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Der Mathematiker Eduard Itrich treibt die Digitalisierung voran

Das Bühler Rathaus soll möglichst schnell papierlos werden

Das papierlose Rathaus ist das Ziel. Der Mathematiker Eduard Itrich treibt die Digitalisierung bei der Stadtverwaltung voran. Das hat Konsequenzen für Mitarbeiter und Bürger.

Eduard Itrich
Bühl soll digital werden: Eduard Itrich ist Mathematiker und Abteilungsleiter DIGIT bei der Stadt Bühl. Foto: Ulrich Coenen

Die Badische Aktenheftung hat ausgedient. In einem Jahrzehnt soll das Rathaus papierlos sein. „Das ist ein hehres Ziel“, sagt Daniel Bauer. Der Diplomverwaltungswirt ist Fachbereichsleiter Personal – Organisation – Digitalisierung bei der Stadt Bühl. Bauer hat naturwissenschaftliche Unterstützung von Eduard Itrich. Der Mathematiker ist seit eineinhalb Jahren Abteilungsleiter Digit bei der Stadt.

Gemeinsam treibt Bauer, der die klassische Beamtenausbildung für den gehobenen Dienst an der Fachhochschule in Kehl absolviert hat, und Itrich eine Vision an. Wer mit ihnen darüber spricht, spürt ihre Begeisterung für das Thema. Basis für die Arbeit der beiden und ihrer Mitarbeiter ist das 2017 vom Bundestag verabschiedete Online-Zugangsgesetz. Doch es wird schnell klar, dass Itrich und Bauer für ihre Kollegen im Rathaus und die Bürger der Stadt mehr wollen.

Die Digitalisierung lässt sich nicht aufhalten.
Daniel Bauer, Fachbereichsleiter Personal

„Die Digitalisierung lässt sich nicht aufhalten“, erklärt Bauer. „Wir kommen also gar nicht umhin, das zu tun.“ In den nächsten Jahren wird es nach Einschätzung von Itrich und Bauer noch ein „hybrides Arbeiten“ im Rathaus geben. Papier und Bildschirm werden also nebeneinander bestehen.

Digitaler Workflow bei Vorlagenerstellung

Das langsame Ende des Papiers hat Itrich aber mit einem Pilotprojekt bereits eingeleitet. Mit der Geschäftsstelle Gemeinderat erprobt man einen neuen Arbeitsablauf in der Vorlagenerstellung. Auf Neudeutsch nennt man das „digitaler Workflow“. Sämtliche Vorlagen für die Gemeinderatssitzungen werden nicht mehr von einem Boten zur Unterschrift von Büro zu Büro und zuletzt zum Oberbürgermeister getragen.

Das geht jetzt digital und sehr viel schneller. „Ich habe nicht gedacht, dass die Zeitersparnis so enorm ist“, staunt Bauer. „Wir müssen den Mut haben, solche Dinge zu probieren. Wenn etwas nicht den erhofften Effekt bringt, machen wir es anders.“

Eduard Itrich soll als verantwortlicher Abteilungsleiter Lösungen finden. Dabei setzt er unter dem Stichwort „Digitale Souveränität“ in zwei Punkten klare Rahmenbedingungen. „Wir wollen als Kommune selbstbestimmt festlegen, wo unsere Daten gespeichert werden“, sagt er.

Der steinige Weg zu Open Source

Im Hinblick auf die Software bevorzugt er Open Source. Das sind Computer-Programme, deren Quelltext öffentlich ist und die von jedem weiterentwickelt werden können. Für Unternehmen wie Microsoft ist das keine gute Nachricht.

Doch der Weg zu Open Source ist steinig. Die Stadt München hatte sich 2003 vom Betriebssystem Windows in Richtung Linux verabschiedet. Das sorgte aber für völliges Chaos.

Die Pandemie hat das Thema Digitalisierung beschleunigt
Eduard Itrich, Abteilungsleiter DIGIT

„Die Pandemie hat das Thema Digitalisierung beschleunigt“, sagt Itrich. „Sie hat Schwächen aufgezeigt und Chancen eröffnet.“ Die Verwaltungsarbeit musste auch unter Corona-Bedingungen erledigt werden.

„Die Kollegen müssen von zu Hause Zugriff auf unsere Technik haben“, berichtet Bauer. „Im Gegensatz zu üblichen Vorurteilen gegenüber Verwaltungen haben wir sehr schnell reagiert.“ Inzwischen arbeiten fast 100 städtische Mitarbeiter mobil, insgesamt 200 Arbeitsplätze sind nach seiner Einschätzung für mobile Arbeit geeignet.

Die Möglichkeit des sogenannten Homeoffice soll auch nach der Pandemie bestehen. Es gibt aber aktuell Grenzen. „Mitarbeiter der Personalabteilung können nicht mobil arbeiten, weil die Personalakten noch nicht digitalisiert sind und nicht mitgeführt werden dürfen“, berichtet Bauer.

Eine neue Stelle für das digitale Rathaus

Auch die Bürger sollen von der Digitalisierung profitieren. „Es gibt rund 550 Verwaltungsleistungen, die digital erbracht werden können“, sagt Itrich. „Das kann von der Hundesteuer bis zum Bauantrag alles sein.“ Es gibt nur wenige Grenzen: Für den Personalausweis muss man beispielsweise persönlich im Rathaus erscheinen. „Natürlich sollen die digitalen Anträge der Bürger nicht anschließend im Rathaus ausgedruckt werden“, erklärt Itrich. „Wir müssen das Rathaus komplett digital denken. Dabei wollen wir alle Bürger und alle Kollegen mitnehmen.“

Der Abteilungsleiter drückt aufs Tempo. Die Stadt hat gerade eine neue Stelle für einen „Zukunftsgestalter digitales Rathaus“ ausgeschrieben, die zunächst auf fünf Jahre befristet sein soll. Fragt man nach der gewünschten Qualifikation, lachen Itrich und Bauer. „Im Prinzip suchen wir die eierlegende Wollmilchsau“, meint Bauer. „Wir brauchen jemanden mit Organisations- und Kommunikationstalent sowie technischer Affinität.“

„Sie oder er muss ein Gefühl für die Zeit und ein Händchen dafür haben, Dinge zu verändern“, ergänzt Itrich. „Der neue Kollege soll gemeinsam mit den Fachbereichen interne Prozesse digitalisieren und dann nach draußen tragen. Er soll die Transformation vom analogen zum digitalen Arbeiten aktiv begleiten.“ Bauer und Itrich sind sich einig, dass es das alles nicht zum Nulltarif geben wird. „Wir brauchen eine entsprechende Ausstattung mit Hard- und Software“, sagt Itrich.

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