Mit den ursprünglichen Plänen für das Seniorenzentrum Neusatzeck hat der neue Entwurf nicht mehr viel zu tun. Wie berichtet hat der Baden-Badener Projektentwickler Bernd Matthias den Architekten für das umstrittene Großprojekt auf dem Gelände des Mutterhauses des Klosters Neusatzeck gewechselt. Der neue Entwurf von Martin Kemminer, der die Bauaufgabe in zwei Baukörper auflöst, liegt der Redaktion jetzt vor.
Der vorherige gleich mehrfach überarbeitete Entwurf eines Stuttgarter Architekten sah zwischenzeitlich neben dem Erhalt des Ursprungsbaus des Mutterhauses aus dem Jahr 1928 auch den des talseitig anschließenden sogenannten Wurm-Baus von 1981 vor.
Jetzt soll der unattraktive Trakt der 1980er Jahre durch einen Neubau über U-förmigen Grundriss ersetzt werden. Erhalten bleiben muss hingegen der viergeschossige zentrale Baukörper der 1920er Jahre, weil sich im hohen Dachgeschoss die Wochenstube des artengeschützten Grauen Langohrs befindet.
Karlsruher Architekt verfolgt anderen Ansatz als sein Vorgänger
Auf große Ablehnung ist in Neusatz der massive viergeschossige Baukörper östlich des Mutterhauses des Stuttgarter Architekten gestoßen, der sich unmittelbar oberhalb der Schwarzwaldstraße erheben sollte. Er sollte das bestehende Ökonomiegebäude ersetzen, das wegen Baufälligkeit abgerissen wird.
Der Karlsruher Architekt Martin Kemminer macht nun alles besser als sein Vorgänger.
An der Stelle des Ökonomiegebäudes entsteht dort ein nur noch dreigeschossiger Baukörper, der weit von der Schwarzwaldstraße abgerückt ist. Der rund 100 Meter lange Trakt ist gegen den Berg nur zweigeschossig und trägt ein flaches Satteldach mit einer Neigung von zehn Grad. Dieser Baukörper erhebt sich über T-förmigem Grundriss mit einem abgestuften und dem Hang angepassten Trakt in Richtung Schwarzwaldstraße.
Der U-förmige Baukörper in Richtung Tal, der den Wurm-Bau ersetzt, ist dreigeschossig über einem hohen Sockelgeschoss für eine Tiefgarage mit 28 Stellplätzen. Er besitzt ein zusätzliches Penthouse-Geschoss. Laubengängen rahmen den Innenhof ein. In diesem Gebäude wird betreutes Wohnen angeboten. Der Projektentwickler spricht von Servicewohnen. Im Mutterhaus von 1928 wird die Infrastruktur des Seniorenzentrums, das den Namen Haus Barbara erhalten soll, konzentriert.
Im Erdgeschoss ist ein Geschäft für den täglichen Zusatzbedarf geplant, die Kapelle soll in einen allgemeinen Veranstaltungsraum umgewandelt werden. Außerdem kommen die Hausverwaltung, ein Friseur, ein Kosmetikstudio und 29 Mitarbeiterwohnungen ins Mutterhaus.
Altersheim mit bis zu 100 Zimmern
Im östlichen Baukörper in Richtung Schwarzwald über T-förmigem Grundriss befindet sich das eigentliche Altersheim. Dort soll es 100 Zimmer für Senioren in mehreren Wohngruppen geben, außerdem eine Tagespflege mit bis zu 20 Plätzen. Im Sockelgeschoss des kurzen Flügels in Richtung Schwarzwaldstraße entsteht eine weitere Tiefgarage mit 15 Stellplätzen. Zusätzlich sind knapp drei Dutzend Außenstellplätze geplant.
Zwei „Aussparungen” des Satteldachs rhythmitisieren den lang gestreckten Baukörper. Das hat nicht nur gestalterische Gründe, sondern soll im Sinne des Natur- und Artenschutzes auch die Einflugmöglichkeiten der Fledermäuse verbessern.
Das Seniorenzentrum wird in jedem Geschoss von Galerien begleitet, die den Bewohnern als Balkone mit einem Ausblick auf das denkmalgeschützte Josef-Bäder-Haus des Klosters Neusatzeck auf der anderen Seite der Schwarzwaldstraße dienen. Zwischen Straße und Seniorenzentrum befindet sich der schöne Demenzgarten mit einem Rundweg.
Architekt Kemminer gliedert Baumassen geschickt
Kemminer hat die beachtlichen Baumassen geschickt gegliedert. Sie fügen sich gut in die Landschaft des Schwarzwaldseitentals ein. Dazu trägt auch die Holzverschalung aller Gebäude bei. Der Neubau, der auf den Wurm-Bau ersetzen soll, ist ohne Zweifel besser als der Bestand und wirkt auch weniger dominant.
Der lang gestreckte Trakt für das eigentliche Altersheim passt durch seine geringere Höhe und das Abrücken von der Schwarzwaldstraße wesentlich besser in die sensible Landschaft als der Stuttgarter Entwurf in seinen verschiedenen Varianten. Die Holzverschalung orientiert sich an historischen Vorbilden im Schwarzwald. Weniger gelungen ist die kaum gegliederte und schmucklose Giebelfassade des T-förmigen Baus, der an die Schwarzwaldstraße grenzt.
Fledermäuse dürfen durch Abriss nicht gestört werden
Um die artengeschützten Fledermäuse während der Aufzucht ihrer Jungen nicht zu stören, ist ein Abriss der Bestandsgebäude in Neusatzeck nur in den Monaten September bis März möglich. Projektentwickler Bernd Matthias berichtet, dass die Pläne für den Bauantrag weitgehend fertig sind.
Er wartet auf die Zustimmung des Gemeinderates, der sich am 17. Juni mit dem Thema beschäftigt. Diese Zustimmung vorausgesetzt will Matthias im Dezember mit den Bauarbeiten beginnen. Unklar ist aktuell, ob man das Seniorenzentrum in konventioneller oder in Modulbauweise ausführen wird. Matthias rechnet bei der konventionellen Bauweise mit 15 bis 18 Monaten, bei der Modulbauweise mit zwölf Monaten Bauzeit.