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Die Wampe wächst trotz gesunder Hausmannskost

Corona-Pandemie sorgt für Wandel bei Essverhalten

Die Corona-Pandemie beeinflusst das Leben der Menschen in vielerlei Hinsicht. Auch unsere Essgewohnheiten haben sich verändert. Homeoffice und Hausmannskost statt Firma und Kantine haben auch viele Bürger in Bühl und Umgebung. Und wie ist das mit der Corona-Wampe?

Kinder am Herd
Helden am Herd: In Corona-Zeiten wird wieder mehr zuhause gekocht und auch der kulinarisch versierte Nachwuchs schwingt schon gern mal den Kochlöffel. Foto: Foto: Jörg Seiler

Was war es doch vor Corona einfach mit dem Essen! Der arbeitende Teil der Bevölkerung ging zu beträchtlichen Teilen in die Kantine oder ins Gasthaus, Schüler und Studenten in die Mensa. Und jetzt, in Zeiten des staatlich verordneten Stillstands? Steigt der Konsum von Pizza, Fleischkäs-Weck oder belegtem Brötchen vom Bäcker?

Nicht unbedingt, sagt Barbara Bjarnason. Die promovierte Ernährungswissenschaftlerin hat eine erfreuliche Entwicklung registriert. Sie geht jeden Samstag auf den Markt und ihr sei aufgefallen, „es kaufen mehr Leute dort ein“.

Das treffe auch auf die Hofläden zu. „Es wird regional gekocht“, so die Einschätzung der Fachfrau von der Praxis für Ernährungstherapie in Bühl.

Vom heimischen Schreibtisch an den heimischen Esstisch

Die Pandemie sorgt dafür, dass das Essverhalten in unserer Gesellschaft gerade ziemlich anders ist. Das bestätigt Simone Rinschler. Die Controllerin arbeitet derzeit im Homeoffice. Statt mit Kollegen Essen gehen wird „bei Muttern“ gespeist. Auch Thomas Beierle hat sich umgestellt - auf Heimbüro und Hausmannskost.

Der Ingenieur legt Wert auf gesunde Ernährung, das lasse sich am heimischen Herd gut verwirklichen. Bei Familie König-Derki ist es ein bisschen komplizierter. Derzeit sitzen alle Kinder zuhause: Schulunterricht und Studium digital. Und weil dann in einer Stunde Mittagspause Vegetarier, Flexitarier und Fleischesser unter einen Hut, oder besser eine Kochmütze gebracht werden müssen, „gibt es nur wenige Essen, mit denen alle einverstanden sind, zum Beispiel Falafel“, berichtet Ehefrau und Mutter Katrin, die für die Redaktion als freie Journalistin schreibt und fotografiert.

Natürlich stehen Kantinen und Großküchen weiter in Diensten der Esser, aber es läuft anders. Beispiel Schaeffler in Bühl: Die Kantine ist geöffnet, „wenn auch mit stark reduziertem Platzangebot entsprechend der geltenden Corona-Verordnung“, berichtet Unternehmenssprecherin Petra Wolf. Das Angebot an Speisen wurde „an die durch Homeoffice stark verringerte Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort angepasst.“ Derzeit biete die Karte täglich zwei statt vier Gerichte.

Kantinenchef Franz-Josef Schnaiter „arbeitet sehr eng mit dem betrieblichen Gesundheitsmanagement zusammen und es wird sehr viel Wert auf eine ausgewogene Ernährung gelegt, so Wolf. Offene Speiseangebote und Selbstbedienung wie an der Salatbar gibt es momentan nicht. Salate werden verpackt angeboten, „die Verpackung ist kompostierbar“, betont die Unternehmenssprecherin.

Wer will, dann das Essen mitnehmen. „Entweder in Mehrweggeschirr oder kunststoff-freien Verpackungen. In verschiedenen Bereichen finden die Mitarbeiter/innen Selbstbedienungskassen, wo die Bestellung aufgegeben werden kann und diese dann geliefert wird.

Herausforderung für Kantinen und Großküchen

Eine logistische Herausforderung also, auch beim Klinikum Mittelbaden. „Pflegegäste und Patienten erhalten das Essen in gewohnter Weise mit diversen Menüs zur Auswahl“, berichtet Sybille Müller-Zuber. Die Küche, ist RAL-zertifiziert, trägt also das elementare Gütezeichen für derartige Betriebe und arbeitet streng nach den höchsten Hygiene-Richtinien (HACCP), erklärt die Leiterin der Unternehmenskommunikation.

Am Klinikstandort in Balg steht die Cafeteria nur noch dem Personal zur Verfügung. „Die Zahl der Sitzplätze wurde von 120 auf 30 reduziert, die Sitzabstände auf 1,5 Meter aufgeweitet“, so Müller-Zuber.

Damit alle zum Zug kommen, wurden die Ausgabezeiten verlängert. Selbstbedienung gebe es nicht mehr, jeder Platz werde samt Stuhl nach der Benutzung desinfiziert. Essen könne auch mitgenommen werden, allerdings seien die Mitarbeiter gehalten, Pausen versetzt zu machen und in kleinen Gruppen.

Szenenwechsel, zurück auf die Straße. Restaurants, Gasthäuser und Kneipen haben zu, wie lange ist nicht abzusehen. Pizza, Döner und Co sind lecker, auf die Dauer aber vielleicht doch eintönig. Da müsste doch die große Stunde der Bäckereien schlagen, die Vesper anbieten. Bruno Ketterer winkt ab. „Eine Bäckerei lebt zu 60 Prozent von der Stammkundschaft, die kommen weiterhin“, bilanziert der Inhaber von Peter’s gute Backstube.

Aber es fehlen die vielen Kunden aus Einzelhandel und Behörden. Läden zu, viele Verwaltungsmitarbeiter im Homeoffice. Deutlich weniger gehen da zwischen 9 und 11 Uhr mal schnell zum Bäcker und holen sich ein zweites Frühstück. „Wir merken das beim Umsatz“, sagt Ketterer.

Die wöchentliche Kaffeerunde fehlt

Und dann sind es die Restriktionen, die vielen kulinarisch affinen Menschen zu schaffen machen. Einer von ihnen ist Eberhard Kirschner, Fußballfan, Gourmet und Hobbykoch.

Am meisten fehlt uns das gemeinsame Sonntagsfrühstück mit den Kindern und ihrem Anhang.
Eberhard Kirschner, Rentner

Er vermisst seine Kaffeehausrunde und das Essen gehen. Am meisten fehlt Kirschner das gemeinsame Sonntagsfrühstück mit den Kindern. „Momentan kommt entweder die Tochter mit Freund oder der Sohn mit Familie“. Mehr sei leider nicht erlaubt.

Bleibt noch eine wichtige Frage: Wie ist das mit der Corona-Wampe? Barbara Bjarnson lacht: „Das ist schon eine Tatsache“, verweist die Ernährungs-Expertin auf eine aktuelle Studie.

„Die Menschen sind viel im Haus, die Fitness-Studios haben zu“, so Bjarnson. Aber: „Ich denke, wir haben was gelernt, die Pandemie hat uns aufgerüttelt“, sagt die Fachfrau, die hofft, dass sich der Trend zu gesundem und regionalem Essen fortsetzt.

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