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Jagdgenossenschaft

Container-Schlachthof für Wild in Bühl: Nächster Schritt führt zur Direktvermarktung

Der Mini-Schlachthof in Bühl ist unscheinbar. Rund 200 Rehe und Wildschweine aus städtischen Jagdrevieren hingen in der Mobilen Wildkammer im vergangenen Jahr am Haken. Sie wurden von den Jägern selbst verarbeitet.

In der Mobilen Wildkammer der Bühler Jagdgenossenschaft wird erlegtes Wild verarbeitet. Die Anlage betreut Fritz Wunsch (Mitte), zusammen mit Patric Frank (links) und Martin Damm vom Bühler Forstamt.
In der Mobilen Wildkammer der Bühler Jagdgenossenschaft wird erlegtes Wild verarbeitet. Die Anlage betreut Fritz Wunsch (Mitte), zusammen mit Patric Frank (links) und Martin Damm vom Bühler Forst. Foto: Joachim Eiermann

Seit eineinhalb Jahren gibt es in Bühl einen von außen unscheinbaren Mini-Schlachthof für Jäger. „Kühl- und Zerwirkraum“ steht am Dachvorsprung des Containergebäudes. Rund 200 Rehe und Wildschweine aus städtischen Jagdrevieren hingen in der sogenannten Mobilen Wildkammer im vergangenen Jahr am Haken und wurden von den Jägern selbst verarbeitet. Die Bühler Jagdgenossenschaft als Betreiberin der Anlage will die Kapazität jetzt allmählich steigern. In diesem Zusammenhang wird nach einem neuen Vertriebskanal für Wildfleisch aus Bühl gesucht.

Im Winter wird es zu kalt

„Es ist noch Luft nach oben“, erklärt der städtische Forstabteilungsleiter Martin Damm, was die Auslastung anbetrifft. In der Anlaufphase sei der Kreis der Jägerschaft, der die Wildkammer am alten Römerpfad in Vimbuch (in Nachbarschaft zur Kläranlage) nutzt, bewusst etwas kleiner gehalten worden, um zunächst Praxiserfahrungen zu sammeln und entsprechend nachjustieren zu können. „Von 19 Revieren, die wir in Bühl haben, sind zehn vertreten“, erklärt Patric Frank vom Bühler Forstbüro.

Langsam aber sicher haben wir alles im Griff.
Fritz Wunsch, Jäger

Einer der Jagdpächter ist Fritz Wunsch aus Ottersweier. Er betreut die Station seit der Eröffnung im November 2021 und sieht nach dem Rechten. „Die Testphase ist gut gelaufen“, lässt er zufrieden wissen. „Langsam aber sicher haben wir alles im Griff.“

Wie sich erweisen sollte, benötigt der Kühlraum groteskerweise eine Beheizung: Im Winter, damit das ausgenommene Wild in der Zerwirkkammer nicht gefriert. Zwei bis drei Tage müssen die geschlachteten Tiere bei vier bis sieben Plusgrad abhängen, damit das Fleisch reifen kann. Im Sommer kämpft der im Freien stehende Kühlgenerator gegen eine sengende Sonne an. Eine noch fehlende Überdachung soll künftig einen gewissen Schutz bieten und dazu beitragen, den Energiebedarf zu senken.

Das Veterinäramt kontrolliert regelmäßig

Bevor sich ein Jäger im Container mit dem Fleischermesser an die Arbeit machen kann, sind beim Schwarzwild Proben für Laboruntersuchungen zu nehmen. Anlass dazu geben die drohende Afrikanische Schweinepest und die Gefahr von Trichinen, letztere sind auch für den Menschen gefährlich.

„Hygiene ist das A & O“, erklärt Wunsch. Die Kollegen müssen die Räumlichkeiten restlos gereinigt hinterlassen. „Das klappt gut.“ Das Veterinäramt komme regelmäßig zur Kontrolle, Beanstandungen gebe es keine. Im Gegenteil: „Wir werden gelobt für unsere saubere Anlage.“

„Mit der Versuchsphase sind wird durch. Jetzt können wir ein Stück weit expandieren“, peilt Martin Damm den nächsten Schritt an, die direkte Vermarktung zu intensivieren. In welcher Form ist noch offen. Gesucht wird ein Online-Forum mit virtueller Warentheke, um im unmittelbaren Kontakt zwischen Jäger und Konsumenten den Abverkauf des Frischfleisches zu bewerkstelligen. Das Angebot vakuumierter Portionen reicht von Wildschweingulasch über Reh (Rücken, Keule und Steak) bis zu Hackfleisch.

Eine zentrale Vermarktungsstelle einzurichten, gilt als zu aufwendig. Kein Thema ist auch eine Verwertung durch einen Großhändler: „Unser Ziel ist es, regional zu bleiben“, betont Damm. Nach seiner Lesart ist aus der Jagd gewonnenes Wildfleisch übrigens „bio“.

So bedürfe es gegenüber der konventionellen Tierhaltung keiner Futtermittelproduktion mit intensivem Wasserverbrauch und auch keiner Produktionsstätte, die schädliches Methan ausstoße. Die Wildkammer leiste zudem einer intensiveren Bejagung Vorschub, in der Absicht, Wildschäden zu verringern. Insbesondere bei den Drückjagden, die im Herbst wieder anstehen, werden ausreichend dimensionierte Verarbeitungs- und Kühlmöglichkeiten für eine lebensmittelhygienisch einwandfreie Verwertung benötigt.

Punkte beim Klimaschutzpreis gesammelt

Im Oktober vergangenen Jahres hatten die Jagdgenossen beim städtischen Wettbewerb um den Klimaschutzpreis gepunktet. Mit der Einrichtung ihres Mini-Schlachthofs errangen sie den ersten Platz. Eine funktionierende Jagdbewirtschaftung stelle einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz dar, lautete die Begründung des Klimabeirats. Denn nur ungeschädigte, gesunde Bäume (also ohne Wildverbiss und Schälschaden) vermögen ein Höchstmaß an Kohlendioxid zu binden.

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