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Straßenumbenennung in Bühl

Die Weiße Rose hat Alban Stolz abgelöst

Alban Stolz musste in seiner Heimatstadt Bühl der Weißen Rose weichen. Die Umbenennung der Straße ist jetzt vollzogen worden, weil Stolz wegen seiner zahlreichen antisemitischen Äußerungen dem Gemeinderat nicht mehr tragbar schien. Das gefällt nicht jedem.

Straßenschild wird enthüllt
Der neue Name ist jetzt offiziell: Oberbürgermeister Hubert Schnurr und Bürgermeister Wolfgang Jokerst enthüllten das Straßenschild. Foto: Wilfried Lienhard

Noch hängt am Eckhaus zur Gartenstraße das Schild Alban-Stolz-Straße. Auf der gegenüberliegenden Seite kündet ein Schild vom neuen, vom offiziellen Namen: Straße der Weißen Rose. Oberbürgermeister Hubert Schnurr und Bürgermeister Wolfgang Jokerst enthüllten am Donnerstagnachmittag am anderen Ende der Straße in einer kurzen Zeremonie das bis dahin verhüllte Straßenschild.

Das war’s dann auch schon, Reden waren wegen der Corona-Regeln nicht möglich. Etliche Mitglieder des Gemeinderats verfolgten die Aktion, vor der eine Anwohnerin ihren Protest gegen die Umbenennung energisch bekräftigte.

Jahrelange Diskussion um Stolz’ Antisemitismus hat ein Ende

Die Enthüllung des Straßenschilds setzte den Schlusspunkt unter eine jahrelange Diskussion, die seit mindestens zehn Jahren geführt worden sei, sagte SPD-Stadträtin Barbara Becker am Rande. Die Frage, ob der wegen seiner massiven antisemitischen Äußerungen in den Blickpunkt geratene Theologe und Volksschriftsteller weiterhin die Ehre einer nach ihm benannten Straße haben dürfe, wurde mal mehr, mal weniger intensiv geführt.

Dass Stolz, der 1808 in Bühl geboren wurde und nach seinem Tod 1883 hier auch seine letzte Ruhestätte fand, in seinem Werk zahlreiche Äußerungen tätigte, die als antisemitisch einzustufen sind, war schon seit langer Zeit bekannt. Die Regensburger Habilitationsschrift des Theologen Michael Langer „Zwischen Vorurteil und Aggression. Zum Judenbild in der deutschsprachigen katholischen Volksbildung des 19. Jahrhunderts“ von 1994 benannte dies schon klar.

Freiburger Historikerkommission setzte Namen 2016 auf den Index

Konkret wurde die Umbenennung durch zwei Dinge: den Antrag eines Bühler Bürgers, die seit 1928 nach Stolz benannte Straße umzubenennen, und die Diskussion um Straßenbenennungen in Freiburg. Dort hatte im Jahr 2016 eine Historikerkommission die Straßennamen geprüft und auch Alban Stolz auf den Index gesetzt. In Freiburg hatte Stolz unter anderem an der Universität gewirkt.

Für die Kommission ist Stolz einer „der wichtigsten antisemitischen Publizisten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts“. Seine Sprache sei durchzogen von Insekten- und Seuchenmetaphern, und er gehe in seinem „antisemitischen Wahnsystem“ weit über die in seiner Zeit verbreiteten antijüdischen Vorurteile hinaus.

In Bühl gab das der Diskussion um den einst als größten Sohn der Stadt gerühmten Theologen neue Nahrung. Der Historiker Volker Ilgen, Mitglied der Freiburger Kommission, referierte im Gemeinderat und im Juli 2019 in einer Bürgerversammlung über Stolz. Im Januar dieses Jahres schließlich fasste der Gemeinderat den einstimmigen Grundsatzbeschluss zur Umbenennung der Straße.

Anwohner haben sich gegen die Umbenennung ausgesprochen

Etliche Anwohner waren damit nicht einverstanden und lehnten in zwei Befragungen die Umbenennung ab. Im September folgte bei einer Enthaltung die Entscheidung über den künftigen Straßennamen. Die Enthaltung richtete sich nicht gegen die Umbenennung als solche, vielmehr war der Name des jüdischen Architekten Fritz Hirsch, der einst in dieser Straße zwei Häuser gebaut hat, als bessere Wahl betrachtet worden.

Zunächst war im Gemeinderat die Bezeichnung Anneliese-Knoop-Graf-Straße erwogen worden. Wegen der Länge des Namens gab es indes Bedenken. Um aber im personellen Kontext zu bleiben, ging es zur Straße der Weißen Rose. Ein unter dem neuen Straßennamen angebrachtes Zusatzschild enthält eine Erläuterung zu dieser Widerstandsgruppe.

Die jungen Leute, die sich während der Nazi-Diktatur als „Weiße Rose“ gegen dieses Regime stemmten, hatten ihr Leben bewusst für freiheitliche Ideale riskiert. Der Widerstandsgruppe gehörte unter anderem der im NS-Staat ermordete Willi Graf an, der Bruder der Bühler Ehrenbürgerin Anneliese Knoop-Graf, die bis zu ihrem Lebensende unermüdlich die Botschaft ihres Bruders und ihrer Freunde weitergetragen hat.

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