Skip to main content

Kampf gegen Artensterben

Angst vor Getreidemangel durch Ukraine-Krieg: Bühler Gemeinderat diskutiert über Biotopverbund

Im Kampf gegen das Artensterben schreibt das Naturschutzgesetz einen Biotopverbund vor. Der Bühler Gemeinderat befürchtet wegen fehlender Getreidelieferungen durch den Ukraine-Krieg den Verlust landwirtschaftlicher Flächen.

Eisental und Reben
Biotopvernetzung gegen Artensterben: Obwohl die Natur gerade im Schwarzwald vielerorts noch in Ordnung ist, zeigt sich auch die mittelbadische Landschaft durch Siedlungen und Verkehrswege zerschnitten. Das Foto zeigt einen Blick über die Reben auf Eisental. Foto: Ulrich Coenen

Ermessensspielraum hatte der Gemeinderat im Grunde nicht. Die Vorgaben des baden-württembergischen Naturschutzgesetzes sind im Hinblick auf den Biotopverbund glasklar. Die Stadträte vergaben den Auftrag für dieses Pflichtprogramm deshalb einstimmig an das Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz (ILN) in Vimbuch. Das soll ein Konzept erarbeiten.

Trotz allgemeiner Zustimmung gab es auch Zweifel. Wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine wird mit gewaltigen Einbrüchen bei der Getreideernte gerechnet. Mitglieder des Gemeinderates fürchten in dieser Krise den Verlust landwirtschaftlicher Flächen in Deutschland.

Zunächst stellte Malte Wolf vom Landschaftserhaltungsverband Landkreis Rastatt die Aufgabenstellung in einem Vortrag vor. „Biotope sind durch die Natur vorgegeben“, erklärt er. Allerdings gingen Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten durch Bebauung oder Zerschneidung der Landschaft durch Straßen, Schienen oder Leitungstrassen verloren.

„30 bis 40 Prozent der Arten in Baden-Württemberg stehen inzwischen auf der Roten Liste“, warnte Wolf. Die bestehenden Biotope sind nicht mehr vernetzt. Dadurch wird der genetische Austausch gestört. „Der isolierte Schutz von Lebensräumen reicht nicht aus“, meinte Wolf.

Kommunen müssen Biotopverbund schaffen

Nun müssen die Kommunen die Schaffung eines Biotopverbundes in Auftrag geben. Bühl und Ottersweier, die eine Verwaltungsgemeinschaft bilden, gehen diese Aufgabe gemeinsam an. Das ILN erhält für den Auftrag 46.706 Euro, davon entfallen 13.311 Euro auf die Gemeinde Ottersweier.

Dort hat sich der Gemeinderat allerdings noch nicht mit dem Thema beschäftigt. Die Verwaltungsgemeinschaft erhält einen Landeszuschuss in Höhe von 90 Prozent für die Biotopplanung. Die eigentlichen Maßnahmen, die der Planung folgen, werden mit 70 Prozent subventioniert.

Ohne die Landwirte geht nichts.
Malte Wolf, Landschaftserhaltungsverband Landkreis Rastatt

Malte Wolf setzt dabei vor allem auf die Unterstützung der Bauern. „Ohne die Landwirte geht nichts“, erklärte er. „Sie sind die wichtigsten Landschaftspfleger, die wir haben.“ Das Konzept soll zunächst die Kernflächen sichern und dann „Trittsteine“ zwischen den einzelnen Biotopen entwickeln. Die Biotope können zwischen 200 Metern und einem Kilometer auseinanderliegen. 200 Meter sind nach Einschätzung von Wolf eine Distanz, die Lebewesen problemlos überwinden.

Karl Ehinger (FW) bezeichnete das Artensterben als eines der drängendsten Probleme. „Es ist wichtig, zusammenhängende Lebensräume zu schaffen.“

Angst vor wegfallenden Flächen für die Landwirtschaft

Im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine warnte Ehinger vor dem Ausfall von Getreidelieferungen aus der Ukraine und Russland. „Die Biotopvernetzung könnte zur Konkurrenz für landwirtschaftliche Flächen werden“, meinte er. „Wir müssen mehr regional produzieren.“ Wolf entgegnete: „Die Kernflächen sind bereits vorhanden. Sie werden der Landwirtschaft nicht neu entzogen.“

Georg Feuerer (CDU) forderte eine schnelle Umsetzung. Er wies auch auf die ordnungsrechtliche Seite des Konzepts hin. Schon heute sei es mitunter schwer herauszubekommen, wer seiner Pflegeverpflichtung nicht nachkomme. Oberbürgermeister Hubert Schnurr (FW) will damit den Fachbereich Stadtentwicklung - Bauen – Immobilien und das Ordnungsamt beauftragen. Er räumte aber ein, dass dieser Aspekt in letzter Zeit „etwas stiefmütterlich behandelt“ worden sei. Immerhin stünden aber 66 Prozent des Bühler Stadtgebietes unter Schutz.

Thomas Wäldele (GAL) konterte: „Das heißt aber nicht, dass diese Flächen alle intakt sind. Davon sind wir weit entfernt.“ Außerdem befürchtete er, dass die neuen Planungen den Landschaftsplan für die Stadt verzögern. Das wies Barbara Thevenot, Abteilungsleiterin Stadtentwicklung, zurück. „Die beauftragten Büros müssen Hand in Hand arbeiten“, meinte sie.

Lutz Jäckel (FDP) stellte fest: „Wir müssen das Landesgesetz umsetzen.“ Auch er wies auf die Auswirkungen des Ukraine-Krieges hin. Pit Hirn (SPD) machte es kurz: „Wir finden es gut.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang