Nach der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend im Bürgerhaus Neuer Markt wirkt Projektentwickler Bernd Matthias erleichtert. Gerade hat sich das Gremium nach zwei Jahren schier endloser Diskussionen gegen ein Neubaugebiet und für ein Seniorenzentrum auf dem Gelände des Mutterhauses Neusatzeck entschieden. „Mir fällt ein Stein vom Herzen“, meint Matthias, der den Ratssaal nicht betreten und im Foyer auf die Entscheidung gewartet hat. „Ich muss jetzt erst einmal durchschnaufen.“
In der Gemeinderatssitzung war es zuvor noch einmal hoch her gegangen. Die Stadträte hatten am Morgen vor der finalen Entscheidung ein anonymes Rundschreiben in ihren Briefkästen gefunden. „Wird in Bühl die Demokratie zu Grabe getragen?“ lautet die Überschrift. Das Seniorenzentrum auf dem Klostergelände Neusatzeck wird als „unerwünscht“ bezeichnet.
Mir fällt ein Stein vom Herzen. Ich muss jetzt erst einmal durchschnaufen.Bernd Matthias, Projektentwickler
Der unbekannte Autor attackiert Oberbürgermeister Hubert Schnurr, der mit seinem Veto gegen die Entscheidung des Gemeinderates für ein Neubaugebiet am 17. Juni die neuerliche Entscheidung am Mittwochabend erst notwendig gemacht hat.
Die Stimmung im Ratssaal war also aufgeheizt wie selten in der Bühler Kommunalpolitik der vergangenen drei Jahrzehnte. Die Entscheidung für ein Seniorenzentrum und gegen ein Neubaugebiet fiel in geheimer Abstimmung.
Zuvor hatte OB Schnurr die Stadträte darauf hingewiesen, das es für das Mutterhaus, das im Auftrag der Dominikanerinnen seit zehn Jahren von einem Kölner Makler zum Verkauf angeboten wird, nach wie vor nur einen einzigen Interessenten gibt. Das ist Bernd Matthias, der dort ein Seniorenzentrum plant.
Einen Investor für ein Baugebiet gibt es nicht. Für das denkmalgeschützte Josef-Bäder-Haus auf der anderen Seite der Schwarzwaldstraße, das der Orden in den nächsten Monaten verlasen wird, gibt es nach Auskunft des Oberbürgermeisters drei Interessenten.
Ergänzendes Angebot für das Seniorenheim
Einer von ihnen ist Bernd Matthias. Der will in dem denkmalgeschützten Gebäude aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Pflegehotel einrichten. Das Hotel, das einen anderen Betreiber als das Seniorenzentrum haben wird, steht für besuchende Angehörige und für Familien, die gemeinsam mit pflegebedürftigen Angehörigen Urlaub machen wollen, zur Verfügung.
Auch eine Kurzzeitpflege auf Hotelbasis gehört zum Angebot. Im Hotel soll es zwei Restaurants geben, eines für die Hotelgäste und ein zweites für externe Gäste. Gemeinsam mit dem Betreiber denkt Matthias ebenfalls über eine kleine Hospizabteilung innerhalb des Hotels nach.
Der Projektentwickler will den moderne Anbau, der den Gesamteindruck des neuromanischen Kloster beeinträchtigt, abreißen lassen. Im Hinblick auf seine Pläne hat er bereits Kontakt mit der Landesdenkmalpflege aufgenommen.
Baubeginn um die Jahreswende
Den Bauantrag für das Seniorenzentrum auf dem Gelände des Mutterhauses will Matthias im August bei der Stadt einreichen. Mit dem Abriss der Bestandsgebäude soll im Oktober begonnen werden. Erhalten werden muss der 26 Meter hohe Ursprungsbau des Mutterhauses aus dem Jahr 1928, in dessen Dachgeschoss sich die Wochenstube artengeschützter Fledermäuse befindet. Deshalb ist der Abbruch nur im Herbst möglich.
Das Graue Langohr darf bei der Aufzucht der Jungen nicht gestört werden. Um die Jahreswende will Matthias mit dem Neubau beginnen.