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Wissenschaft lernt dazu

Coronavirustest bei zwei Patienten: Bühler Hausarzt rechnet mit Pandemie

Die Sorge wegen des hochansteckenden Coronavirus ist auch in den Hausarztpraxen in Mittelbaden angekommen. Der Bühler Hausarzt und Internist Martin Jutz hat bereits bei zwei Patienten mit starken Grippesymptomen Tests angerordnet - beide negativ. Der Mediziner rechnet trotzdem fest mit einer Pandemie.

Der Bühler Hausarzt und Internist Martin Jutz und die Medizinische Fachangestellte Sabine Bergmaier stellen Rezepte aus.
Der Bühler Hausarzt und Internist Martin Jutz und die Medizinische Fachangestellte Sabine Bergmaier stellen Rezepte aus. Foto: Ulrich Coenen

„Eine Hysterie unter den Patienten gibt es bei uns bisher nicht!“ Martin Jutz, Hausarzt und Internist im Bühler Stadtteil Neusatz, ist aber in den vergangenen Tagen bereits mehrfach mit den Auswirkungen des Coronavirus konfrontiert worden.

Der eine oder andere Patient fragt, wie bedrohlich die Krankheit ist.
Martin Jutz, Hausarzt und Internist in Bühl-Neusatz

Bei zwei Patienten, die starke Symptome eines grippeähnlichen Infekts mit Lungenbeteiligung zeigten, hat er Rachenabstriche vorgenommen. „Der eine oder andere Patient fragt in der Sprechstunde auch besorgt nach, wie bedrohlich die Krankheit ist“, berichtet Jutz. Besorgte Anrufe im nennenswerten Umfang gab es zumindest bislang nicht.

Ergebnisse nach 24 Stunden

Die Abstriche, die der Hausarzt seinen beiden Patienten empfohlen hat, wurden an ein spezielles Labor geschickt. „Die Diagnostik ist nicht ganz so einfach“, sagt der Mediziner. „Deshalb kann nicht jedes Labor diese Untersuchung durchführen. Innerhalb von 24 Stunden liegen allerdings bereits Ergebnisse vor.“

Die Fallzahlen werden zunehmen.
Martin Jutz, Hausarzt und Internist in Bühl-Neusatz

Vor dem Hintergrund der Entwicklung der vergangenen Tage ist der Bühler Internist sicher: „Eine Pandemie lässt sich nicht aufhalten. Die Fallzahlen werden zunehmen. In einem Land mit einer so großen Mobilität wie der Bundesrepublik ist das unvermeidbar.“

Infos von der Ärztekammer per Mail

Informationen über das Coronavirus erhält Jutz per Mail regelmäßig von der Kassenärztlichen Vereinigung oder auch vom Robert-Koch-Institut. Wie jeder Bürger informiert er sich aber auch in den Medien und ist mitunter überrascht, was namhafte Virologen beispielsweise im Fernsehen berichten.

„Das ist nicht immer konsistent“, meint er. „Wir haben bisher im Wesentlichen eben nur Zahlen zur Epidemie in China. Man weiß zwar, wie viele Menschen dort auf das Virus getestet wurden und wie viele davon starben, nicht aber, wie viele sich tatsächlich infiziert haben. So ist die Abschätzung der Mortalität schwierig. Man kann sich nicht auf jede Information verlassen, die man bekommt.“

Im Unterschied zur Influenza sterben auch Patienten im mittleren Alter und ohne Vorerkrankung.
Martin Jutz, Hausarzt und Internist in Bühl-Neusatz

Jetzt ist das Virus in Deutschland angekommen. „Die medizinische Wissenschaft lernt täglich dazu“, stellt Jutz fest. Das Virus sei durch Tröpfcheninfektion einfach weiterzugeben. „Im Unterschied zur Influenza sterben auch Patienten im mittleren Alter und ohne Vorerkrankung“, sagt der Internist. „Schwangere und Kinder sind aber offensichtlich weniger gefährdet als durch Influenza. Auch erkranken Männer deutlich häufiger als Frauen. Abschließend lässt sich diese Entwicklung aber nicht bewerten.“

Grippe forderte 25.000 Tote in Deutschland

Martin Jutz verweist zum Vergleich darauf hin, dass die echte Grippe, die Influenza, in jedem Jahr in Deutschland zwischen mehreren hundert und tausenden Menschen das Leben kostet. In der Grippesaison 2017/18 waren es beispielsweise zirka 25.000.

Vor dem Hintergrund, dass die Influenza bereits langsam abflaut, hofft Jutz auf einen ähnlichen Verlauf beim Coronavirus. „Vielleicht ist schönes Frühlingswetter hilfreich“, meint er. Mit Sicherheit könne man das aber nicht sagen: „Wir schwimmen in einem Tümpel der Unbestimmtheit.“ Mit einem Impfstoff gegen das Virus rechnet der Arzt erst in ein bis eineinhalb Jahren.

Lieferanten für Mundschutz und Schutzanzüge sind ausverkauft

Zur Vorbeugung empfiehlt er vor allem gute Handhygiene. „Wir geben aus diesem Grund in unserer Praxis keinem Patienten die Hand“, berichtet Jutz. „Dies geschieht nicht aus Unhöflichkeit. Wir sind umsichtig.“ Schutzanzüge und Mundschutzmasken für den medizinischen Bedarf werden bei Fachfirmen inzwischen knapp. „Unsere Lieferanten sind ausverkauft“, erklärt der Hausarzt. „Wir können dort nicht mehr nachbestellen, haben aber noch Vorräte.“

Furcht vor Kapazitätsgrenze der Kliniken

Martin Jutz weist darauf hin, dass die aus seiner Sicht gut gemeinten Maßnahmen die Ausbreitung der Krankheit einzudämmen, ihre Grenzen haben. „Wir werden, so fürchte ich, aus Kapazitätsgründen mittelfristig nicht jeden Patienten, der positiv getestet wurde, in eine Klinik einweisen können, auch wenn dies das Robert-Koch-Institut derzeit noch vorgibt“, erklärt er.

Auf die Frage, ob er und sein Praxisteam wegen der möglichen Konfrontation mit Corona-Patienten jetzt Angst haben, entgegnet er: „Wir bekommen jeden Tag einen Beschuss mit den unterschiedlichsten Bakterien und Viren. Das Leben ist eben nicht ohne Risiko – und morgens gesund aufstehen zu dürfen ein ganz großes Geschenk!“

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