsächlich noch PFC-belastetes Material auf Äcker aufgebracht worden sei. Mögliche zivilrechtliche Schadensersatzansprüche durch die Verfahrenseinstellung nicht berührt, ebenso wenig wie die so genannte verwaltungsrechtliche Störerhaftung.

PFC-Verfahren seit drei Jahren

Rund drei Jahre hatte die Staatsanwaltschaft gegen zwei Beschuldigte ermittelt, die in den Verdacht geraten waren, für die im Bereich Rastatt, Bühl und Baden-Baden in mehreren Trinkwasserbrunnen festgestellte Verunreinigung des Grund- und Trinkwassers mit perfluorierten Substanzen (PFC) verantwortlich zu sein. Die Staatsanwaltschaft: „Im Einzelnen wurde den Beschuldigten zur Last gelegt, ihrem zur landwirtschaftlichen Verwertung bestimmten Kompost zum Teil erhebliche Mengen aus der Recyclingherstellung von Papierfabriken stammende Abfälle beigemischt zu haben.

Die Verunreinigungen waren im Herbst 2013 erstmals im Trinkwasser des Wasserwerks Rastatt und in der Folgezeit in mehreren Brunnen im Raum vorderes Murgtal, Bühl, Hügelsheim und Baden-Baden festgestellt worden und führten zu Strafanzeigen der betroffenen Städte, Gemeinden und Behörden. Mitte Februar 2014 hätte sich der Tatverdacht gegen die Verantwortlichen einer mittelbadischen Kompostfirma konkretisiert.

Hierzu ein Beitrag des SWR:

Schwierige Ermittlungen

Die sich in rechtlicher wie tatsächlicher Hinsicht schwierig gestaltenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hätten dazu geführt, dass den beiden Beschuldigten nicht mit einer für eine Verurteilung ausreichenden Sicherheit strafbares Verhalten im Sinn von Vergehen der Bodenverunreinigung beziehungsweise der Gewässerverunreinigung, die jeweils eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsehen, nachzuweisen sei. Die Argumente der Anzeigeerstatter und der beteiligten Behörden und Gemeinden, die vom Ergebnis der Ermittlungen vorab informiert wurden und Stellungnahmen abgegeben haben, hätten daran nichts ändern können, so die Behörde.

Verjährung eingetreten

Festgestellt worden sei, dass seitens des Kompostbetriebes ab dem Jahr 1999 Abfallstoffe dem Kompost beigemischt wurden, im Zeitraum von 2006 bis 2008 seien es mehr als 106 000 Tonnen gewesen. Für den davor liegenden Zeitraum hätten mangels Unterlagen keine konkreten Mengen festgestellt werden können. Jedoch dürfte es sich auch in diesen Jahren jeweils um beträchtliche Mengen gehandelt haben, so die Staatsanwaltschaft. Belegt worden sei durch die Ermittlungen, dass diese Praxis im Jahr 2008 – im Zusammenhang mit einem Verfahren des Regierungspräsidiums Stuttgart wegen Verstoßes gegen die Düngemittelverordnung – eingestellt wurde. Wörtlich: „Im Hinblick auf die fünfjährige Verjährungsfrist konnte deshalb – unabhängig von den sonstigen Gründen – ein Vergehen der Bodenverunreinigung nicht mehr verfolgt werden, da die Verjährungsfrist bei einer solchen Straftat mit dem Eintritt der nachteiligen Bodenveränderung eintritt, im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens 2014 mithin schon abgelaufen war.“

Nach dem Ergebnis der Ermittlungen sei davon auszugehen, dass jedenfalls nicht alle der von dem Kompostbetrieb beigemischten Abfallstoffe PFC-Belastungen aufwiesen.

Analysen fehlen

Welche Stoffe unbelastet und welche – möglicherweise – belastet waren und wo diese konkret aufgebracht wurden, lasse sich nicht mehr feststellen. Analysen der Abfallstoffe lägen nicht vor. Aus diesem Grund würden auch keine Ermittlungen gegen die Verantwortlichen der Lieferfirmen geführt. Strafrechtlich relevant sei der Zeitraum ab dem 21. Mai 2007, weil erst ab diesem Zeitpunkt auf Grund eines Erlasses des Umweltministeriums bei den Fachbehörden und damit einhergehend auch bei den betroffenen zertifizierten Unternehmen eine Sensibilität im Umgang mit PFC-haltigen Abfällen auch in Biodüngern und Komposten hätte vorhanden sein müssen.

Kein Problembewusstsein

Ein entsprechendes Problembewusstsein zum Thema PFC sei zuvor weder bei öffentlichen Stellen vorhanden gewesen, noch habe es im Umkehrschluss auf Seiten der Beschuldigten vorliegen müssen. Speziell für Kompost sei durch die Düngemittelverordnung erst ab dem 16. Dezember 2008 eine Untersuchung von Kompostproben auf PFC-Verbindungen vorgeschrieben gewesen. Ein strafrechtlicher Vorwurf hätte den Beschuldigten nur dann gemacht werden können, wenn hätte belegt werden können, dass der Kompostbetrieb noch nach dem 21. Mai 2007 belastete Kompost-Papier-Gemische ausgebracht und dadurch eine Verunreinigung verursacht hätte. Dieser Nachweis habe sich indes nicht führen lassen. Insbesondere die Untersuchung eines erstmals nach diesem Zeitpunkt gedüngten Grundstücks durch einen Sachverständigen keinerlei Hinweise auf eine PFC-Belastung ergeben.

Behörden: "Für uns der Verursacher"

In einer gemeinsamen Erklärung von Regierungspräsidium Karlsruhe, Landratsamt Rastatt und Stadt Baden-Baden sind die drei zuständigen Verwaltungsbehörden auch nach der Einstellung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens davon überzeugt, dass die betreffende Firma für die aufgetretenen Verunreinigungen verantwortlich ist. Wörtlich: "Die Behörden können die strafrechtliche Bewertung der Staatsanwaltschaft Baden-Baden zwar nicht nachvollziehen, müssen diese aber akzeptieren."

Wichtig hierbei sei allerdings wichtig, darauf hinzuweisen, dass Strafrecht und Verwaltungsrecht unterschiedliche Rechtsgebiete mit verschiedenen Zielsetzungen seien. Es bedürfe keiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit, um „Verursacher“ im Sinne des Bundesbodenschutzgesetzes zu sein, der in erster Linie für die Untersuchung und die Sanierung von Boden- und Gewässerverunreinigungen aufkommen muss. Im Verwaltungsrecht sei für die Frage der Verursacherauswahl weder eine Verjährungsproblematik relevant noch ein Vorsatz erforderlich, denn eine Sanierungsverpflichtung verjähre nicht und sei auch nicht verschuldensabhängig. Entscheidend und ausreichend sei vielmehr ein „wesentlicher Verursachungsbeitrag“.

Gegen Verordnungen verstoßen

Im Übrigen stehe fest, dass die Firma über Jahre hinweg in erheblichem Maße gegen Regelungen verschiedener Rechtsbereiche wie der Bioabfallverordnung, der Düngemittelverordnung und das Immissionsschutzgesetz verstoßen habe. Dies stellt nach Meinung der Verwaltungsbehörden zumindest ein fahrlässiges Verhalten dar, das zu einer Umweltverschmutzung in einem in Baden-Württemberg beispiellosen Umfang geführt habe.

Widerspruch aus Rastatt

Die Stadt Rastatt will unterdessen nach Angaben von Oberbürgermeister Hans Jürgen Pütsch Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen. Außerdem werde der politische Druck auf das Land erhöht, so OB Pütsch.

Beschuldigter erleichtert

"Wir sind dankbar für die gründlichen Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft und dass nach Jahren der Spekulationen und Ungewissheiten Fakten geliefert wurden. Wir sehen uns bestätigt in unserer von Beginn an vorgebrachten Äußerung, dass es keinerlei Hinweise darauf gibt, dass auf dem Betriebsgelände des Kompostbetriebs PFC-belastete Stoffe verarbeitet wurden", gibt sich der Inhaber des Kompostbetriebes, Franz Vogel, erleichtert. Die Staatsanwaltschaft habe auch betont, "dass durchgeführte Untersuchungen eines mit einem Papier-Kompost-Gemisch gedüngten Grundstücks durch einen Sachverständigen keine Hinweise auf PFC-Belastung ergab." Da PFC ein weltweites Problem darstelle hoffe er, "dass die möglichen Ursachen weiterhin intensiv untersucht werden."

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