Um Menschen sicher über stark befahrene Straßen zu bringen, wird viel Aufwand betrieben: Es gibt Zebrastreifen, Unterführungen, Brücken, Ampeln und Schülerlotsen. Für Eichhörnchen reicht einfach ein Seil.
Es muss nur hoch genug zwischen zwei Bäumen aufgehängt sein. So die Idee. In Baden-Baden gibt es solche Querungshilfen für kleine Kletterkünstler derzeit an zwei Stellen. Eventuell kommt noch eine dritte hinzu.
Futterkästen sind regelmäßig leer
Seit nun sechs Monaten hängen die sogenannten Eichhörnchenbrücken jeweils zwischen zwei Bäumen über der Rheinstraße und über der Balger Straße. An den Platanen dort sind jeweils rund fünf Meter über der Fahrbahn dicke Taue aus Kunstfaser aufgehängt.
Auf ihnen sollen die Eichhörnchen auf sicherem Weg auf die andere Straßenseite und in den dortigen Baumbestand wechseln können. Damit die kleinen Kletterer die richtigen Bäume ansteuern, sind an den Stämmen jeweils kleine Futterkästen aufgehängt. Auszubildende der Stadtwerke befüllen sie regelmäßig mit Nüssen und Saaten.
Das Futter findet stets Abnehmer. Ob die Eichhörnchen nach dem Verspeisen aber tatsächlich die von der Stadtverwaltung angebotene Querungshilfe annehmen, das weiß der zuständige Gartenamtsleiter Markus Brunsing noch nicht. „Wir bekommen zwar immer wieder mal Anrufe von Bürgern, die Eichhörnchen in der Nähe der Seilbrücken beobachtet haben“, sagt er.
Den zweifelsfreien Nachweis erhofft er sich aber erst von der Auswertung der Bilder, die eine Wildtierkamera an der Querung über der Rheinstraße immer dann macht, wenn ein Tier die Brücke benutzt. Die Fotos können erst ausgelesen werden, wenn die gesamte Kamera abgebaut wurde. Dafür ist ein Hubsteiger der Stadtwerke nötig. Diese Aktion ist für das nächste Quartal vorgesehen.
Dritte Querung in der Wolfsschlucht angedacht
„Ich bin auch mal neugierig, ob die Seile von den Eichhörnchen angenommen werden“, sagt Markus Brunsing. Ist das Ergebnis positiv, wird wahrscheinlich noch im Herbst in Baden-Baden eine dritte Querungshilfe aufgehängt – „im unteren Bereich der Wolfsschluchtstraße“, verrät der Gartenamtschef auch schon den Standort, den die Ökologen vom städtischen Forstamt ausgeguckt haben.
Wichtig sei es dabei nicht nur, die Stellen im Blick zu haben, an denen ohnehin viele Wildtiere unterwegs sind und stark befahrene Straßen queren müssen. „Wir brauchen auch entsprechend starke Bäume, damit die Seile auch bei starkem Wind hängen bleiben und nicht die Baumkronen beschädigt werden“, sagt Markus Brunsing.
Die dem Wetter ausgesetzten Querungshilfen „sollen schon einige Jahre halten“. Teuer sind sie nicht: Die beiden bisherigen Brücken haben nach Auskunft der Verwaltung gut 1.000 Euro gekostet.
Auch GEO und der Naturschutzbund zeigen Interesse
Baubürgermeister Alexander Uhlig hatte die Idee dazu, weil er die vielen überfahrenen Eichhörnchen bedauerte, die er beim Radfahren antraf. Das Medienecho sei ziemlich groß gewesen, berichtet Markus Brunsing. Nicht nur BT und BNN sowie der SWR hätten berichtet. Auch das Magazin GEO und der Staatsanzeiger Baden-Württemberg seien auf das Thema aufmerksam geworden. Zuletzt habe es auch ein Gespräch mit dem Landesverband des Nabu gegeben, der sich das Projekt vor Ort anschauen will.
Baden-Baden ist die erste Stadt in Baden-Württemberg, die auf diese recht kostengünstige Art Eichhörnchen die Querung von Straßen ermöglicht. Eichhörnchenbrücken gibt es aber auch schon in anderen Städten in der Republik – beispielsweise in Berlin, Trier, Hamburg, München und im ostwestfälischen Vlotho.