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Suchtprävention

Vereinszertifizierung soll verhindern, dass Baden-Badener Kinder auf die schiefe Bahn geraten

Die Zertifizierung der Stadtverwaltung als „Jugendfreundlicher Verein“ soll dem Missbrauch von Alkohol durch Kinder und Jugendliche entgegenwirken. Einen finanziellen Bonus gibt es seit neuestem noch obendrein als Anreiz zur Teilnahme.

Vertreterinnen und Vertreter der neu zertifizierten Vereine freuen sich über ihre Urkunden.
Verantwortungsbewusst: Vertreterinnen und Vertreter der neu zertifizierten Vereine freuen sich über ihre Urkunden. Foto: Nico Fricke

Vereine, die sich als „jugendfreundlich“ zertifizieren lassen, können neuerdings von einer zusätzlichen finanziellen Förderung durch die Stadt profitieren.

Eine „Win-win-Situation“ für beide Seiten sieht Ordnungsbürgermeister Roland Kaiser (Grüne), der für die Einhaltung des Jugendschutzes zuständig ist.

Unser Mitarbeiter Nico Fricke beantwortet die wichtigsten Fragen zum Zertifikat.

Was bedeutet „jugendfreundlicher Verein“?

Seit dem Jahr 2011 können sich Vereine zum „Jugendfreundlichen Verein“ zertifizieren lassen, erklärt der kommunale Suchtbeauftragte Tim Failing. Im Rahmen des Programms erhalten die Teilnehmer Informationen, warum Alkoholprävention wichtig ist, wie sie die Jugendschutzbestimmungen in der Jugendarbeit und bei der Durchführung von Festen und Veranstaltungen einhalten können und welche Rechte sie als Veranstalter haben. Am Zertifizierungsprozess wirken die Fachstelle Sucht Rastatt/Baden-Baden, der kommunale Suchtbeauftragte und die Polizei mit.

Was sind die Ziele?

„Ab einem gewissen Alter spielen Suchtmittel eine Rolle im Leben der Jugendlichen“, weiß Wolfgang Langer, ehemaliger Leiter der Fachstelle Sucht. Bei der Zertifizierung gehe es nicht darum, Alkohol komplett zu verbannen, sondern präventiv einen verantwortungsvollen Umgang zu vermitteln und das Vorbildverhalten von Erwachsenen zu schulen.

Das Zertifikat selbst ist laut Langer eine „Imagewerbung“ für die Vereine. Es helfe, die eigene Jugendarbeit zu reflektieren und könne nach außen signalisieren: „Hier sind die Kinder gut aufgehoben.“

Was müssen die Vereine leisten?

Zentraler Punkt ist eine Vereinsschulung und im Anschluss der Beschluss des Vereins, sich überhaupt zertifizieren zu lassen, so Failing. Zudem gibt es Coaching-Gespräche mit dem Team des Alkoholpräventionsprogramms „Hart am Limit“ (Halt).

Daneben müssen die Vereine ein Regelwerk zum Umgang mit Alkohol und Zigaretten, das für den Verein Gültigkeit hat und veröffentlicht wird, erstellen. Auch gilt es, mehrere Personen als Jugendschutzbeauftragte des Vereins zu benennen. Etwa drei bis sechs Monate werden für den Zertifizierungsprozess veranschlagt.

Wie viele Vereine sind bereits zertifiziert?

„Bislang waren es 37 in Baden-Baden und mehr als 100 im Landkreis Rastatt“, sagt Tim Failing. Am Montag sind weitere vier Vereine aus der Kurstadt hinzugekommen, deren Vertreterinnen und Vertreter bei einer kleinen Feierstunde im Rathaus die Urkunden in Empfang nehmen durften. Neu zertifiziert sind die Kolpingjugend Varnhalt, der Deutsch-Französische Carneval-Verein (DFCV), der Musikverein Neuweier und der Karate-Dojo Makoto Baden-Baden.

Ist der Aufwand groß?

„Nein“, sagt Isabelle Boy von der Kolpingjugend, die extra eine Arbeitsgruppe gegründet hatte. Sechs Abende à zwei Stunden seien wohl angefallen. Auch Christine Werner-Hess (MV Neuweier) betont, dass es „keine extreme Aufgabe“ gewesen sei. „Das kann jeder Verein gut leisten“, wirbt sie um Nachahmer.

Was war der Antrieb?

„Diese Zertifizierung schafft auch Vertrauen nach außen“, sagt Heiko Seifermann (Karate-Dojo Makoto) zum Beispiel mit Blick auf Eltern, die ihre Kinder in Vereinen in Obhut geben. „Vereine an sich geben ja schon Halt im Leben“, ist er überzeugt.

Wer im Verein engagiert sei, gerate seltener auf die schiefe Bahn. Und Christian Grimm (DFCV) will mit dem Vorurteil aufräumen, das Fastnachtsvereinen in Sachen Alkoholkonsum anhafte. „Wir betreiben ernsthafte Brauchtumspflege“, hält er dagegen. Der Jugendschutz werde dabei groß geschrieben.

Wie ist es mit dem finanziellen Anreiz?

Mit der kürzlich erfolgten Verabschiedung des städtischen Haushalts wurde auch die Vereinsförderung neu geregelt. Davon profitieren Vereine, die Jugendarbeit betreiben. Die Jugendförderung wurde deutlich erhöht auf sieben Euro pro jugendlichem Mitglied.

Weitere fünf Euro werden bezahlt, wenn das Zertifikat „Jugendfreundlicher Verein“ vorliegt, sagt Bürgermeister Kaiser, der die Funktion der Vereine nicht nur als Freizeitmöglichkeit, sondern auch als „Wertevermittler“ hervorhebt.

Wird das Zertifikat überprüft?

Ja. Das Zertifikat behält seine Gültigkeit nur, wenn die Vereine einen Jahresbericht vorlegen, erklärt Suchtbeauftragter Failing. Darin soll vor allem die Einhaltung des Jugendschutzes im Verein und bei Festen oder Veranstaltungen dokumentiert werden. Zudem sei die jährliche Teilnahme an einer Fortbildung nachzuweisen. Fehlen diese Voraussetzungen, fällt die Förderung weg, so Bürgermeister Kaiser.

Wo können sich Vereine informieren?

Die Fachstelle Sucht Rastatt/Baden-Baden steht für Fragen zur Verfügung. E-Mail: fs-rastatt@bw-lv.de, (0 72 22) 4 05 87 90.

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