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Qualität gut

Baden-Badener Winzer beklagen Ernteeinbußen

Ein kleiner und gleichsam großer Jahrgang: Die Winzer im Baden-Badener Rebland sind nach der ersten Verkostung wenigstens mit der Qualität der Jungweine sehr zufrieden, denn der Ertrag ließ in diesem Jahr mehr als zu wünschen übrig.

 Neuweier mit Mauerberg: Die Weine aus dem Rebland werden beim Marketing stark auf die Bäderstadt Baden-Baden ausgerichtet.
Blick ins Rebland: Der Mauerberg in Neuweier ist dort eine der besten Lagen. Die Winzer hatten in diesem Jahr mit dem vielen Niederschlag zu kämpfen. Foto: Andreas Bühler

Die Winzer im Rebland haben die ersten Weine aus dem aktuellen Jahrgang verkostet und sind mit der Qualität mehr als zufrieden. Das kann sie aber nicht über jede Menge Arbeit und geringe Erntemenge, stellenweise bis Totalverlust, hinwegtrösten.

Zu wenig Regen ist genauso schlecht wie zu viel Regen. Zu ihrem Glück haben sie noch genügend Vorrat im Keller, so dass nicht auch noch Lieferschwierigkeiten im kommenden Jahr hinzukommen.

„Es hat doch schon im Frühjahr mit dem verheerenden Spätfrost angefangen. Das war der erste Schlag ins Kontor. Auch der Mai war dann viel zu kalt und als dann das Wachstum begann, sind wir nicht mehr aus der nassen Arbeitskleidung rausgekommen“, skizziert Holger Dütsch vom gleichnamigen Weingut in Neuweier den schlechten Start in das Weinjahr.

Dauerregen im Sommer machte Winzern zu schaffen

„Im Juni hat es dann bis auf einen einzigen Tag permanent geregnet. Der Pflanzenschutz war dann bei dem schlagartigen Wachstum der Laubwand eine echte Herausforderung, die viele verloren haben“, geht Dütsch auf die Dauerbelastung durch vielfältigen Pilzbefall ein, der kaum zu stoppen gewesen sei. Kaum waren die Reben gespritzt, kam schon der nächste Schauer und wusch den Schutz einfach herunter.

Eine langsame Reife ist gut für eine schöne Aromatik.
Holger Dütsch, Weingut Neuweier

Im September mit dem Beginn der Reife habe er zum ersten Mal positive Lichtblicke gehabt. „Eine langsame Reife ist gut für eine schöne Aromatik. Wenn da der Pilz nicht gewesen wäre, der wirklich auch jede Traube mit mindestens einer Beere befallen hat, so dass die anschließende Lese ihrem Namen in jeglicher Hinsicht gerecht wurde ...“, sagt er über die zeitaufwendige Selektion der schlechten Trauben.

Auch der Ertrag blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück. Fazit: „Eine sehr kleine Ernte gegenüber den fetten Vorjahren, aber dafür schöne Ergebnisse bei Riesling, Sauvignon Blanc und Chardonnay mit lebhafter Säure und großer Lagerfähigkeit.“

Wegen Corona: Badische Winzer beklagen mangelnde Nachfrage aus der Gastronomie

Auch Corona spielt den Winzern negativ in die Karten: „Kaum Nachfrage aus der Gastronomie und stark eingeschränkte Kundenkontakte erschweren die Vermarktung, so dass wir intensiv unsere Kunden pflegen, die uns die Stange halten“, sagt Holger Dütsch. Ein Lichtblick sei die erste Präsentation in der Baden-Badener Trinkhalle gewesen. „Das Interesse war sehr gut. Ich freue mich auf weitere Events in der Trinkhalle.“

Das gleiche Bild ergibt sich beim Weingut Kopp in Sinzheim-Ebenung. „Wir arbeiten ja biologisch-dynamisch. Das ist gegenüber dem normalen Weinbau vor allem bei der Bekämpfung von Pilzbefall in der Regel schwieriger. Aber wir sind im Vergleich erfreulich gut weggekommen“, fasst Winzer Johannes Kopp zusammen.

Sehr wichtig sei, „zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle zu sein. Bei diesem permanenten Regen in diesem Sommer war das absolut notwendig. Aber, wenn ich mir die Jungweine so anschaue, hat sich der ganze Aufwand beim Rebschutz wirklich gelohnt“, sagt Kopp. Der kühle Jahrgang ergab Weine mit moderatem Alkohol von maximal 12,5 Prozent. „Überwiegend Kabinett, was wir gut brauchen können, weil das der Kunde so nachfragt.“

Aber, wenn ich mir die Jungweine so anschaue, hat sich der ganze Aufwand beim Rebschutz wirklich gelohnt.
Johannes Kopp, Winzer

Das sei eine gute Ausgangsbasis für schlanke Sektgrundweine. „Und die haben wir dann neben Rose auch verstärkt gemacht“, blickt er zufrieden auf seine Bestände im Keller. Vor allem der Riesling und der Spätburgunder seien die Gewinner, denn durch die langsame Reife in diesem durchwachsenen Sommer stimmten alle Voraussetzungen für eine ausgeprägte Aromatik.

Robert Schätzle vom Weingut Schloss Neuweier freut sich über die weinbauliche Pause vom Klimawandel: „Der kühle Jahrgang ist vielversprechend, sehr fruchtig, frisch und lagerfähig. Aber er benötigte viel Pflege und nun Zeit im Keller“, bilanziert der Besitzer des VDP-Weingutes (Verband Deutscher Prädikatsweingüter) in Neuweier.

Er sei froh, endlich wieder einen anderen Jahrgang im Keller zu haben, „denn davon leben wir“. Mit dem Pflanzenschutz sei man trotz hohem Aufwand gut hinterher gekommen. „Alles in allem wirklich ein spannendes Jahr, auch jetzt bei den vielversprechenden Jungweinen“, ist auch er optimistisch.

Ungewöhnliches berichtet Michael Lebert vom Weingut Nägelsförst. „Normalerweise sammelt sich die Kälte in den Niederungen am Boden. Aber diesmal hat es bei diesem Frosteinbruch im Frühjahr unsere höheren Lagen getroffen. Ein starker Wind ist von den Vogesen rübergekommen und drückte die frostige Luft den Berg hinauf“, beschreibt der technische Betriebsleiter des Weingutes hoch über Varnhalt die Ausnahmesituation.

Vor allem Spätburgunder und Chardonnay von Frost betroffen

Vor allem die früh austreibenden Sorten wie Chardonnay und der Spätburgunder war betroffen. „Dafür haben wir fast keine Probleme mit Pilzen gehabt. Wir haben aber auch aufgepasst und sind auch samstags und sonntags Spritzen gegangen“, sagt Lebert.

Und wie steht es mit der Qualität der Jungweine? „Die Lese war jede Menge Arbeit und wir haben uns bei der kleinen Menge wirklich angestrengt und das Traubengut penibel sortiert. Das hat sich ausgezahlt.“ Die Rieslinge präsentieren sich wegen des langsamen Wachstums mit robuster Säurestruktur und im Vergleich zu den heißen Vorjahren mit wenig Alkohol.

Auch der Weiß- und Grauburgunder profitierte von dieser Situation. „Die Weine sind sehr früh schon gut trinkbar und ich gehe von einer hohen Lagerfähigkeit aus.“ Von den Spätburgunder-Trauben ließ er einen Teil zu Rose verarbeiten. Der leichte Sommerwein sei gefragt. Und so schaut auch Michael Lebert trotz geringer Menge dem Verkauf im kommenden Jahr positiv entgegen.

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