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Kritik an polnischem Kohlekraftwerk

Umwelt-Aktivisten demonstrieren bei Rückversicherer-Kongress in Baden-Baden

In Baden-Baden haben am Sonntag Umweltaktivisten von Greenpeace und der Organisation Urgewald demonstriert. Sie fordern im Rahmen des Rückversicherer-Kongresses, dass künftig keine Vorhaben mit fossiler Energie mehr versichert werden sollen.

Demonstranten zeigen Plakate
Protest vor dem Baden-Badener Kongresshaus: Umweltaktivisten mehrerer Organisationen fordern von den hier derzeit tagenden Rückversicherern, keine neuen Gas-, Öl- und Kohlekraftprojekte mehr zu fördern, um die Klimaziele nicht zu gefährden. Foto: Adrian Mahler

Auf den Plakaten stehen Parolen wie „Braunkohle, grenzenlose Zerstörung!“ oder „Wer jetzt noch Kohle, Öl und Gas versichert, der ignoriert Paris.“ Der gemeinnützige Verein Urgewald demonstriert am Sonntag vor dem Baden-Badener Kongresshaus. Mit dabei ist auch die Dachorganisation von Urgewald, Insure our Future, sowie Greenpeace und Parents for Future.

Mehrere Passanten verfolgen die Kundgebung. Anlass dafür ist der Rückversicherer-Kongress. Das große Meeting dauert von Sonntag bis Donnerstag. Regine Richter, Finanz-Campaignerin bei Urgewald, erklärt: „Wenn wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen wollen, dürfen keine neuen Gas-, Öl- und Kohlekraftprojekte mehr unterstützt und realisiert werden.“

Kohleausschluss findet nur bei Einzelversicherungen statt

Erfreulich sei, dass weltweit mittlerweile knapp die Hälfte der Rückversicherer keine Rückversicherungen für Einzelprojekte etwa für neue Kohlekraftwerke mehr machen, sagt Richter. In Sammelrückversicherungen, bei denen Erstversicherer ganze Auftragsbücher rückversicheren lassen, gelte dieser Kohleausschluss jedoch nicht.

So wird beispielsweise PZU, ein großer polnischer Erstversicherer im Kohlebereich, nach Richters Aussage nach wie vor von Rückversicherern wie der Münchener Rück und Hannover Rück sowie Swiss Re rückversichert. Zugleich fördere PZU beispielsweise das Kohlekraftwerk Turow an der deutsch-polnischen Grenze. Clas Busack klagt in seinem Vortrag am Sonntag von „unzumutbaren Zuständen“ durch das Werk.

Er gehört zur Greenpeace-Gruppe Lausitz und stammt aus Zittau – einer sächsischen Stadt in der Nähe der polnischen Grenze. „Das Kohlekraftwerk Turow hat extrem negative Auswirkungen auf uns“, sagt Busack. Schließlich sei die Stadtmitte von Zittau nur vier Kilometer von dem Werk entfernt.

Im Kohlekraftwerk Turow werden stündlich 34 Lastwagen Kohle verbrannt

Dort würden stündlich etwa 34 große Lastwagen Kohle verbrannt, betont Busack. Das Ergebnis seien 500 Tonnen an Grob- und Feinstaub pro Tag. „Die dazugehörige Miene ist ein gigantisches Loch in der Erde“, sagt er. Sie sei 300 Meter tief. „Das Werk Turow macht die Menschen krank.“

Der Schwefel in der Luft führe zu schlimmen Erkrankungen der Atemwege. Und dann sei da noch der Lärm. „Manchmal kann man sich nur schreiend unterhalten“, berichtet er. Hinzu komme die dicke Staubschicht, die sich in den Gärten in Zittau und anderen umliegenden Orten durch das Kohlekraftwerk bilde.

Durch den Ausstoß von Quecksilber werden Busacks Aussage nach auch die Böden in der Umgebung sauer und unfruchtbar. „In Tschechien führt das Kohlewerk auch zu Trinkwassermangel“, erklärt Clas Busack. Denn der Grundwasserspiegel sei an manchen Orten durch den Tagebau bereits um 40 Meter gesunken.

Polen investiert weiter in Kohleenergie

Und trotzdem werde der Erstversicherer weiterhin von Rückversicherern gestützt. „Die Rückversicherer müssen dagegen vorgehen“, betont Busack und seine Stimme wird lauter. Es brauche eine Zielvorgabe an den Erstversicherer, dass der Geldhahn bis spätestens 2030 zu ist. Doch die Regierung in Polen investiere ohne Unterlass in den Ausbau der Kohlekraftwerke, sagt Marzena Wichniarz von der polnischen Organisation Rodzice Dla Klimatu.

Die Politik müsse so schnell wie möglich ihren Kurs wechseln. Außerdem betont Wichniarz: „Der Versicherer PZU ist nur am eigenen Gewinn interessiert.“ Bei den Rückversicherern liege eine große Verantwortung, PZU nicht mehr zu unterstützen. Deshalb sei es ihr wert, über 1.000 Kilometer zum Rückversicherer-Kongress in Baden-Baden zu fahren.

Wir werden nicht aufgeben.
Sofia Rodriguez, Parents for Future

Auch die bulgarische Aktivistin Desislava Stoyanova hat eine große Strecke auf sich genommen. Sie klagt unter anderem, dass in Bulgarien immer noch etwa 50 Prozent des Stroms von Kohlekraftwerken stammt. Einen nicht ganz so weiten Weg hatte Sofia Rodriguez von Parents for Future. Sie drückt in ihrer Rede die Solidarität gegenüber anderen Umweltaktivisten aus.

„Wir werden nicht aufgeben. Wir werden weiterhin überall dabei sein, wo wir mitmischen können.“ Nach der Kundgebung sollen laut Richter vor dem Kongresshaus die Forderungen von Urgewald auf den Boden gemalt werden. Damit die Kongress-Teilnehmer diese täglich sehen.

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