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Erfolgsgeschichte

Nach Flop des Jugendgemeinderates: Was junge Menschen vom Bühler Seniorenrat lernen können

In Bühl gibt es einen Seniorenrat. Das Gremium hat auch in Zeiten von Corona einiges auf die Beine gestellt. Jetzt fordern die alten Menschen mehr Mitsprache in der Kommunalpolitik.

Zwei Männer sitzen auf einer Parkbank.
Schwätzbänkle im Bühler Stadtgarten: Das Foto zeigt die Premiere dieser Aktion des Seniorenrates mit Markus (links) und Wolfgang Zink im September. Foto: Dominik Schneider

Von den Alten können sich die Jungen eine Scheibe abschneiden. Diese Meinung hat Stadtrat Timo Gretz (SPD) geäußert, nachdem der Seniorenrat im Kultur- und Sozialausschuss des Bühler Gemeinderates seine Arbeit vorgestellt hatte.

„In meiner Amtszeit habe ich bereits drei Anläufe für einen Jugendgemeinderat in Bühl erlebt“, stellte Gretz fest. „Leider hat es nie funktioniert. Bei den Senioren klappt es hervorragend. Das sollte für die Jugend ein Ansporn sein.“

Klaus Haßmann gab in seinem Vortrag, unterstützt von Antje Jessen, einen Überblick über die Arbeit des Seniorenrates. Das tat er gewürzt mit einer Prise Humor und ein klein wenig sympathischer Selbstironie.

Anfänge des Seniorenrates in Bühl im Jahr 2008

Alles habe im Juli 2008 mit der Gruppe Zeitspender begonnen, erzählte Haßmann. „Die älteren Herrschaften wollten Kindern und Jugendlichen helfen, beispielsweise auf dem Schulweg oder bei Bewerbungen. Wie ausgerechnet unsere Gruppe auf die Idee kam, einen Seniorenrat zu gründen, ist mir ein Rätsel. Eigentlich wollten wir mit Älteren nichts zu tun haben.“

Eigentlich waren das zu viele.
Klaus Haßmann, Seniorenrat Bühl

Dafür lief es dann aber ziemlich gut. Im Oktober 2018 wurde ein Arbeitskreis gebildet, am 8. Mai 2019 beschloss der Gemeinderat einstimmig die Einrichtung eines Seniorenrates. 21 ältere Menschen, mit – wie Haßmann berichtete – sehr unterschiedlichen Erwartungen an die neue Aufgabe, bewarben sich und wurden auch alle berufen. „Eigentlich waren das zu viele“, räumte Haßmann ein. Weil man aber zuvor keine Kriterien formuliert hatte, wurden alle akzeptiert.

Amtszeit des Seniorenrates wegen Corona verlängert: Für die Räte bleibt genug Arbeit

Das war vielleicht ein Glücksfall, denn inzwischen sind fünf von ihnen ausgeschieden, und zwar aus sehr unterschiedlichen Gründen. Einmal war es ein Wegzug aus Bühl, in anderen Fällen ließen sich die persönlichen Wünsche und Vorstellungen nicht mit denen der anderen in Einklang bringen. Weil die Amtszeit des Seniorenrates wegen der Pandemie um ein Jahr bis November 2022 verlängert wurde, bleibt für die verbliebenen 16 Seniorenräte genug Arbeit.

„Wegen Corona hatten wir im vergangenen Jahr fünf Monate absolute Sendepause“, berichtet Haßmann. Konferiert wurde über Video. Dabei wollten nicht alle Mitglieder mitmachen. Dennoch wurde einiges auf die Beine gestellt.

Jessen und Haßmann stellten unter anderem die Schwätzbänkle im Stadtgarten vor, die seit September ein niederschwelliges Kontaktangebot bieten, die Plauderkiste als telefonisches Gesprächsangebot oder den geplanten offenen Treff.

Senioren in Bühl fordern mehr Mitsprache in der Kommunalpolitik

Die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung sei konstruktiv, fand Haßmann. Allerdings wünschen sich die Senioren, stärker in die Entscheidungen der Kommunalpolitik einbezogen zu werden, nachdem inzwischen ein Vertreter des Seniorenrates als Zuhörer an jeder Ratssitzung teilnimmt. „Man sollte auf uns zukommen“, forderte Haßmann.

Ich bin beeindruckt, was alles auf den Weg gebracht wurde.
Georg Schultheiß, FW

Es sei eindeutig, dass Senioren Gemeinschaft brauchen, meinte Yvonne Zick (FW). „Es gibt nichts Schlimmeres als Einsamkeit im Alter. Der Seniorenrat hat tolle Ideen umgesetzt.“ Das fand auch Georg Schultheiß (FW): „Ich bin beeindruckt, was alles auf den Weg gebracht wurde.“

Christian Böckeler (FDP) bedauert Absage der Weihnachtsfeiern

Kritik kam von Christian Böckeler (FDP), aber nicht am Seniorenrat, dessen Engagement er ausdrücklich lobte. Böckeler bedauerte, dass die Stadtverwaltung alle Seniorenweihnachtsfeiern im Stadtgebiet (und auch die Neujahrsempfänge) wegen der Pandemie abgesagt habe und das bereits zum zweiten Mal in Folge. „Die Fußballstadien sind inzwischen wieder voll, zwei Drittel der Bevölkerung komplett geimpft“, erklärte er. „Ich verstehe, dass man die Senioren schützen will, wünsche mir aber ein adäquates Alternativprogramm.“ Schließlich seien die Seniorenfeiern „tolle Veranstaltungen“.

Er könne die Kritik nachvollziehen, antwortete Sozial-Bürgermeister Wolfgang Jokerst (Grüne). „Wir haben unser Vorgehen mit den Nachbarkommunen abgestimmt. Wir wollten im Gleichklang fahren. Wir werden aber alternative Angebote prüfen.“

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