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Runder Tisch soll helfen

Unfreiwillige Prostitution im Kreis Rastatt: Die selbstbestimmte Prostituierte ist die Ausnahme

Seit dem Jahr 2017 gilt in Deutschland das Prostituiertenschutzgesetz. Es soll die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Prostituierten verbessern. Der Erfolg im Landkreis Rastatt und im Stadtkreis Baden-Baden ist jedoch durchwachsen. "Vor- und Nachteile halten sich die Waage", lautet das Fazit der zuständigen Ärztin des Gesundheitsamts. Der Kreistag hat eine andere Idee.

Arbeiten im Rotlichtmilieu: Etwa 200 Menschen im Landkreis Rastatt und im Stadtkreis Baden-Baden verdienen ihr Geld mit Prostitution.
Arbeiten im Rotlichtmilieu: Etwa 200 Menschen im Landkreis Rastatt und im Stadtkreis Baden-Baden verdienen ihr Geld mit Prostitution. Foto: Andreas Arnold/dpa

Seit dem Jahr 2017 gilt in Deutschland das Prostituiertenschutzgesetz. Es soll die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Prostituierten verbessern. Der Erfolg des Gesetzes im Landkreis Rastatt und im Stadtkreis Baden-Baden ist jedoch durchwachsen. "Vor- und Nachteile halten sich die Waage", lautet das Fazit der zuständigen Ärztin des Gesundheitsamts. Der Kreistag will nun eine bessere Lösung gefunden haben.

Im Landkreis Rastatt und im Stadtkreis Baden-Baden befasst sich künftig ein Runder Tisch mit dem Schutz von Prostituierten. Das beschloss der Sozialausschuss des Kreistags in seiner jüngsten Sitzung. Nach Schätzung des Gesundheitsamts verdienen in oben genannter Region etwa 200 Menschen ihren Lebensunterhalt im Bereich der Prostitution. Es sind überwiegend Frauen.

Manche Frauen werden auch von ihren Familien geopfert.
Eva-Christiane Pantke-Ehlers, Ärztin des Gesundheitsamts

Die weitaus meisten unfreiwillig, wie Eva-Christiane Pantke-Ehlers in ihrem Bericht erläuterte. „Sie handeln aus finanzieller Not und haben wenig Alternativen. Manche werden auch von ihren Familien geopfert“, sagte die Ärztin des Gesundheitsamts. Eine „selbstbestimmte Prostituierte, die in die eigene Tasche arbeitet und im Beruf eine Erfüllung sieht“, sei die Ausnahme.

Kampf gegen Gewalt, Ausbeutung und Zuhälterei

Für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen soll seit dem Jahr 2017 das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) sorgen. Ziel ist unter anderem, die Rechte der Prostituierten zu stärken und Gewalt, Ausbeutung und Zuhälterei zu bekämpfen. Zuständig ist das Landratsamt Rastatt. Konkret geht es um Beratungsgespräche beim Gesundheitsamt und beim Ordnungsamt sowie um eine Anmeldung der Tätigkeit.

Den Erfolg des Gesetzes bewertete die Ärztin Eva-Christiane Pantke-Ehlers als mittelmäßig. „Es hat positive Seiten, aber das Gesetz ändert nichts an der Lage der Betroffenen“, sagte sie. Positiv beurteilte sie etwa das Schaffen einer Anlaufstelle und die Kondompflicht. Als negativ bezeichnet die Ärztin dagegen eine gestiegene Verunsicherung und teilweise praxisferne Regelungen.

Die Realität ist geprägt von Abhängigkeit und Gewalt.
Arne Pfirrmann, Kreisrat

Brigitte Schäuble von der CDU sagte im Anschluss an den Vortrag, sie sei „erschüttert“. „Es zeigt, die glückliche Hure scheint es nicht zu geben.“ Zugleich fragte sie nach der Anzahl an Bordellen im Landkreis. Für Rastatt gab Pantke-Ehlers zehn an, für Baden-Baden 15. Als „schonungslos aber nicht überraschend“ bezeichnete Arne Pfirrmann (Freie Wähler) den Bericht. „Die Realität ist geprägt von Abhängigkeit, Menschenhandel und Gewalt." Er sagte, um dem gegenzuwirken, wünsche er sich das sogenannte Nordische Modell.

Nordisches Modell als Lösung?

Was dahintersteckt, erläuterte Ärztin Eva-Christiane Pantke-Ehlers: Verbot der Prostituion, Hilfe beim Ausstieg, Bestrafung der Freier und eine geänderte Haltung in der Bevölkerung. „Ich sehe keine andere Lösung“, sagte sie. Dieter Balle (Die Linke) plädierte für mehr Kontrolle. „Ist es unseren Behörden nicht möglich, mehr zu machen?“, fragte er nach. Laut Pantke-Ehlers ist dies keine Lösung, es gehe „um die Dinge dahinter“.

Aus mehreren Fraktionen kam der Ruf nach einem Runden Tisch. Beate Benning-Gross (Bd90/Die Grünen) etwa sagte, sie befürworte diesen, ebenso wie Michael Weber von der FDP. Landrat Toni Huber nahm die Einrichtung eines Runden Tischs in die Beschlussvorlage auf. Der Sozialausschuss des Kreistags entschied sich einstimmig dafür.

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