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Beliebtes Ausflugsziel

Vierbeinige Mitarbeiter: In Weinberg in Baden-Baden-Varnhalt sind Zwergschafe im Einsatz

Bretonische Zwergschafe sind in Varnhalt im Einsatz, als natürlicher Rasenmäher sozusagen. Sie sind so klein, dass sie an den Weinstöcken keinen Schaden anrichten.

Schaf in den Reben
Gerade die richtige Größe: Zwergschafe sorgen bei den Grafs für die naturnahe Pflege der Weinberge. Im Bild Marcus Graf und sein Sohn Samuel mit einem der Zwergschafe. Bald kommt Verstärkung für die vierbeinigen Helfer. Foto: Christina Nickweiler

Schafwolle blitzt aus dem Nistkasten im Garten der Familie Graf auf dem Varnhalter Sonnenberg. Die Meisen, die hier wohnen, werden ihren Nachwuchs auf Schafwolle betten und die besondere Wärme genießen. Auch an der Holzbank in der Nähe der Reben hängt an der Rückenlehne ein Büschel Wolle.

Seit kurzem residieren auf dem Varnhalter Sonnenberg bretonische Zwergschafe. Sie erfüllen hier eine wichtige Aufgabe, indem sie zwischen den Rebenzeilen weiden. Zwei braune und zwei weiße Zwergschafe lenken die Aufmerksamkeit der Spaziergänger in den Reben auf sich. Besonders auffällig: Die Schafe sind durch ihr üppiges Wollkleid mehr breit als hoch.

Damit die Passanten wissen, wer hier weidet, haben die Grafs inzwischen Bilder am Zaun befestigt und stellen die Tiere vor. Die Zwergschafe sind seit Tagen der Renner im Dorf und für viele Rebländer inzwischen beliebtes Ausflugsziel.

Ein Bock und drei Mädels

Mit einem Anhänger haben Marcus Graf und seine Frau Andrea vor rund zwei Wochen die vier Wollknäuel aus Stuttgart bei einer Züchterin abgeholt. „Einen Bock und drei Mädels“, erzählt der Winzer, als gerade der Bock Cedric mit seinem noch kleinen Gehörn gegen die Holzbank stößt und ein klopfendes Geräusch verursacht.

Der Varnhalter ist schon viele Jahre konventionell arbeitender Winzer, aber ihm liegt daran, den Boden in den Reben so naturnah wie möglich zu belassen. Das heißt, er verzichtet darauf, den Boden zu mulchen. „Das Ziel ist, nicht mehr zu mähen und keine maschinelle Bodenbearbeitung. Im Boden haben nistende Wildbienen, aber auch Hummel ihren Lebensraum“, erläutert Marcus Graf den Zweck der Schafbeweidung.

Die perfekte Größe für den Weinberg

Da passen die bretonischen Zwergschafe perfekt. Denn die kleinsten Schafe Europas seien sehr robust und anspruchslos. „Die Zwergschafe stammen ursprünglich aus einem kargen Landstrich auf einer Insel entlang der französischen Nordatlantikküste und waren sogar vor dem Aussterben bedroht, bis sie vor wenigen Jahren für die Rebenbewirtschaftung entdeckt worden sind“, weiß der Winzer.

Die Schafe sind so klein, dass sie sich problemlos unter den Rebstöcken bewegen können. Laut Marcus Graf gibt es nur drei Sorten von Schafen, die sich für den Weinbau eignen. „Denn die Schafe dürfen nicht an der Rinde oder an der Rute knabbern“.

In wenigen Wochen, wenn die Sonnenstrahlen dafür sorgen, dass die Reben austreiben, müssen die Varnhalter Sonnenbergschafe vorübergehend abseits der Reben weiden, damit sie nicht die sprießenden Triebe abfressen. Dann rücken die Wolltiere näher zu den Hühnern, die sich bei den Grafs auf einem anderen Teil der Wiese tummeln.

Auch Sussex-Hühner sind dabei

Seit rund einem Jahr gackert es im Garten der Grafs, und aufs Eierfärben kann Andrea mit ihren beiden Jungs David und Samuel gänzlich verzichten. Denn die Sussex-Hühner legen grüne und braune Eier. Unter dem Geflügel gibt es auch ein eher extrovertiertes Huhn namens Emma.

Dieses büxt oft früh morgens aus, treibt sich tagsüber am Sonnenberg herum und findet abends wieder selbständig nach Hause, erzählt Andrea Graf. Etliche lustige Szenen gibt es zwischen Garten, Wiese und den Reben der Grafs. So stibitzt ein Huhn gerade das Futter aus einem Vogelhaus, das Marcus Graf für die heimischen Vögel aufgestellt hat. An anderer Stelle flitzt die Zwergschaf-Truppe Samuel Graf und seinem Kumpel Enno hinterher. Beide Jungs haben Leckerli für die blökende Rasselbande dabei.

An dem Frühlingstag kurz vor Ostern kommen sich die bretonischen Zwergschafe und die Sussex-Hühner näher. Hier und da jagt das Zwergschaf „Belena“ mit Vergnügen schon mal ein Huhn den Hang herunter. Aber ansonsten pflegen Federvieh und Wollpakete geflissentlich Abstand zueinander.

Die Schafe haben das Sagen

Zwei Katzen gehören auch zum Hausstand. Wo Katzen mit anderen Tieren beispielsweise mit einem Hund zusammenleben, sei immer die Katze der Chef, heißt es für gewöhnlich. Anders ist das aber hier bei den Nutztieren der Grafs. Hier haben die bretonischen Zwergschafe das Sagen. „Die Katzen werden konsequent aus den Reben gejagt“, berichtet Andrea Graf.

Wenn die Beeren an den Rebstöcken schrotkorngroß sind, geht es für die Zwergschafe wieder in die Reben. „Die kleinen Beeren sind so bitter, dass diese von den Tieren nicht gefressen werden“, sagt Marcus Graf. Später fressen die Zwergschafe dann die Blätter zwischen den Träubchen heraus. Dabei stellen sich die Schafe auf die Hinterläufe.

Das komme dem Entblättern gleich, das meistens im Juni ansteht, informiert der Winzer. Zuvor werden die Zwergschafe aber noch geschoren und bis zur Ernte verbleiben die Schafe wieder in den Reben.

Verstärkung nach Ostern erwartet

Danach bekommen die vier Varnhalter Wollknäuel Verstärkung. Denn schon nach Ostern sind zwei Mutterschafe mit je zwei Lämmern bei den Grafs angekündigt, die dann bis zum Herbst als zusätzliche „Mitarbeiter“ zum Weiden in den sieben Hektar Reben eingesetzt werden können.

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