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Fläche wird versiegelt

Bühler Gemeinderat stimmt PFC-Projekt in den Bußmatten unter Bauchschmerzen zu

In den Bühler Bußmatten soll eine sehr stark mit PFC belastete Fläche mit PFC-Material von anderen Bühler Flächen aufgefüllt werden. Durch eine anschließende Gewerbebebauung wird das Areal versiegelt. Der Gemeinderat hat dem Prinzip „Deckel druff” zugestimmt.

PFC im Boden:
Grünes Licht für Sanierunggsplan
PFC im Boden: Es gibt grünes Licht für Sanierunggsplan in den Bußmatten in Bühl. Foto: Bernhard Margull

Der Bühler Gemeinderat hat dem Modellprojekt zum Umgang mit PFC-belastetem Boden auf Bühler Gemarkung einhellig zugestimmt. In den stark mit PFC belasteten Bußmatten soll das Gelände mit Bodenmaterial von anderen belasteten Bühler Flächen aufgefüllt werden und das Areal durch Gewerbebebauung versiegelt werden.

Oberbürgermeister Hubert Schnurr hatte einleitend von einer „tickenden Zeitbombe“ gesprochen, über kurz oder lang drohe eine weitere Verunreinigung des Grundwassers und damit eine Gefahr für das Trinkwasser. Außerdem schränke PFC-verunreinigter Boden den Handlungsspielraum ein, weil es beispielsweise kaum oder nur sehr kostspielige Möglichkeiten gibt, Bodenaushub zu entsorgen.

Nach jahrelanger Sucher nach Lösungen zeigte sich Schnurr stolz, dass es gelungen sei, für eine der am stärksten betroffenen Flächen im Landkreis einen Sanierungsplan auszuarbeiten, der eine Lösung für das Trinkwasserwerk Balzhofen und den Ausbau des Vimbucher Klärwerks beinhalte.

In der Diskussion wurde dreierlei wiederholt betont: Die jetzt gefundene Lösung ist wirtschaftlich die mit weitem Abstand die günstigste, gleichwohl stimme man nur unter großen Bauchschmerzen zu, und es herrscht dringender Handlungsbedarf. Alle andere Varianten wären „erheblich teurer, eigentlich unbezahlbar“, konstatierte Karl Ehinger (FW). Dass im Klärwerk PFC gefunden wurde, habe ihn besonders erschreckt und unterstreiche die Dringlichkeit des Problems.

”Die Seuche ist nicht vom Himmel gefallen”

Georg Feuerer (CDU) sprach vom größten Umweltskandal in der Region. Dass aus ehemaligem Ackerland und Wiesen eine Deponie werde, sei nicht gerade das, was man sich wünsche, aus wirtschaftlichen Gründen aber akzeptabel und sinnvoll. „Das ist etwas, was gar nicht hätte passieren dürfen, aber es ist trotzdem passiert und wir müssen mit den einschneidenden Folgen leben“, sagte Walter Seifermann (GAL).

Das Vorhaben in den Bußmatten sei keine Sanierung, sondern folge dem einzig bezahlbaren „Prinzip Deckel druff“. Wichtig sei, die Verunreinigungen beim Grundwasserwerk Balzhofen möglichst schnell abzubauen.

Lutz Jäckel (FDP) griff den Aspekt der Unsicherheit auf: „Wir wissen nicht, wie der Fortschritt der Technik sein wird. Vielleicht kann man in zehn oder 20 Jahren die PFC aus dem Boden filtern, aber darauf können wir nicht warten.“ Peter Hirn (SPD) mahnte, man dürfe nicht so tun, „dass PFC eine Seuche ist, die vom Himmel fiel, das ist menschengemacht.“

Es habe auch keinen Sinn, „landwirtschaftlichen Flächen nachzuweinen. Wir müssen damit leben.“ Sein Fraktionskollege Timo Gretz sah keine andere Möglichkeit, „als den Fachleuten zu trauen und inständig zu hoffen, dass die Sache uns nicht in zehn, 20 oder 50 Jahren auf die Beine fällt. Aber nichts zu machen, wäre auch nicht verantwortlich.“

Informationsveranstaltungen geplant

Nach der Sommerpause könnten, so es die Corona-Pandemie zulasse, Informationsveranstaltungen zum PFC-Thema geben, sagte OB Schnurr. Einen entsprechenden Wunsch hatte zuvor der Eisentaler Ortsvorsteher Jürgen Lauten geäußert. Transparenz sei auch deshalb wichtig, weil die Tragweite des Problems noch nicht in dem Maße bei den Menschen angekommen sei, wie es der größte Umweltskandal im Land verdient habe.

Wichtig sei dem Ortschaftsrat auch, dass die auch als Radweg genutzten Wege in den Bußmatten erhalten bleiben. Er solle aber so verlegt werden, dass die Landwirte ihre Felder nutzen können.

Sobald das Landratsamt Rastatt das Vorhaben genehmigt habe, gehe es an konkrete Details der Erschließung: „Das Konzept ist noch nicht endgültig, das wollen wir auch mit dem Ortschaftsrat entwickeln“, sagte der städtische PFC-Beauftragte Markus Benkeser. Georg Schultheiß (FW) bat darum, frühzeitig über die Strecken nachzudenken, auf den das Bodenmaterial von Balzhofen in die Bußmatten transportiert werden solle. Das werde sicher eine Belastung für die Orte.

Dass nicht alle Bühler PFC-Probleme gelöst werden, hielt Daniel Fritz (CDU) fest. Der Weitenunger Ortsvorsteher erinnerte an die PFC-Fahne unter seinem Ort. Die Grundwasserfahne gehe von den Bußmatten in Richtung Nordwest und damit nach Weitenung, aber auch weiter ins Gebiet „Großer Bruch“. Den Grundwasserleiter zu reinigen, hält Markus Benkeser für nicht finanzierbar: „Das wären jährliche Millionenkosten.“

Kosten werden eingespart.

Die Sanierungsuntersuchung durch das Karlsruher Büro Arcadis hat haben ergeben, dass nur die Bodenauffüllung verhältnismäßig und dadurch wirtschaftlich wäre. Zu den Sanierungszielen zählen die Sicherung der Trinkwasserversorgung; die Verbesserung der Grundwasserbelastung Balzhofen, es werden erhebliche Mehrkosten beim Ausbau des Klärwerks Vimbuch vermieden; die Baufläche im bestehenden Gewerbegebiet Bußmatten kann genutzt werden; nicht belastete Flächen können geschont werden; es gibt Potenzial für den Einbau von weiterem PFC-haltigem Material und es bietet sich die Möglichkeit zur Erschließung eines neuen Gewerbegebietes.

Voraussetzung dafür ist, dass die Fläche des Sanierungsgebietes in vollständigem Eigentum der Stadt ist. Die Verwaltung wird mit den Grundstückseigentümern die notwendigen Kaufverträge abschließen. Allen Landwirten, die im geplanten Sanierungsgebiet Flächen bewirtschaften, wird die Stadt „Ersatzflächen in angemessenem Umfang“ anbieten.

Die Stadt erwartet Sanierungskosten von etwa 1,4 Millionen Euro. Dazu können an anderer Stelle Kosten eingespart werden. Wenn das im Zuge der aktuellen Baumaßnahme des Abwasserzweckverbands anfallende PFC-haltige Bodenmaterial im geplanten Sanierungsgebiet eingebaut werden kann, vermeidet der Abwasserzweckverband Entsorgungskosten in Höhe von mindestens 1,5 Millionen Euro, die sich andernfalls in der Abwassergebühr niederschlagen würden.



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