
Entscheidungshilfe für die OB-Wahl am 13. März: Fünf Bewerber präsentierten sich am Freitagabend beim Diskussionsforum von Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) und Badischem Tagblatt (BT).
Dabei herrschte in vielen Bereichen durchaus so etwas wie Konsens. Doch wer während der gut 90 Minuten die Ohren spitzte, der konnte auch Differenzen heraushören, die am Ende den feinen Unterschied ausmachen.
Beispielsweise beim Thema Einzelhandel im Zentrum: Auf die Fragen der Moderatoren Sarah Reith und Michael Rudolphi nach einem Rezept, der darbenden Branche wieder auf die Beine zu helfen, setzt Oberbürgermeisterin Margret Mergen auf Appelle an Hausbesitzer, Mieten zu senken.
Kontrahent Bürgermeister Roland Kaiser spricht sich klar für eine städtische Anschubfinanzierung als Hilfe für neue Geschäfte aus. Der Muggensturmer Bürgermeister Dietmar Späth sieht die Stadt eher in der Pflicht, die „Teerfleckenallee“ im Zentrum auszubessern.
Finanzielle Situation der Stadt Baden-Baden
Wie steht die Stadt finanziell da? Auch da: unterschiedliche Sichtweisen. Während FDP-Mann Rolf Pilarski vor allem Einsparpotenziale im Rathaus aufspüren will und im Einklang mit Späth eine Schuldenbremse fordert, setzt Letzterer auch darauf, Investitionen zu priorisieren und neue Firmen für Baden-Baden zu gewinnen.
Nun, es müssten aber nicht unbedingt Firmen wie in Muggensturm sein, setzt Bettina Morlok einen Seitenhieb auf Späth. Dort gebe es schon sehr viele zubetonierte Flächen. Das Gewerbe müsse zur Kurstadt passen.
Morlok betrachtet vor allem die Stadtwerke kritisch. Das Minus dort sei nicht nachvollziehbar. Man müsse Energie preiswerter einkaufen, fordert sie, um die Werke wieder zum Geldbringer zu machen. Das wiederum bringt die amtierende OB auf: Sie vermutet, dass Morloks Plan vielmehr wäre, die Energiepreise für die Verbraucher zu erhöhen. Überhaupt: Die Stadt habe gar keinen Schuldenberg, sagt Mergen und listet auf, dass das städtische Guthaben höher sei als die Schulden der Stadt. Die Finanzlage sei sehr stabil.




Warum die Stadt aktuell keinen Haushalt hat
Dass die Stadt derzeit über keinen Haushalt verfüge, weil vor allem die Grünen dem Papier das Ja versagt hätten, sei dem Wahlkampf geschuldet, meint Mergen. Nach der Wahl werde man sich verständigen, ist sie sicher.
Der Grüne Roland Kaiser will dafür Einzelgespräche mit den Fraktionschefs führen und bringt eine Wochenendklausur im Rathaus ins Gespräch, die erst beendet wird, wenn die Einigung da ist. Überhaupt setzt er auf vertrauliche Gespräche mit den Fraktionen, mit dem Ziel, Entscheidungen im Konsens zu treffen. Beim Thema Verkehrsberuhigung auf der Fieserbrücke habe das nicht geklappt, kritisiert er.
Die Stimmung im Rathaus sei nicht schlecht – sagen Kaiser und Mergen unisono. Corona habe die Arbeit erschwert, meint die OB. Jetzt gehe es darum, wieder die Lebensfreude zu wecken. Auch Kaiser sieht Probleme eher bei der politischen Stimmung in der Stadt, nicht aber innerhalb der Verwaltung. Pilarski widerspricht.
Mitarbeiterzufriedenheit mit begrenzten Mitteln erreichen
Die Stimmung sei nicht gut, sagt er und verweist auf den kürzlich veröffentlichten Brandbrief des Personalrats wegen der hohen Arbeitsbelastung. Trotzdem dürften die Personalkosten nicht noch weiter steigen. Die Kunst sei es, Mitarbeiterzufriedenheit mit begrenzten Mitteln zu erreichen.
Mergen lächelt bei diesen Worten. Und Morlok bringt ihre Erfahrung als Geschäftsführerin ins Spiel. An der Spitze der Verwaltung müsse man entscheiden und diskutieren können. Sie sei eine gute Teamspielerin, sagt sie.
Späth erinnert an seine erste Amtszeit in Muggensturm in den 90er-Jahren. Vereine, Verwaltung und Gemeinderat seien völlig zerstritten gewesen. Das habe sich geändert. Als OB gehe es darum, Vertrauen zu geben und dadurch Vertrauen zu bekommen. Das müsse man als Mensch vorleben.
Große Einigkeit herrscht beim alles überschattenden Thema Ukrainekrieg. Die Menschen in Russland und in der Ukraine wollten den Frieden. 2.000 Russen und 800 Ukrainer gebe es in Baden-Baden, sagt Mergen. Sie sollten Seite an Seite für den Frieden demonstrieren.
Schon mehr als 120 Flüchtlinge seien mittlerweile in der Stadt, berichtet Sozialdezernent Kaiser. Alle seien sie derzeit noch privat untergebracht, doch städtische Unterkünfte stünden bereit. Alle Kandidaten danken den Bürgern für die Hilfs- und Spendenbereitschaft.
Forum-Video zum Nachschauen
Im Nachklapp zum Forum haben unsere Mitarbeiterinnen Nina Ernst und Sarah Gallenberger ausgewählte Zuschauer, die das Forum per Livestream verfolgt haben, zu ihren persönlichen Eindrücken von den Bewerbern befragt. Darüber wird in der Montagsausgabe und ab 14 Uhr im Internet berichtet.
Der nächste Prüfstein für die Bewerber ist die öffentliche Kandidatenvorstellung am Montag, 7. März, 19.30 Uhr im Bénazet-Saal des Kurhauses. Dort kommen auch Peter Hank, Peter Görtzel und Stefan Bäuerle zu Wort. Für das Wahlforum hatte sich die Redaktion im Interesse der Zuschauer auf eine Begrenzung der Teilnehmerzahl verständigt.
Da es unmöglich ist, innerhalb von eineinhalb Stunden acht Kandidaten zu allen wichtigen Themen umfassend zu befragen, wurde der Kreis auf jene fünf Bewerber beschränkt, die mit ausführlichen Wahlprogrammen und Vorschlägen zur Entwicklung der gesamten Stadt aus eigenem Antrieb an die Öffentlichkeit gegangen waren.
Unsere Redaktion hat in den vergangenen Tagen aber alle acht OB-Kandidaten ausführlich vorgestellt. Neben den gedruckten Porträts können die Leserinnen und Leser auf unserer Homepage weiterhin auch die Videos der Interview-Spaziergänge mit der Achter-Runde abrufen.
Diese acht Kandidatinnen und Kandidaten treten an:
- Margret Mergen, CDU, Amtsinhaberin
- Roland Kaiser, Grüne, Sozialbürgermeister
- Rolf Pilarski, FDP, Stadtrat
- Dietmar Späth, FW, Bürgermeister Muggensturm
- Bettina Morlok, FBB, Betriebswirtin
- Peter Hank, Die Basis, Rentner
- Stefan Bäuerle, Geschäftsführer
- Peter Görtzel, Industriekaufmann