Hitze und wochenlange Trockenheit wie aktuell: „Das werden die normalen Sommer sein.“ Davon geht Martin Köllner von der Landesforstverwaltung (LFV) Baden-Württemberg fest aus. „Die Klimaerwärmung liegt derzeit bei 1,5 Grad, die Politik will ein Maximum von zwei. Wir rechnen aber mit einem Plus von vier Grad“, sagt er. Mit Konsequenzen, die auch den Wald betreffen.
Fragen, wie der Forst auf den Klimawandel reagieren kann, standen am Mittwoch im Mittelpunkt der Waldbereisung des Baden-Badener Gemeinderats im Revier Scherrhof. Forstamtsleiter Thomas Hauck unterstreicht: „Der Klimawandel überschattet alle anderen Themen. Das wird uns auf Jahrzehnte beschäftigen.“
Oberbürgermeister Dietmar Späth (parteilos) taucht dabei erstmals in seiner Funktion als Rathauschef in „die Waldlandschaft Baden-Badens“ ab. „Bei idealem Wanderwetter, aber für die Natur hätte ich uns heute ein richtiges Regenwetter gewünscht“, sagt er. Doch wo dieses ausbleibt, heißt es, zu reagieren – und den Wald umzubauen, erläutert Hauck.
Verschiedene Bäume unterschiedlicher Altersstufen
Das Ziel lautet „Dauerwald“. Das bedeutet eine große Vielfalt an verschiedenen Bäumen unterschiedlicher Altersstufen, erklärt Robert Lang, stellvertretender Leiter des Fachgebiets Forst und Natur. Das zeigt er am Beispiel eines ausgewählten Waldstücks mit 70- bis 80-jährigem Bestand, das seit dem Jahresbeginn entsprechend gepflegt wurde.
„Wir wollen mehr Licht auf den Boden bringen“, sagt er. Dazu sei es notwendig, starke, schlechte Einzelbäume zu fällen. Gleichzeitig sollen qualitativ hochwertige Einzelbäume sowie Laubholz – vor allem die Eiche – gefördert werden.
Und diese besonderen Exemplare werden dafür eigens mit einem gelben Kreis markiert und somit besonders geschützt und beobachtet, zeigt Revierförster Lars Lingslebe später noch in einem anderen Areal. Was damit bezweckt wird? „Eine Naturverjüngung“, sagt Lang: „Ein höherer Laubholzanteil und ein jüngerer Wald machen die Wälder klimaresilienter.“
Jüngere Bäume im Wald sind stressresistenter
Jüngere Bäume seien stressresistenter bei Hitze und Wassermangel, deshalb müsse man schon früher eingreifen: „Pflege durch Nutzung lautet die Devise“, sagt Lang. Die Aussichten des Waldstücks für die Zukunft bewertet Hauck als positiv, auch wenn „hier in spätestens 20 bis 30 Jahren keine Fichten mehr stehen werden“.
Bei der Pflege wurde das Totholz übrigens bewusst vor Ort gelassen. Zum einen, weil so mehr Tierarten Lebensraum finden. Zum anderen, weil die Feuchtigkeit im Bestand und im Boden erhöht werde und vor Austrocknung schütze.
„Auch das als Antwort auf den Klimawandel“, sagt Lang: „Wir räumen also ganz bewusst nicht auf.“ Martin Köllner als Vertreter der höheren Naturschutzbehörde sieht die Stadt Baden-Baden bei der Umsetzung ihres Zehnjahresplans für den Forst auf einem guten Weg. Gerade stehe zur Halbzeit die „Zwischenrevision“ an, also der Blick auf Ziele und den Stand der Realisierung.
Älterer Bestand ist unter anderen Klimabedingungen gewachsen
Auch Köllner plädiert dafür, schon früh, also bereits in einem 40-jährigen Wald mit der Verjüngung einzusetzen. „Jüngere Bäume halten den Klimastress einfach besser aus.“
Der ältere Bestand sei unter ganz anderen Klimabedingungen gewachsen. Deshalb solle in den kommenden fünf Jahren der Schwerpunkt auf jüngere Bestände gelegt werden: „Wir wollen ein breites Baumspektrum fördern.“ Die jetzt neu anwachsenden Bäume könnten sich „schon von Beginn an auf geänderte Temperaturen und Niederschläge einstellen“.
Ob es Baumarten gibt, die generell besser für den Klimawandel geeignet sind? Köllner ist zurückhaltend: „Atlaszeder oder Tulpenbaum vielleicht. Aber ob die sich hier wohlfühlen würden, ist fraglich.“
Ein weiterer forstlicher Schwerpunkt werde in den kommenden Jahren auf dem Jungbestand liegen, der nach dem Orkan Lothar entstanden sei. Im Rückblick habe der Sturm für den Waldumbau also sogar Vorteile gebracht, sagt Köllner.
„Gut die Hälfte dieses Bestandes (rund 900 Hektar) ist gepflegt und etwa 20.000 Bäume wurden auf mindestens sechs bis sieben Metern geastet.“ Diese Wertästung wirke sich wiederum finanziell auf den Ertrag aus und spüle – je nach Marktlage – Geld in die Kasse, erklären Revierförster Lingslebe und LFV-Mitarbeiter Köllner.