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Sport mit Ukrainern

Spiel- und Sporttag in Baden-Baden verbindet Flüchtlinge und Einheimische

Fehlende Sprachkenntnisse machen Flüchtlingen den Alltag oft schwer – und verhindern Kontakte zu den Deutschen. Beim Sport ist die Sprache aber oft nebensächlich. Ein Beispiel aus Baden-Baden zeigt, wie Integration auch funktionieren kann.

Menschen beim Sport in einer Turnhalle
Gemauert wird nur im Spiel: Beim Sport sollen Sprachhürden abgebaut und Kontakte zu Einheimischen hergestellt werden. Foto: Christiane Krause-Dimmock

Die Sprache mag noch etwas holprig sein. Doch wenn ein Ball durch die Lüfte fliegt, wenn um Punkte gekämpft wird, verlieren Worte oftmals an Bedeutung.

Ganz deutlich zeigt sich das einmal mehr, wenn Garry Hertweck zusammen mit einem eigens gebildeten Team zu einem besonderen Sportevent in die Halle der Robert-Schuman-Schule lädt.

„Spiel- und Sporttag“ lautet das Motto, unter dem geflüchtete Jugendliche ab dem 15. Lebensjahr immer mittwochs von 15.30 bis 17 Uhr zum Austoben eingeladen werden. Darauf weist ein Plakat hin, das in zwei Sprachen verfasst wurde und an neuralgischen Stellen ausgehängt wurde.

Mehr als 1.600 Ukrainer leben derzeit in Baden-Baden

Was ursprünglich als Angebot für die jungen Ukrainer gedacht war, wurde angesichts der Gesamtlage neu überdacht und auf alle Flüchtlinge ausgeweitet, erläutert Hertweck, dass die Idee mit den Anforderungen wachsen werde.

Gegenwärtig leben laut Angaben der Stadtverwaltung knapp über 1.600 geflohene Ukrainer in Baden-Baden. Das sei eine stattliche Zahl. Doch kommen nach wie vor Asylsuchende aus vielen anderen Nationen nach Deutschland und anteilig auch nach Baden-Baden. In den Jahren 2015/2016 waren es rund 1.000 Flüchtlinge internationaler Herkunft, mehrheitlich aus afrikanischen Ländern.

Auch für diesen Personenkreis soll das Angebot gelten. „Gemeinsam schaffen wir das“, macht deshalb ein kleines Statement auf dem Aushang darauf aufmerksam, dass hier Brücken gebaut werden sollen.

Schüler wollen sich bei Spiel- und Sporttag in Baden-Baden einbringen

Als Garry Hertweck bei den Schülern anklopfte, wurde die Idee sofort positiv auf genommen. „Ich hatte sofort zwölf Mitstreiter, die sich einbringen wollten.“ Auch von der Schulleitung bekam der Studienrat grünes Licht. Mit Spaß und Bewegung Verbindungen herzustellen, war der Ansatz.

Um es interessierten Teilnehmern möglichst leicht zu machen, sprach der Lehrer explizit Schüler an, die mit Fremd- und vor allem ausländischen Muttersprachen punkten können. Sie teilen sich nun die Einsätze. Carolina spricht etwa russisch und auch ukrainisch, ist Garry Hertweck stolz auf sein Team.

Doch zuweilen, so hat er festgestellt, komme man durchaus auch mit Englisch voran. Jason, dessen Bruder Charbel und der Cousin Roger stammen zum Beispiel aus dem Libanon. Vor einem halben Jahr kamen sie in Deutschland und bald darauf in Baden-Baden an. Englisch, Französisch, das ist für die drei kein Problem.

Das haben sie bereits während des Studiums gelernt. Doch nun steht Deutsch auf dem Lehrplan. Die Vorbildung des Trios ist vielversprechend. „Sport ist eine gute Gelegenheit um mit den Einheimischen zusammenzukommen“, wünscht sich Jason, der in den nächsten Tagen einen Sprachkurs beginnen darf.

Die Begeisterung ist auf allen Seiten groß

„In der vergangenen Woche war auch eine junge Ukrainerin hier“, berichtet Carolina vom gemeinsamen Badminton-Spiel. „Wir folgen keinem Lehrplan, sondern wir machen das, was uns Spaß macht“, ergänzt Hertweck. Die Gäste entscheiden gemeinsam und zu Beginn der Treffen, wonach ihnen der Sinn steht und dann geht es los. „Wir haben ja nicht nur Sportgeräte zur Verfügung sondern auch viel Platz.“ Neben der großen Halle steht ebenso der benachbarte Sportplatz zur Verfügung.

Es gibt megaviele Möglichkeiten. Man muss es einfach anpacken.
Garry Hertweck, Initiator des Projekts

Auf die Frage, wie er auf die Idee dieses Integrationsangebots gekommen ist, das er zeitlich neben dem normalen Dienst abdeckt, fällt die Antwort des sportlichen Studienrats sehr kurz aus. „Es gibt megaviele Möglichkeiten. Man muss es einfach anpacken“, erklärt er, während er die große Halle aufschließt.

In der Zwischenzeit trudeln weitere Teilnehmer ein. Die jungen Libanesen sind wieder am Start, ebenso Schülerinnen aus der Jahrgangsstufe, dem Wirtschaftsgymnasium und der Fachschule Wirtschaft. Schnell werden die ersten Vorschläge gemacht. Carolina hat sich die Hand verletzt und würde – anders als beim letzten Mal angeregt – lieber nicht Basketball spielen. Aber Ball schon, darüber besteht Einigkeit. „Hauptsache ein bisschen Sport und das mit anderen zusammen“, freut sich Charbel, als es endlich losgeht.

Klar sei noch Luft nach oben, sprich es könnten noch eine ganze Menge mehr Leute mitmachen, wünscht sich Garry Hertweck, dass sich das bald ändern könnte. Mit tatkräftiger Unterstützung der Stadt wird die Werbetrommel gerührt. „Wir haben in den größeren Unterkünften und in den Schulen Aushänge gemacht“, setzt er außerdem auf die traditionelle Mund-zu-Mund-Propaganda, damit die Sporttreffen im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Dauerläufer werden.

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