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Leben als Jude

Holocaust-Überlebender schildert Bühler Schülern das Grauen von damals

Der Holocaust-Überlebende Pavel Hoffmann beklagt vor Schülern der Aloys-Schreiber-Schule in Bühl einen modernen Antisemitismus.

Mann am Rednerpult vor Jugendlichen
Überlebte als Vollwaise zwei Jahre im Ghetto und KZ Theresienstadt: Pavel Hoffmann, hier bei seinem Vortrag am Montag. Foto: Katrin König-Derki

Pavel Hoffmann, geboren 1939 in Prag, ist einer der letzten Überlebenden des Holocaust. Am Montag schilderte er Schülern der Aloys-Schreiber-Schule im Bürgerhaus die unfassbaren Grausamkeiten, die seine frühe Kindheit begleiteten. Zwar blieben ihm - vermutlich auch dem Trauma geschuldet - kaum Erinnerungen. Fast seine komplette Großfamilie wurde ermordet.

Er wuchs nach dem Krieg in Prag auf. Seit 1968 lebt er in Deutschland. Zum Vortrag begrüßte Schulleiterin Claudia Steinkopf, die es an Hoffmann gewandt als Ehre bezeichnete, „dass Sie als Zeitzeuge bei uns sprechen“.

Hoffmann stammt aus einer Ärztefamilie. Sein Vater wurde 1942 in Prag aus Rache für den Tod Heydrichs mit weiteren 1.200 Opfern erschossen. Seine Mutter starb 1943 in Theresienstadt an den Folgen der unmenschlichen Zustände in dem KZ und Ghetto, wohin sie und Pavel kurz zuvor deportiert worden waren.

Zweijähriger Cousin war das jüngste Opfer

„Der größte Mord an meiner Familie geschah 1944, als vier Generationen bis auf den Bruder meiner Mutter in Auschwitz in den Gaskammern ermordet wurden.“ Das jüngste Opfer: Sein zweijähriger Cousin. Er selbst überlebte allein in Theresienstadt und gelangte im Februar 1945 mit einem Transport von rund 1.200 jüdischen Häftlingen in die Schweiz.

Nach Kriegsende kam er „todkrank, aber frei“ zurück in seine Geburtsstadt. „Von 15.000 Kindern, die vor dem Krieg dort gelebt hatten, kehrten nur 28 zurück“, unterstrich Hoffmann, der das Grauen anhand von Fotos seiner Eltern und Verwandten aus unbeschwerten Zeiten noch eindringlicher bewusst machte.

Der 83-Jährige betonte, er wolle jene, die versuchten, das Geschehen vor mehr als 75 Jahren zu verneinen oder zu verniedlichen, Lügen strafen. Die Verbrechen, die man an Juden begangen habe, seien unvorstellbar. Besonderen Wert legte er indes auf die Definition des „modernen Antisemitismus“. „Man ist gezwungen, zu sehen, wie sich jüdische Kinder in deutschen Schulen mit moslemischer Mehrheit anhören müssen, dass Hitler einen großen Fehler gemacht hat, nicht alle Juden zu ermorden.“

Ungestraft dürfe auf deutschen Straßen zum Töten von Juden aufgerufen werden. Hasserfüllte Propaganda habe sogar einen Platz in den Schulbüchern gefunden, behauptete er.

Jede Synagoge müsse geschützt werden; der Zentralrat der Juden empfehle, sich in der Öffentlichkeit möglichst nicht als Jude zu outen. Er wolle den seit über 1.700 Jahren herrschenden bösartigen Vorurteilen gegenüber Juden entgegentreten, nachdem damals zunächst römische Heiden und später Mohammed „den jüdischen Gott vereinnahmten“.

Der moderne Antisemit finde den ordinären schrecklich: „Er hat Manieren und oft sogar einen akademischen Titel. Er trauert um die toten Juden, die im Holocaust umkamen, aber stellt gleich die Frage, warum die Juden aus ihrer Geschichte nichts gelernt haben und heute ein anderes Volk misshandeln.“

Der moderne Antisemit sei Antizionist. Ihn störe, dass Israel überhaupt existiere. „Deshalb protestiert er nicht, wenn die eigene Regierung mit Millionen von Steuergeldern die Tötung von Juden seit Jahrzehnten unterstützt“, behauptete er. Festgeschriebenes Ziel der PLO sei „die Auslöschung des liberalen demokratischen und souveränen Nationalstaates des jüdischen Volkes mit allen Mitteln, auch mit den gewalttätigsten“.

Deshalb empfahl er den Lehrern: „Schicken Sie die Schüler nicht nach Auschwitz. Sie sollten besser lernen, warum die Juden ein Recht auf einen eigenen Staat haben.“ Niemand sollte sich „aus Bequemlichkeit einer Gehirnwäsche der Medien oder Politiker unterwerfen, sondern selbständig denken und jede Behauptung hinterfragen“.

Claudia Steinkopf äußerte sich auf Anfrage sehr überrascht über diese Komponente des Vortrags. „Wir werden die Äußerungen von Pavel Hoffmann im Unterricht nicht übernehmen, sondern zur Diskussion stellen und so auch als seine Haltung darstellen. Unsere Schule setzt sich für den Frieden ein.“ Hoffmann, betonte sie, sei von der Bundeszentrale für politische Bildung vermittelt worden.

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