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Erfolgreiche Bürgerbeteiligung

Der Bühler Stadtteil Vimbuch arbeitet am Dorf der Zukunft

Im Bürgerbeteiligungsprozess „Vimbuch neu denken“ sind zahlreiche Ideen entstanden, mit denen der größte Bühler Stadtteil für die Zukunft aufgestellt werden kann. Ortsvorsteher Manuel Royal sieht in der direkten Ansprache eine Grundlage für die erfolgreiche Bürgerbeteiligung.

Vimbuch
Vimbuch Foto: Bernhard Margull

Das Spektrum der Ideen reicht von einem neuen Dorfzentrum über eine Verkehrsentlastung bis hin zu seniorengerechten Wohnungen. Das Engagement ist groß in Vimbuch, und Ortsvorsteher Manuel Royal ist zuversichtlich, dass dies auch zu konkreten Ergebnissen führt, wie er im Gespräch mit ABB-Redaktionsmitglied Wilfried Lienhard ausführt.

Mann vor Karte
Manuel Royal Foto: Wilfried Lienhard

Herr Royal, der Bürgerbeteiligungsprozess „Vimbuch neu denken“ dürfte das alles beherrschende Thema im Ort sein. Trifft diese Einschätzung zu?
Royal

Absolut, das ist so, abgesehen von Corona. Es gibt viele Rückmeldungen. Ich werde oft und bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten darauf angesprochen. In einem Geschäft hatte ich ein Gespräch mit einer Verkäuferin darüber und ein weiterer Kunde hat sich gleich an dem Gespräch beteiligt. Die Verkäuferin macht jetzt übrigens beim Gartenprojekt in der Seimelstraße mit.

Hat „Vimbuch neu denken“ eine Veränderung im Ort angestoßen?

Ja. Was ich als sehr positiv empfinde, ist, dass es mittlerweile einige Einwohner gibt, die bisher nur gewohnt haben und inzwischen hier leben, sich beteiligen und beispielsweise in den Heimatverein eingetreten sind. In der Ortsverwaltung gehen auch weniger Beschwerden ein als früher. Bei der Auftaktveranstaltung hatte ich klar gesagt, es könne künftig nicht einfach nur gemotzt werden, aktives Mitmachen und Verbesserungsvorschläge seien gefragt. Ich habe schon Bürger, die sich beschwert haben, beispielsweise zum Thema Verkehr, direkt an die Arbeitsgruppe verwiesen. In einem Fall macht die Person jetzt tatsächlich mit.

So einfach werden sich Kritiker aber kaum zurückziehen.

Es geht nicht darum, den Leuten den Mund zu verbieten, sondern sie zur Mitarbeit zu motivieren. Wenn wir ihnen sagen, für dieses Problem habe wir jene Arbeitsgruppe und Menschen, die sich in der Materie auskennen und sinnvolle Vorschläge erarbeiten, die nicht nur darauf hinauslaufen, beispielsweise ein Verkehrsmessgerät vor der eigenen Haustür aufzustellen, dann ist das ein gutes Angebot. Für die Kritiker ist es ja vielleicht auch interessant, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und gemeinsam Lösungsvorschläge zu erarbeiten.

Mit Vorschlägen allein wird es nicht getan sein. Es muss auch Ergebnisse geben, sonst könnte die Begeisterung umschlagen in Frustration, wie das in Altschweier der Fall war. Was macht Sie zuversichtlich, dass es in Vimbuch so nicht kommt?

Es muss Ergebnisse geben, das ist so. Auf das Beispiel Altschweier wurde ich nach dem ABB-Interview mit Ortsvorsteher Manfred Müller mehrfach angesprochen. Dass etwas gehen kann, zeigt bei uns das beeindruckende Projekt Seimelgarten. Für das neue Ortszentrum sehe ich gute Chancen für eine Planungsrate im kommenden Haushaltsplan. Dann können wir unsere Ideen auf Papier entwickeln. In jeder Gruppe haben wir auch mindestens ein Mitglied des Ortschaftsrats dabei. Sie haben das Ohr nahe an den Menschen, aber wir reden hier auch über kommunalpolitische Prozesse, und da wissen die Ortschaftsräte, was möglich ist und vor allem was nicht. Das können sie in den Gruppen bereits kommunizieren, bevor man sich verrennt. Überhaupt würde ohne den Einsatz der Ortschaftsräte „Vimbuch neu denken“ bei weitem nicht so gut laufen.

Es gibt bereits Ideen für ein neues Dorfzentrum. Wie sehen die aus?

Wir sind noch in einem frühen Stadium. Das Ziel ist eine Zentralisierung im Bereich Bauhof/Feuerwehr. Dort wollen wir Ortsverwaltung, Vereinsräume und einen Festplatz bündeln. Dann könnten wir den Bereich um Rathaus, Rathausplatz, Lagergebäude und alte Schule neu nutzen. An dieser Stelle kommt die Arbeitsgruppe Allengerechtes Wohnen und Leben ins Spiel, die sich sehr gut vorstellen kann, hier Wohnraum zu schaffen, insbesondere auch seniorengerechte Wohnungen. Da könnten wir mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Wir stellen uns also schmaler auf und können auf etliche bisherige Räume verzichten. Das neue Raumkonzept soll ermöglichen, dass wir die Räume viel besser auslasten können. Damit würden wir einige Kosten einsparen. Das ist ein großes Plus, das wir hier haben. Ich bin da optimistisch, zumal die Bürgerbeteiligung auch so sehr von Verwaltungsspitze und Gemeinderat gehypet wurde, dass man das jetzt schlecht ausbremsen kann.

Was kann getan werden, um noch mehr Menschen in die Prozesse einzubinden?

Die direkte Ansprache ist das A und O. Das Ergebnis der von der Arbeitsgruppe Allengerechtes Wohnen und Leben organisierten Fragebogenaktion ist ein Beleg dafür. Die Fragebogen wurden persönlich überreicht. Wir wollen Eure Meinung wissen, macht bitte mit, das war die Botschaft. Die Abgabefrist ist gerade abgelaufen. Wir haben eine Rücklaufquote von fast 30 Prozent. Das ist ein Wahnsinnsergebnis. Unser externer Berater hatte gesagt, zweistellig wäre schon gut, ich hatte mir 20 Prozent erhofft. Es kamen Zettel mit Ideen und Vorschlägen zurück, die Leute haben sich damit befasst.

Worauf zielen die Vorschläge?

Natürlich geht es ums Thema Wohnen. Es ist aber auch ein großer Wunsch nach sportlichen und geselligen Angeboten da. Einige Vorschläge klingen interessant und sind auch ohne großen Aufwand umsetzbar. Wir werden mit Vereinsvorständen und der Kulturgruppe darüber reden. Details werden nach der vollständigen Auswertung öffentlich vorgestellt.

Wie ist der Stand der Dinge bei der Arbeitsgruppe Verkehr und Mobilität?
Royal

Wir haben auf Anregung der Arbeitsgruppe eine weitere Geschwindigkeitsanzeigeanlage angeschafft. Die Gruppe wird sich demnächst mit Gefahrensituationen im Ort befassen. Und man ist bereit, sich mit dicken Brettern zu befassen. Dazu sollen die Verkehrsströme nachvollzogen werden. Die Schwerpunkte, die mit Planern und Ordnungsamt besprochen werden sollen, stehen fest.

Die Kulturgruppe hat mit dem Seimelgarten bereits ein Vorhaben umgesetzt. Wie kommt das an?
Royal

Gerade der Seimelgarten motiviert uns zum Weitermachen. Und es ist toll, dass das Engagement so unterstützt wird. Ohne die Leader-Förderung und Spenden wäre das nicht machbar gewesen. Aber es zeigt: Engagement lohnt sich – zumindest manchmal. Es ist der Hammer, wie die Gruppe das gemeistert hat. Das Projekt ist mittlerweile zu einem Vorbild geworden, zuletzt war jemand aus Offenburg da, um sich zu informieren. Inzwischen ist auch der Brotbackofen in Betrieb, eine offizielle Eröffnung war wegen Corona leider nicht möglich.

Wie hat die Corona-Pandemie den Beteiligungsprozess beeinträchtigt?
Royal

Wir waren mit allen Gruppen im Februar, März noch voll in Fahrt und mussten dann von 100 auf Null runterbremsen. Im Sommer haben alle Gruppen wieder losgelegt, und nun die nächste Vollbremsung. Die Exkursion nach Neuweiler und Ringingen war bislang nicht möglich, und ich bin auch skeptisch, dass es in absehbarer Zeit möglich sein wird, mit einem voll besetzten Bus hinzufahren und Führungen zu machen. Das ist schade, denn wir hatten uns davon einige Anregungen erhofft. In Ringingen gibt es beispielsweise eine sehr gute Kooperation zwischen Kirche und Kommune, die zu einem gemeinsamen Zentrum führte. Auch anderes war nicht möglich, etwa die geplanten Kleinkunstveranstaltungen oder die Vorstellung der ersten Skizzen für das Ortszentrum.

Wird der Prozess Vimbuch verändern?
Royal

Mit Sicherheit kann der Beteiligungsprozess zu einer großen Veränderung führen. Wenn das neue Dorfzentrum so entsteht, wie wir uns das vorstellen, wird sich der Ort anders darstellen. Wir hätten dann ganz andere Möglichkeiten für die Vereine, eine deutlich bessere Infrastruktur für kleinere Feste und Veranstaltungen. Kleine Hocks würden beispielsweise deutlich einfacher zu organisieren sein als auf dem Rathausplatz, und dann wird man sie vielleicht auch öfter machen. Die Räume wären barrierefrei, das ist unsere Ortsverwaltung nicht.

Wie sieht es mit den Kosten aus?
Royal

Die Bürgerbeteiligung kostet uns maximal 30.000 Euro, und davon können 40 Prozent durch einen Zuschuss für die externe Beratung abgedeckt werden. Das sind die einzigen direkten Kosten, die entstehen.

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