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Christoph Pfleiderer restauriert Bücher

Trotz Lockdown: Zahl der Ankäufe hat beim Antiquar in Baden-Baden zugenommen

Im Lockdown geht dem Antiquar die Arbeit nicht aus. Christopher Pfleiderer hat derzeit mehr Ankäufe als sonst. Umsatz bringt zudem der Online-Handel. Das Antiquariat in Baden-Baden liefert weltweit.

Christopher Pfleiderer blättert im Antiquariat im Baldreit in einem Exemplar. In den Regalen im Laden stehen rund 15.000 Bände.
Liebt schön gestaltete Bücher: Christopher Pfleiderer blättert im Antiquariat im Baldreit in einem Exemplar. In den Regalen im Laden stehen rund 15.000 Bände. Foto: Bernd Kamleitner

Die Tür zum Laden mit rund 15.000 alten Büchern und sonstigen Schätzen bleibt verschlossen. Wer glaubt, im Antiquariat dominiere zu Zeiten des Lockdowns Stillstand, der täuscht sich.

„Wir haben mehr Ankäufe als sonst“, berichtet Christopher Pfleiderer vom Antiquariat im Baldreit in der Fußgängerzone in Baden-Baden. Anrufer suchen den Rat des Experten etwa beim Auflösen einer Bibliothek oder bei der Frage, ob es für Bücher aus dem Nachlass von Opa oder Oma noch eine Verwendung gibt.

„Dem Antiquar ist nichts zu rar“ - diesem Motto fühlt sich Pfleiderer verpflichtet. Wenn es sein muss, forscht er akribisch nach vergriffenen Büchern, egal, ob ein Band vor drei oder 300 Jahren erschienen ist.

 In einer Kiste im Antiquariat im Baldreit liegen Bücher mit Bezug zu Baden-Baden.
Ist ein Sammlerstück dabei? In einer Kiste im Antiquariat im Baldreit liegen Bücher mit Bezug zu Baden-Baden. Foto: Bernd Kamleitner

Sich um Bücher kümmern, das ist für ihn berufsethische Verpflichtung. Auch für Bibliotheken findet er bisweilen Raritäten. Die kaufen schließlich nicht nur neue Bücher für ihre Leser. Manche suchen gezielt nach Veröffentlichungen aus einer bestimmten Epoche oder zu einem Spezialthema.

Wenn der Buchexperte Angebote für Ankäufe vor Ort unter die Lupe nimmt, hat in diesen Zeiten natürlich Hygiene oberste Priorität, die Mund-Nasen-Maske ist obligatorisch. Von manchen Hausbesuchen kehrt Pfleiderer mit über 100 Bananenkisten zurück - voll mit Büchern und zum Teil auch mit weiteren Sammlerstücken.

Neues Lager bietet ausreichend Abstellfläche

Dann denkt der Antiquar an eine weise Entscheidung, die er schon vor dem ersten Lockdown im März 2020 getroffen hat: die Inbetriebnahme eines neuen und großzügigen Lagers im vergangenen Frühjahr. „Diesen Gedanken hat mir der liebe Gott geschickt!“

In den Räumlichkeiten sichtet und lagert Pfleiderer zudem Buchspenden für die Stadtbibliothek, die dann bei den beliebten Flohmärkten der Bücherei angeboten werden. Wegen der Pandemie mussten die beliebten Veranstaltungen zuletzt aber ausfallen

Internetgeschäft bringt Umsatz

Dass derzeit im Laden kein Buchfreund Zutritt hat, das bleibt nicht ohne Auswirkungen. „Das Kundengeschäft fehlt uns schon.“ Der Umsatz auch. Zum Glück ist das Antiquariat im Netz gut aufgestellt. Der Internethandel geht weiter, Anfragen müssen bearbeitet werden. „Wir schauen, dass wir das zügig abwickeln“, sagt Pfleiderer.

Und: „Man kommt über die Runden.“ Im Laden, der früher einmal ein Edeka-Geschäft war, werden zudem kleinere Ankäufe gesichtet und aktuell in den Bestand verarbeitet. Im Lockdown haben die Räume außerdem einen neuen Anstrich bekommen, und die Beleuchtung wurde auf LED umgestellt. Das spart Strom.

Er liebt schön gestaltete Bücher

Für welche Bücher hat der Antiquar einen besonderen Blick? Pfleiderer ist sehr kunstinteressiert. Bände mit Originalgrafiken oder Signatur schaut er ganz genau an. Überhaupt liebt er schön gestaltete Bücher. Das ist sein Schwerpunkt. Werke über Fotografie liegen im Trend, sagt er.

Absolut uninteressant sind dagegen einstige Bestseller aus der Feder etwa von Heinz G. Konsalik, Johannes Mario Simmel oder Readers-Digest-Sammelbände. Die gab es zum Teil in Millionenauflage, die Nachfrage ist verschwindend gering. Solche Bücher, sagt er, sind aus der Zeit gefallen. „Dann muss ich die nicht nehmen.“

Aussortiertes müssen nicht im Altpapier landen

Manchmal kommt er ums Wegwerfen nicht herum. Aber das ist die Ausnahme, etwa wenn ein Exemplar so schlecht erhalten ist, dass es nicht mehr lesbar ist oder das Erscheinungsbild als unappetitlich bezeichnet werden muss.

Für Bücher, die bei ihm als Spende landen, für das Antiquariat keine Bedeutung haben und auch nicht für den Flohmarkt taugen, hat er dagegen eine Alternative zum Altpapiercontainer gefunden. Pfleiderer deponiert sie am Straßenrand. „Von zehn Kisten bleiben abends meistens nur eineinhalb übrig.“

Seine Erfahrung: „Es gibt nichts so Magisches wie kostenlose Bücher.“ Manche Zeitgenossen gingen schwer bepackt von dannen. Abnehmer kommen aus allen Altersgruppen. Auch Leute mit Handicap greifen zu. „Ich habe schon Leute mit Krücken beobachtet“, sagt Pfleiderer. Obwohl er sich als „Buch-Verkäufer und nicht als Buch-Verschenker“ sieht, überkommt ihn in solchen Situationen ein gutes Gefühl: „Es ist schön, wenn sich jemand an den Büchern freut!“

In der Freizeit wird gelesen

Der Mann, der sich von Berufs wegen intensiv mit Büchern verfasst und sich beim Bearbeiten der Exemplare regelrecht in Themen vertieft („man lernt dabei fürs Leben“), liest in seiner Freizeit meistens Sachbücher oder Biografien, aber wenig Unterhaltung.

Neben dem Buch schätzt er übrigens noch ein Medium aus Papier: „Ich lese total gerne Zeitung!“

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