
Natürlich findet er sich irgendwo in diesen zwölf Kalenderblättern. Da steht der Begriff, halt, genauer: Da schwebt er über der Stadt, die er charakterisiert. Die „Zwetschgenstadt“ hat im Sommer mitunter so hohe Diskussionstemperaturen erreicht, dass sich mancher Zwetschgenwurm erschrocken noch tiefer in das blaue Früchtchen zurückgezogen hat, dem die Stadt ihren Namen geliehen hat.
Das offizielle Plazet aus Stuttgart, den kommunalen Zusatztitel nutzen zu dürfen, steht noch aus. Der Bühler Zwetschge aber scheint zumindest symbolisch schon neues Leben eingehaucht worden zu sein: Heinz Wendling greift das Thema auf und hat unter dem Titel „Blaues Wunder“ einen Kalender gestaltet, der, so der Untertitel, „Originelles über die Bühler Zwetschge“ liefert.
Auf Du und und Du mit der Zwetschge
Der Grafiker steht auf Du und Du mit der Bühler Zwetschge. Er verfasste und inszenierte das bei den Heimattagen Baden-Württemberg 2011 aufgeführte „Zwetschgen-Spektakulum“ und legte im selben Jahr ein Büchlein mit Zwetschgen-Aquarellen und -Gschichtle“ vor. Danach war für ihn der Baum der Zwetschgenkunst erst mal abgeerntet. In diesem Sommer begannen aber neue Früchte zu reifen.

Die Diskussion um den Titel Zwetschgenstadt war Doping für Wendlings kreative Ader. Er verbannte zeichnerisch die Zwetschge hinter Gittern und textete mit spitzem Stift ein kritsch-humoristisches Gedicht dazu. Die Reaktionen darauf seien „fast nicht in Worte zu fassen“ gewesen. Wendling berichtet von einer Frau, die ihn auf der Straße erkannt habe und geradezu vom Fahrrad gesprungen sei, um sich bei ihm zu bedanken. Ein Bekannter wiederum habe ihm berichtet, dass er zum ersten Mal einen Artikel aus der Zeitung ausgeschnitten und gerahmt habe.
Das Objekt Zwetschge ist in Bild und Text ein super Stoff.Heinz Wendling Grafiker
So belebte Wendling eine alte Idee neu: einen Zwetschgenkalender mit seinen Illustrationen aufzulegen. Schon durch das Jahr 2008 hatte ein Zwetschgenkalender begleitet. Zur Einweihung des Stadtmuseums 2007 in der Schwanenstraße hatte Wendling eine Reihe von Bildern von Bühl und natürlich seiner Nationalfrucht ausgestellt; eine Präsentation des Kalenders begleitete die Schau.
Dass es bis zum Nachfolger satte 15 Jahre dauerte, lag an gewissen Enttäuschungen. Er sei damals von verschiedenen Stellen gedrängt worden, eine möglichst große Auflage drucken zu lassen, 2.000 wurden es dann. Die damit verbundenen Zusagen, eine entsprechende Menge abzunehmen, seien aber nicht eingehalten worden.
Zwetschge ersetzt Schwarzwaldkalender
In den vergangenen Jahren verlegte sich Wendling auf einen Schwarzwaldkalender. Jetzt ersetzt die Zwetschge den Schwarzwald. Das stößt auch fernab von Bühl auf Interesse. Eine Frau aus Nordrhein-Westfalen, die zu den Käuferinnen des Schwarzwaldkalenders zählte und der er in einer Mail die Gründe für den Wechsel erläuterte, antworte umgehend: „Dann nehme ich dieses Jahr mal einen Zwetschgenkalender. Sie ist bei uns ja auch nicht so unbekannt.“
Die eine Hälfte der Motive ist neu, die andere fand bereits irgendwo Verwendung. Was sie eint: Sie versprühen einen mal hintersinnigen, mal anarchischen Witz. Dazu binden sie hier und da Ansichten von Bühl und Kappelwindeck mit ein. Bei den kurzen Texten lugt schon mal der über viele Jahre in der Allda-Bütt erfolgreiche Redner um die Ecke: „Jeden treibt es jetzt aufs Feld, denn jeder denkt ans Quetschegeld. Auch Oma und Opa sind dabei und sind dann plötzlich schwindelfrei.“ Inspirieren lässt sich Wendling dabei von seinen Aquarellen, stets folgt das Wort der Zeichnung.
Jeden treibt es jetzt aufs Feld, denn jeder denkt ans Quetschegeld.Heinz Wendling Grafiker
Wendling hat wieder Gefallen am Kunstobjekt an der „Prunus domestica Bühler Frühzwetschge“ gefunden, eine Postkartenserie etwa sei denkbar. Zum Kalender gibt’s übrigens eine Zugabe: Wendling legt eine Karte für Bühler Weihnachtsgrüße bei, auf der der Zwetschgenballon samt Nikolaus über Bühl fährt – in dem nicht nur der Winter, sondern auch die Zwetschgenharmonie wieder eingezogen ist.
Service
Der Kalender im Format A 4 hat eine Auflage von 200 Stück, die Hälfte hat die Stadt Bühl bereits abgenommen. Er kostet zehn Euro und ist zu beziehen über Heinz Wendling (werbeatelier-wendling@gmx.de)