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Dauer der Konzertpause offen

Unklarheit um Netrebko-Konzert in Baden-Baden hält an

Wie lange wird Anna Netrebko nicht auf die Bühne gehen? Die Operndiva hatte am 1. März mitgeteilt, sich zunächst aus dem Konzertleben zurückzuziehen. Über die Dauer der Konzertpause aber herrscht Unklarheit.

(FILES) In this file photo taken on February 21, 2020 Russian opera soprano singer Anna Netrebko performs during the 27th annual Victoires de la musique classique (Classical music award) ceremony at the l’Arsenal de Metz, in Metz. northeastern France. Netrebko said on March 1, 2022, she is taking a step back from performing, as controversy rages over her pro-Kremlin stance despite her condemnation of the war in Ukraine.
 (Photo by Christoph DE BARRY / AFP)
„Bis auf Weiteres“ aus dem Konzertleben zurückgezogen hat sich die russische Starsopranistin Anna Netrebko. Was genau dies bedeutet und welche Termine davon betroffen sind, ist bislang unklar. Foto: CHRISTOPH DE BARRY AFP

Wird Anna Netrebko am 13. April im Festspielhaus Baden-Baden singen oder nicht? Die Frage schien eigentlich beantwortet, seit am Dienstagmittag, 1. März, die Nachricht aufkam, die russische Starsopranistin habe „alle Konzerte für die kommenden Monate“ abgesagt.

So berichtete es die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf eine Mitteilung Netrebkos über den Konzertveranstalter River Concerts.

Sie habe erklärt: „Es ist nicht die richtige Zeit für mich, aufzutreten und zu musizieren. Ich hoffe, dass mein Publikum diese Entscheidung verstehen wird.“ Sie habe „nach reiflicher Überlegung die äußerst schwierige Entscheidung getroffen, mich bis auf Weiteres aus dem Konzertleben zurückzuziehen“, so Netrebko laut dieser Mitteilung.

Bis „auf Weiteres“ oder bis Ende März?

Am späten Donnerstagnachmittag hat die dpa nun präzisiert, dass „bis auf Weiteres“ doch nicht unbedingt „für die kommenden Monate“ bedeutet. Tatsächlich ist die Sachlage nämlich noch unklar.

Akut betroffen von der Absage war zunächst ein Konzert von Netrebko und ihrem Ehemann, dem aserbaidschanischen Tenor Yusif Eyvazov, das für den 2. März in der Elbphilharmonie Hamburg angesetzt war und auf den 7. September verschoben wurde. Auch das Opernhaus Zürich teilte mit, dass Netrebkos Rolle für zwei Opernaufführungen Ende März umbesetzt werde und verwies hierbei ebenfalls auf Netrebkos Erklärung.

Ob das Konzert am 13. April im Festspielhaus Baden-Baden von dieser Erklärung auch betroffen ist, war auch rund 48 Stunden nach der ersten Veröffentlichung von Netrebkos zeitweiligem Rückzug unklar. Wie ein Sprecher des Opernhauses auf Anfrage dieser Redaktion bestätigte, liegt in Baden-Baden bislang nur die Information vor, dass vorerst alle Konzerte bis Ende März abgesagt seien. Diese Information habe man schriftlich von der zuständigen Konzertagentur. Man bemühe sich um ein klärendes Gespräch mit der Sängerin, die im Rahmen der Opernfestspiele gemeinsam mit den von Kirill Petrenko geleiteten Berliner Philharmonikern auftreten sollte.

Festspielhaus sucht Gespräch mit der Sängerin

Die Notwendigkeit eines Gesprächs hatte das Festspielhaus bereits kurz vor Netrebkos Absagen-Meldung gesehen. Man suche den Austausch und wolle ihr die Gelegenheit geben, Fragen zu beantworten. Intendant Benedikt Stampa erklärte hierzu: „Wir wissen um die Gefahr, in der sich viele Personen des öffentlichen russischen Lebens gerade befinden, und behalten uns alle Optionen vor.“

Netrebko hatte in einem Instagram-Statement zum Krieg in der Ukraine erklärt: „Ich möchte, dass dieser Krieg aufhört und die Menschen in Frieden leben können. Das erhoffe ich mir und dafür bete ich.“ Zugleich hatte sie sich dagegen gewandt, „Künstler oder irgendeine öffentliche Person zu zwingen, ihre politischen Ansichten öffentlich zu machen und ihr Vaterland zu beschimpfen“.

Anna Netrebko wird so bald nicht mehr auf europäischen Opernbühnen zu sehen sein.
Anna Netrebko wird so bald nicht mehr auf europäischen Opernbühnen zu sehen sein. Foto: Barbara Gindl/APA/dpa/Archivbild

Diese Formulierung wurde gedeutet als Kommentar zur Situation des Stardirigenten Valery Gergiev, der Netrebko einst am von ihm geleiteten Mariinsky-Theater St. Petersburg entdeckt hatte. Etliche Auftraggeber hatten von Gergiev eine klare Distanzierung vom russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Angriffskrieg gefordert. Da sich Gergiev nicht äußerte, verlor er seinen Posten als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker und zahlreiche Engagements. Auch das Festspielhaus Baden-Baden, an dem Gergiev seit dessen Gründung 1998 vielfach dirigiert hat, beendete am Dienstag die Zusammenarbeit „bis auf Weiteres“.

Kritiker erwarten von Netrebko klare Distanzierung

Auch von Netrebko wird mancherorts noch eine klare Distanzierung von Putin erwartet. Die Opernsängerin erklärte zwar in ihrem Instagram-Post, sie sei „keine politische Person“. Doch Kritiker verweisen auf eine Nähe Netrebkos zu Putin. 2014 posierte sie für ein Foto mit einem prorussischen Separatisten in der Ukraine. 2021 feierte sie ihren 50. Geburtstag mit einer großen Gala im Kremlpalast, bei der auch Glückwünsche von Putin verlesen wurden.

Da sie zu ihrer Haltung zu Putin bislang nichts mitgeteilt hat, steht nun ein Konzert in Stuttgart auf der Kippe. Solange sie sich nicht „glaubwürdig“ äußere, werde sie im September nicht im Ehrenhof des Neuen Schlosses singen, hatte Landesfinanzminister Danyal Bayaz (Grüne) den „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Stuttgarter Zeitung“ gesagt. „Wer sich nicht vollständig von einem brutalen Kriegstreiber lossagt, hat bei uns in Stuttgart keinen Platz“, sagte er weiter. „Halbherzige Distanzierungen“ seien nicht ausreichend. Eigentlich sollte Netrebkos Open-Air-Konzert vor 4.000 Gästen im vergangenen Jahr stattfinden, war damals aber wegen Corona ausgefallen.

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