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Gehen, Laufen, Rennen und Hüpfen

Spielerisch lernen: Ukrainische Schüler besuchen Klosterschule Lichtental

Paulina, Mitro, Dascha oder Maxim sind aus der Ukraine geflohen. In Baden-Baden besuchen sie nun eine Vorbereitungsklasse. Dort lernen sie Deutsch.

Lehrerin Helene Höllig (rechts im Bild) verbindet in der Aula der Klosterschule Lichtental Elemente aus dem Sport- und Deutschunterricht.
Lehrerin Helene Höllig (rechts im Bild) verbindet in der Aula der Klosterschule Lichtental Elemente aus dem Sport- und Deutschunterricht. Foto: Nico Fricke

Sie heißen Paulina, Mitro, Dascha oder Maxim und sind zwischen sechs und elf Jahre alt. Sie alle verbindet ein Schicksal: Die ukrainischen Kinder sind vor dem Krieg in ihrer Heimat nach Deutschland geflohen. In Baden-Baden haben sie eine Zuflucht gefunden – und an der Klosterschule Lichtental einen Ort, um ihre Grundschulzeit fortführen zu können.

Dort gibt es seit Ende Mai eine eigene Vorbereitungsklasse (VKL). „20 Kinder besuchen diese derzeit“, sagt Rektorin Alexandra Scheffner. Und es werden noch mehr: „Einer ist schon angemeldet, zwei weitere Anfragen liegen vor.“

Am 23. Mai ist die VKL an der Klosterschule gestartet. Zuvor waren die ukrainischen Kinder auf die regulären Klassen verteilt. „Doch das war nicht optimal für die Kinder, die überhaupt kein Deutsch können und von denen jedes eine eigene Geschichte mitbringt“, so Scheffner. So sei sie sehr froh gewesen, dass das Schulamt eine Stelle für die Vorbereitungsklasse bewilligt habe, in der die Schüler individueller betreut werden könnten.

Wir dürfen niemanden hinten runter fallen lassen.
Alexandra Scheffner, Rektorin

Es gehe dabei nicht um Absonderung, betont sie, sondern um die Frage, ob die Kinder Tag für Tag „nur mitlaufen, oder gefördert werden sollen“. Zumal nach der Corona-Pandemie auch bei anderen Schülern Nachholbedarf bestehe. „Wir dürfen niemanden hintenrunter fallen lassen.“

In der beeindruckenden Aula unterm Dach sind die ukrainischen Kinder derweil lautstark bei der Sache. Lehrerin Helene Höllig verbindet dort Elemente aus dem Deutsch- und Sportunterricht. Die Unterschiede zwischen Gehen, Laufen, Rennen und Hüpfen demonstrieren die Grundschüler auf ihrer Strecke von der einen zur anderen Seite – und lernen dabei gleich ein paar neue deutsche Wörter kennen.

Neue Sprache spielerisch lernen

„Der Unterricht findet ausschließlich auf Deutsch statt“, erklärt Scheffner. „Das geht Baustein für Baustein.“ Natürlich sei es eine Herausforderung für beide Seiten. „Zumal die ukrainischen Kinder auch noch ein neues Alphabet lernen müssen.“

Denen macht das Toben in der Aula sichtlich Spaß, auch wenn Pädagogin Höllig immer wieder die Stimme heben muss, um die nächste Übung anzukündigen. „Das ist manchmal anstrengend, macht aber großen Spaß“, sagt sie. Kleine Bildtafeln helfen ihr, die gewünschte Fortbewegungsart zu vermitteln. Und Rektorin Scheffner verrät mit einem Schmunzeln, dass manches Mal der halbe Hausstand mit zur Schule gebracht werde, um den Grundschülern neue Vokabeln anschaulich zu erklären.

Sprache bedeutet Integration.
Alexandra Scheffner, Rektorin

Aber nicht nur Deutsch stehe auf dem Lehrplan. Auch Mathematik und Heimat- und Sachkundeunterricht werden angeboten. Die Zahlen von eins bis 20 sind an der Tafel des kleinen Klassenraums abzulesen. „Sprache bedeutet Integration“, weiß Scheffner. Aber auch die Kultur eines neuen Landes gelte es schließlich kennenzulernen.

Anna und Fiona, zwei der ukrainischen Grundschülerinnen, gefällt der Unterricht und auch Deutschland, aber gerne würden sie wieder in ihre Heimat zurück, sagen sie. Diese Möglichkeit wünscht auch Scheffner den geflohenen Familien – größtenteils Frauen mit ihren Kindern, weil die Väter in der Ukraine bleiben müssen. „Aber wir wissen nicht, was kommt. Ein Blick in die Zukunft ist reine Spekulation.“ Deshalb werde die Schule ihre Anstrengungen für die ukrainischen Kinder auch fortsetzen.

Derzeit seien diese „Gastschüler“, eine Schulpflicht bestehe für sie nicht. Aber es sei auch nicht sinnvoll, „wenn sie den ganzen Tag zuhause sind“, so Scheffner. Sie bräuchten doch Aufgaben und eine feste Struktur.

Mitte März habe sie die ersten Kinder aus der Ukraine an der Schule aufgenommen, erinnert sie sich noch gut an den Moment, als die erste Mutter bei ihr im Büro stand. Die meisten Geflohenen seien hier bei Verwandten oder Freunden untergekommen. Eine große Welle der Hilfsbereitschaft habe sie verspürt. Niemand habe alleine den Weg zur Schul-Anmeldung antreten müssen. Jeder habe einen Helfer zum Übersetzen dabei gehabt.

Anfeindungen zwischen Ukrainischen und Russischen Kindern werden unterbunden

Zur Not helfe aber das Google-Übersetzungsprogramm und „ein großer Segen ist Alisa“. Die junge Frau verbringt ihr Freiwilliges Soziales Jahr an der Klosterschule und spricht perfekt Russisch. Sie vermittelt den Kindern wichtige Informationen – zum Beispiel die für einen Elternbrief oder den Sporttag. Und bei solchen Aktivitäten kommen dann auch wieder alle Schülerinnen und Schüler zusammen. „Denn es sind auch schon kleine Freundschaften entstanden“, weiß Scheffner. Anfeindungen zwischen russischen und ukrainischen Kindern würden sofort unterbunden. „Aber das kommt wohl eher bei den Älteren vor“, vermutet sie.

Nun stehen aber ohnehin erstmal die Pfingstferien auf dem Programm. Und danach die Frage, ob noch weitere Kinder in der VKL angemeldet werden. „Dann müssten wir uns räumlich vergrößern“, blickt Scheffner voraus.

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