
Mit dem Welterbe-Titel ist Baden-Baden bereits seit eineinhalb Jahren dekoriert. Was immer noch fehlt, ist ein Besucherzentrum. Es soll Gästen und Einheimischen als Anlaufstelle dienen und vermitteln, was es mit der Auszeichnung auf sich hat und worauf sie sich konkret bezieht.
Die Suche nach einer geeigneten Immobilie steht nun vor dem Abschluss. Drei Kandidaten stehen zur Wahl. Ein Objekt ist favorisiert.
Mehr als vier Stunden debattierten die Gemeinderatsfraktionen mit externen Beratern am Dienstag in einem Workshop über eine Vorschlagsliste für ein Welterbe-Zentrum. Die umfasste ursprünglich neun Immobilien. Wie Oberbürgermeister Dietmar Späth (parteilos) am Mittwoch vor der Presse berichtete, fielen vier Kandidaten durch das vorgegebene Raster.
Unter den verbleibenden fünf Standorten qualifizierten sich bei dem Workshop drei für die Endauswahl. „Wir haben es uns nicht einfach gemacht“, beschreibt der Rathaus-Chef die Auswahl. Neben den bereits bekannten Kandidaten wie der Trinkhalle und dem Kulturhaus LA8 schaffte es eine städtische Immobilie in das Finale: Das Anwesen Sophienstraße 1b an der Fieser-Brücke – aktuell vermietet an das DERtour Reisebüro.
Kulturhaus LA8 gilt als Favorit
Nach derzeitigem Stand läuft alles auf ein Welterbe-Zentrum im LA8 hinaus. Das dort ansässige Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts ist derzeit geschlossen. Der Betrieb mit wechselnden Ausstellung ruht seit dem vergangenen Frühjahr.
Das Haus an der Lichtentaler Allee 8 verfügt nicht über eine eigene Sammlung. Bei seinen Projekten war es daher auf Leihgeber angewiesen.
Das Kulturhaus gehört der Stiftung des Baden-Badener Unternehmers Wolfgang Grenke. Die Stiftung hat es der Stadt für eine Nutzung als Welterbe-Zentrum angeboten. Das letzte Wort hat jetzt der Gemeinderat der Bäderstadt in seiner Sitzung am 27. März.
Eine Vorentscheidung ist offensichtlich bereits gefallen: Beim Workshop, heißt es, haben sich die Stadträtinnen und Stadträte mehrheitlich für das LA8 ausgesprochen. „Das Kulturhaus ist von der Vielfalt der Möglichkeiten bestechend“, sagt Lisa Poetschki von der Stabsstelle Welterbe und Stadtgestaltung im Rathaus.
Zwar ist die Sichtbarkeit des rückwärtigen Gebäudes nicht perfekt, aber der Standort liegt am Beginn der Museumsmeile und damit zentral. Zudem stehe die Immobilie in einem zeitlich überschaubaren Rahmen für die neue Nutzung zur Verfügung, heißt es.
Neue Ausstellung könnte die letzte sein
Dann ist die nächste im LA8 geplante Ausstellung womöglich auch die letzte im Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts: Ab dem 5. Mai geht es unter dem Titel „Criminal Woman“ um die Geschichte der weiblichen Kriminalität seit dem 19. Jahrhundert bis in die Zeit des Nationalsozialismus.
Im Erdgeschoss und im Obergeschoss stehen für die künftige Nutzung als Welterbe-Besucherzentrum rund 450 Quadratmeter Fläche zur Verfügung.

Läuft der weitere Prozess nach Plan, könnte die Anlaufstelle Ende 2024 oder Anfang 2025 in Betrieb gehen. „Qualität muss aber vor Schnelligkeit gehen“, betont der Oberbürgermeister.
Wenn das Stadtparlament sein Plazet gegeben hat, steht die Ausarbeitung eines Konzepts an, was im Besucherzentrum den Besuchern vermittelt werden soll.
Zentrum soll Ort der Begegnung werden
Möglichst noch in diesem Jahr soll eine Ausschreibung an Agenturen erfolgen, wie das Konzept in den Räumen des LA8 umgesetzt werden kann. „Es wird kein Museum, sondern ein Ort der Begegnung und der Information“, sagt Poetschki.
An diesem Prozess sollen auch Bürger beteiligt werden. „Wir werden ein Format finden, wie wir sie einbinden können“, kündigte die Leiterin der Stabsstelle Welterbe und Stadtgestaltung an.
Oberbürgermeister Späth nennt für Projekt noch keine Kosten
Von der Konzeption, so der Oberbürgermeister, hängen auch die Kosten ab. Eine Hausnummer nannte er auf Anfrage nicht. Möglicherweise kann die Bäderstadt für das Projekt aber Fördermittel abrufen, erklärte Poetschki.
Derzeit weist eine eine sogenannte Pop-Up-Ausstellung mit vier Info-Stelen auf der Fieser-Brücke auf den Welterbe-Titel hin. Der Flyer-Verbrauch sei sehr hoch, berichtete Poetschki.
Sieben Welterbe-Stätten in Baden-Württemberg
Baden-Baden ist eine von sieben Welterbe-Stätten in Baden-Württemberg. Zu denen gehören das Kloster Maulbronn, die Insel Reichenau, die Grenzlinie Limes, die Pfahlbauten wie am Bodensee, die Höhlen und die Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb sowie die beiden Le-Corbusier-Häuser der Weisenhofsiedlung in Stuttgart.