Skip to main content

Hürde übersprungen

Bühl wird jetzt offiziell „Zwetschgenstadt“

Das Bürgerbegehren zeigte Wirkung: Der Bühler Gemeinderat hat dem Antrag auf den kommunalen Zusatztitel Zwetschgenstadt zugestimmt. Damit ist die potenziell kostspielige Konsequenz eines Neins aus der Welt.

Zwetschgenstadt Bühl
Noch ist es eine Collage: Der Zusatztitel Zwetschgenstadt könnte, die Zustimmung durch das Innenministerium vorausgesetzt, künftig auf den Ortsteingangstafeln zu lesen sein. Foto: Bernhard Margull

Am Ende der Sitzung kam das Zwetschgenwasser auf den Tisch: Die Stadt Bühl beantragt beim baden-württembergischen Innenministerium den kommunalen Zusatztitel „Zwetschgenstadt“. Das hat der Gemeinderat am Mittwochabend in öffentlicher Sitzung einstimmig beschlossen, was das Publikum im Bürgerhaus Neuer Markt mit Beifall quittierte.

Damit ist es im zweiten Anlauf gelungen, die notwendige qualifizierte Mehrheit von 75 Prozent zu erreichen. Bei der ersten Abstimmung Ende Juni dieses Jahres hatten dazu drei Stimmen gefehlt. Dass es nun anders kam, hat seinen Grund in den möglichen Konsequenzen eines wiederholten Scheiterns.

Erfolgreiches Bürgerbegehren

„Sind Sie dafür, dass die Große Kreisstadt Bühl die Zusatzbezeichnung ‚Zwetschgenstadt‘ beantragt?“ Mit dieser Frage hatten Lothar Bäuerle, Georg Friedmann und Michael Vetter im August ein Bürgerbegehren initiiert und waren damit erfolgreich.

Die dem Rathaus übergebenen Unterschriftenlisten hat das Bürgeramt überprüft. Das Ergebnis: Von 3.354 Unterschriften sind 2.985 zulässig. Die Hürde von sieben Prozent der bei einer Kommunalwahl stimmberechtigten Bürger ist damit locker übersprungen: Sie lag bei 1.683 Unterschriften.

Die Stadtverwaltung zeigte in ihrer Vorlage zur erneuten Abstimmung im Gemeinderat auf, was eine Ablehnung bedeutet hätte: Am 16. November hätte der Gemeinderat über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheiden müssen. Angesichts der klaren Ergebnisses hätte es aus Sicht des Rathauses keine andere Möglichkeit gegeben, als die Zulässigkeit festzustellen.

Damit hätte die Uhr zu ticken begonnen: Innerhalb von vier Monaten hätte der Bürgerentscheid stattfinden müssen. Und der wäre ins Geld gegangen: Auf 50.000 Euro taxierte die Stadtverwaltung die Kosten einer solcher Abstimmung.

Die finanziellen Auswirkungen der jetzt getroffenen Entscheidung fallen im Vergleich dazu nicht ins Gewicht: Ein Austausch der Ortsteingangstafeln käme pro Exemplar auf 161,26 Euro. Die Vorlage spricht von einem eventuellen Austausch – mit anderen Worten: Der Schriftzug Zwetschgenstadt muss nicht zwingend auf die Ortseingangstafeln. Für das Titelmarketing gilt: Alles kann, nichts muss.

Lange Diskussion über „Zwetschgenstadt“ Bühl

Aus der SDP waren im Juni drei Gegenstimmen gekommen, aus der GAL drei Enthaltungen. Pit Hirn sagte jetzt für die SPD, eine lange Diskussion, „die Bühl überregional noch mehr bekannt machte, wird heute Abend zu Ende gehen, und zwar als Ergebnis eines normalen demokratischen Vorgangs“.

Eine Entscheidung werde revidiert, wenn neue Erkenntnisse vorliegen. In diesem Falle sei es ein Votum der Bürger, „die sich in respektabler Zahl für eine Zusatzbezeichnung aussprachen“. So habe sich die Fraktion überzeugen lassen und stimme deshalb zu. Am Ende der Sitzung, kündigte Hirn an, werde sie das „mit einem mitgebrachten Gläschen Zwetschgenwasser symbolisieren“.

Jetzt heißt es nicht ,Wir sind Papst’, sondern ,Wir sind Quetsch’.
Walter Seifermann, GAL

Walter Seifermann (GAL) wiederholte seine Worte vom Juni: „Es kostet kein Geld und tut nicht weh“. Ob Ersteres tatsächlich so bleibe, werde sich zeigen. Er wundere sich aber, dass drängende Probleme wie Windeck-Gymnasium oder Schwarzwaldhalle zu keinen Bürgerbegehren führten. Jetzt heiße es in Bühl nicht „Wir sind Papst“, sondern „Wir sind Quetsch“.

Initiator hat mit Auswirkungen nicht gerechnet

Georg Feuerer (CDU), der mit seinem Hinweis auf die Möglichkeit eines Zusatztitels den Zwetschgenstein ins Rollen gebracht hatte, sagte, dass es manchmal vielleicht doch gut sei, „wenn nicht alles gerade so durchläuft“.

Was er ausgelöst habe, damit sei nie zu rechnen gewesen: „Das Ganze hat in der breiten Bevölkerung eine Wertedebatte ausgelöst, von der jeder Prozessmoderator nur träumen kann“. Auch wenn es dringlichere Probleme gebe, sei die Frage nach der Identität einer Stadt etwas, mit der sich der Gemeinderat beschäftigen sollte.

Jetzt muss mit dieser Provinzposse Schluss sein.
Kai Ehinger, FW

Karl Ehinger (FW) erinnerte daran, dass im ersten Ablauf wegen Gegenstimmen der SPD und Enthaltungen der GAL die notwendigen 75 Prozent nicht erreicht worden seien. Das habe dem Ansehen des Gemeinderats geschadet, weil dieser komplett in die Haftung für diese Entscheidung genommen worden sein. „Jetzt muss mit dieser Provinzposse Schluss sein“, forderte er. „Klappt es wieder nicht, müssten wir erneut mit Empörung in der Bevölkerung rechnen.“

Lutz Jäckel (FDP) machte es kurz und bündig: „Wir sollten das Thema abschließen, Kosten vermeiden, und die Kuh Elsa sollte schnellstens vom Eis.“

Freude beim Narrenrat

Michael Vetter zeigte sich in einer ersten Reaktion sehr zufrieden: „Ich bin froh, dass der Gemeinderat die Möglichkeit, eine offensichtliche Fehleinschätzung der öffentlichen Meinung zu korrigieren, genutzt hat.“

Seine Position hatte er gemeinsam mit weiteren Mitgliedern des Narrenrats der Narrhalla in der Sitzung schon per T-Shirt-Aufdruck verdeutlicht: „Ohne Quetsch fehlt ebbs“. Das wird auch das Narrhalla-Motto der kommenden Fastnachtssaison sein. Das Thema Zwetschgenstadt ist noch lange nicht abgeschlossen.

nach oben Zurück zum Seitenanfang