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Drei Jahre Haft für Ex-Pfadfinderleiter

Urteil gefallen im Baden-Badener Pfadfinderprozess

Nach vielen überraschenden Wendungen ist am Dienstag vor dem Landgericht in Baden-Baden der so genannte Pfadfinder-Prozess zu Ende gegangen. Für den angeklagten Ex-Leiter gab es eine dreijährige Freiheitsstrafe wegen Anstiftung zur Vergewaltigung.

Die Große Kammer am Landgericht Baden-Baden unter Vorsitz von Richter Wolfgang Fischer beschäftigt sich mit der mühsamen Wahrheitsfindung.
Die Große Kammer am Landgericht Baden-Baden unter Vorsitz von Richter Wolfgang Fischer beschäftigt sich mit der mühsamen Wahrheitsfindung (Foto von einem Prozesstag Mitte Oktober). Foto: Sibylle Kranich

Der Prozess, der Ende September eröffnet worden war, hatte zu Beginn ein großes Medieninteresse hervorgerufen. Die Anklageschrift war außergewöhnlich genug gewesen. Darin wurde dem heute 64-Jährigen Dieter K. ein Verbrechen vorgeworfen, das vor 30 Jahren stattgefunden haben soll.

Irgendwann zu Beginn der Achtziger-Jahre soll der Angeklagte demnach eine ihm anvertraute Gruppe von männlichen Jugendlichen zur Vergewaltigung eines kleinen Mädchens gezwungen haben. Die heute 44-Jährige Frau, die in dem Prozess als Nebenklägerin auftrat, soll damals zwischen sieben und elf Jahren alt gewesen sein. Nach der Tat soll Dieter K. alle beteiligten Kinder und Jugendlichen durch einen „Pfadfinderschwur“ genötigt haben, niemandem von dem Geschehen zu erzählen.

Aus einem kurzen Prozess wurden drei Monate

Der Prozess, der ursprünglich auf wenige Tage angesetzt gewesen war, zog sich letztlich über drei Monate hin. Die Wahrheitsfindung gestaltete sich äußerst schwierig. Über 25 Zeugen waren geladen. Darunter viele inzwischen erwachsene Männer, die von sexuellen Übergriffen des Angeklagten gegen sich berichteten.

Keiner jedoch konnte von der Tat berichten, für die sich Dieter K. jetzt vor Gericht verantworten musste. Lediglich ein Zeuge beschrieb, wie das Mädchen einmal verheult und verängstigt aus dem Keller des Pfadfinderheims in der Scheibenstraße kam.

Mit Hilfe von mehreren Beweisanträgen versuchte der Verteidiger des Angeklagten immer wieder die Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin in Frage zu stellen. Dies gelang offenbar nicht. Die Kammer folgte den Einschätzungen des Gutachters, der der Nebenklägerin ein intaktes Erinnerungsvermögen bescheinigte.

In seiner Urteilsbegründung machte der Vorsitzende Richter Wolfgang Fischer keinen Hehl aus seiner Überzeugung, dass es sich bei dem Angeklagten um einen pädophilen Täter handelt, der über Jahrzehnte seinen Perversionen nachgegangen sei und diese gegenüber seinen Schutzbefohlenen als völlige Normalität darstellte. „Das alles stets abgesichert durch das Pfadfinder-Ehrenwort.“

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