Nach dem 946-seitigen Zahlenwerk steigt der Schuldenberg der mit dem Welterbe-Titel dekorierten Kommune weiter massiv an.
Bis Ende 2023 könnte er sich im Vergleich zum Stand Ende 2020 mehr als verdoppelt haben. Stadtkämmerer Thomas Eibl kalkuliert mittelfristig gar mit einem Anstieg auf rund 108 Millionen Euro. Ein bislang an der Oos nie erreichtes Niveau.
Sollte diese Prognose eintreffen, dann steht Baden-Baden kurz davor, mittelfristig bei der Pro-Kopf-Verschuldung erstmals die 2.000-Euro-Marke zu knacken. Bei einem erwarteten Schuldenstand von 76,2 Millionen Euro Ende 2023 stünde jeder der 55.000 Einwohner für die Verbindlichkeiten der Stadt bereits mit rund 1.400 Euro in der Kreide.
Verschuldung könnte demnächst auf 108 Millionen Euro klettern
Tatsächlich liegt dieser Wert deutlich höher, weil die kommunalen Betriebe wie etwa die Stadtwerke dabei noch gar nicht berücksichtigt sind. Zum Jahresende 2020 hatte die Stadt Baden-Baden einen Schuldenberg von 31,8 Millionen Euro. Der wird bis Ende diesen Jahres auf rund 43,3 Millionen Euro klettern.
Die roten Zahlen binden zudem Geld, das für Zinsen berappt werden muss und damit für andere Aufgaben fehlt. Im Jahr 2019 musste die Bäderstadt 1,9 Millionen Euro für Zinsen aufbringen, 2020 waren es knapp 800.000 Euro.
Trotz niedriger Zinsen kommen auch in den nächsten Jahren beträchtliche Summen zusammen: Für 2021 sind rund eine Million Euro angesetzt, für 2022 sind es knapp eine Million und für 2023 dann 1,225 Millionen Euro an Zinsen.
Die Bürger können sich selbst ausmalen, was das für sie bedeuten kann: Die Kommunalpolitiker werden an den Steuer- und Gebührenschrauben drehen (müssen). Wo das konkret geschehen soll, darüber finden sich im Entwurf für den Doppelhaushalt der kommenden zwei Jahre noch keine Hinweise.
Bei Steuern und ähnlichen Abgaben geht die Einnahmekurve nach oben. Bei der wichtigsten Einnahmequelle der Bäderstadt, der Gewerbesteuer, setzt die Verwaltung nach einem Einbruch auf knapp 39 Millionen Euro im Jahr 2020 und erwarteten 47 Millionen in 2021 künftig wieder auf Erträge in einer Größenordnung von rund 50 Millionen Euro und sogar noch ein wenig mehr. Das sind jedenfalls die Ansätze für die Jahre 2022 und 2023. „Die sind von deutlichem Optimismus geprägt“, betont Eibl.
Bei der Grundsteuer B für bebaute Grundstücke soll das Niveau der vergangenen Jahre gehalten werden. Das deutet im Moment nicht auf eine geplante Erhöhung hin. Allerdings: Die Haushaltsberatungen in den Fraktionen und Gremien beginnen jetzt erst.
Stadtkämmerer Eibl hat derweil schon einmal anklingen lassen, wohin der Weg seiner Ansicht nach führen muss. Die Bürgervertreter sollten Finanzziele definieren sowie einen Höchstbetrag für den Schuldenstand und Konsolidierungsmaßnahmen festlegen. Ansonsten drohe eine Gelbe Karte der Finanzaufsichtsbehörde.
Ein hoher Posten sind die Personalkosten der Stadt. Mit 27,11 und 27,27 Prozent in 2022 und 2023 liegt die Personalintensität zwar ein wenig höher als im Plan für das laufenden Jahr (26,29), aber unter dem Wert von 29,14 aus dem Jahr 2020.
Oberbürgermeisterin verteidigt neue Stellen
„Insgesamt werden 22,9 neue Planstellen gegenüber dem Haushaltsjahr 2021 zusätzlich ausgewiesen“, erklärt Oberbürgermeisterin Margret Mergen in ihrer Haushaltsrede die Planung für 2022.
Im Doppelhaushalt sind es insgesamt 30,1 Stellen. Die neuen Posten beschränken sich nach Angaben der OB „auf das unbedingt notwendige Maß und sind aufgrund von Zwängen oder gesetzlicher Vorgaben notwendig“.
Mergen setzt auf Digitalisierung
Ihren Fokus im Doppelhaushalt legt die Rathaus-Chefin auf fünf Schwerpunkte. Dazu zählt die Digitalisierung („Baden-Baden goes digital“) sowie Bemühungen der Verwaltung, sich als attraktive Arbeitgeberin zu präsentieren.
Weitere Punkte sind das Kulturleben und das Thema Welterbe-Stadt, soziale Belange sowie die operative und strategische Entwicklung Baden-Badens.
Mit Blick auf die anstehenden Haushaltsberatungen rät die Oberbürgermeisterin die Bürgervertreter zur Mäßigung. „Vieles ist wünschenswert, aber nicht alles notwendig.“ Dabei sollten die Kommunalpolitiker im Blick behalten, „dass wir nicht unverhältnismäßig hohe Schulden auf die nächste Generation übertragen“.
Immer neue Schulden sollen keine Dauerlösung sein
Ihr sei bewusst, sagt Mergen, „dass wir mit der Schuldenaufnahme an die äußerste Grenze gehen“. Dies könne keine Dauerlösung sein.
Fazit der Oberbürgermeisterin am Ende ihrer Rede: „Infolge der Pandemie sind wir sicherlich auf rauer See unterwegs, aber wir haben das Ruder selbst in den Hand.“