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Mehrfachbelastung

Erschließungs-Beiträge in Bühl: Für Besitzer bestimmter Grundstücke wird es teurer

Das Erschließungsbeitragsrecht ist eine komplizierte Materie. Wozu sich der Bühler Gemeinderat jetzt gezwungen sieht, hält er für nicht richtig.

Baggerarbeiten
Bei manchen Grundstücken können die Erschließungsarbeiten gleich dreimal zu Buche schlagen. Von der bisherigen Regelung, die dies verhinderte, muss die Stadt abrücken. Foto: Schulzfoto/Adobe Stock

Manches Mal steht der Gemeinderat vor einem Dilemma: Was die Verwaltung ihm vorschlägt, möchte er eigentlich ablehnen, erst recht, wenn die Verwaltung ihren Vorschlag selbst nur höchst ungern vorlegt. Aber der Gemeinderat stimmt zu, weil er am Ende gar nicht anders kann. So geschehen jetzt bei der Änderung der Erschließungsbeitragssatzung: Bei vier Enthaltungen und nicht wirklich überzeugt billigte das Gremium den Schritt.

Die Sache ist einigermaßen kompliziert. Die Satzung stammt aus dem Jahr 2006, sie wurde 2011 und letztmals 2016 geändert. Die Stadtverwaltung orientierte sich dabei an der Mustersatzung des Gemeindetags Baden-Württemberg. Der wiederum hat zwischenzeitlich Änderungen vorgenommen und empfiehlt den Kommunen eine entsprechende Anpassung.

Der Knackpunkt ist der Umgang mit der schon vor 2006 geltenden „Eckgrundstücksvergünstigung“ für mehrfach erschlossene Grundstücke. Diese Regelung soll verhindern, dass ein schon erschlossenes beitragspflichtiges Grundstück jedes Mal zum vollen Beitrag herangezogen werden muss, wenn weitere Erschließungsanlagen gebaut werden.

Knapp zusammengefasst: Die Klausel verhindert, dass ein solches Grundstück im ungünstigsten Fall statt mit 300 Prozent nur mit 183 Prozent der Nutzungsfläche veranschlagt wird.

Bei Eckgrundstücken kann es teurer werden

Als im Jahr 2005 das Beitragsrecht vom Bundes- zum Landesrecht überging, kam eine weitere Regelung hinzu. Sie ließ zu, Grundstücke, für welche die Besitzer bereits einen hundertprozentigen Erschließungsbeitrag bezahlt hatten, diese nur anteilig oder überhaupt nicht mehr an der Finanzierung weiterer Erschließungen zu beteiligen.

Die Stadt Bühl nutzte diese Möglichkeit und zog kein bereits mit 100 Prozent berechnetes Grundstück zu weiteren Erschließungsbeiträgen heran. Genau das wird sie aber künftig wieder tun müssen (per genannter Eckgrundstücksvergünstigung).

Die Gemeindeprüfanstalt und der Gemeindetag halten das bisherige Vorgehen für nicht vereinbar mit dem Willkürverbot und dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes. Denn wenn Grundstücksbesitzer von Beiträgen ausgenommen sind, steigen diese für die anderen Grundstückseigner, die sich in der selben Straße befinden. Auch die neuerliche Rechtsprechung beurteilt solche Erleichterungsregelungen zunehmend als rechtswidrig. Bei einer etwaigen Klage eines Besitzers eines Grundstückes wäre das Risiko einer Niederlage vor Gericht damit sehr hoch.

Gemeinderat folgt wenig überzeugt

Thomas Bauer, der Fachbereichsleiter Finanzen – Beteiligungen – Liegenschaften, sprach von einer doppelten Rolle rückwärts: „Wenn es nach mir ginge, würden wir es nicht machen.“ Das Bühler Ziel 2005 sei ein „Stück Beitragsgerechtigkeit“ gewesen und von den betroffenen Grundstücksbesitzern auch akzeptiert worden. Klagen habe es keine gegeben.

Walter Seifermann (GAL) gab ein komplett fehlendes Verständnis für Rechtslage und Rechtsprechung zu Protokoll: „Die sind nicht ganz dicht, anders kann ich es nicht sagen“. Das Vorgehen sei weder gerecht noch nachvollziehbar.

Das sah auch Karl Ehinger (FW) so, aus Gründen der Rechtssicherheit müsse man aber zustimmen. „Wir prügeln hier die Falschen“, fügte Pit Hirn (SPD) hinzu. Streit werde es bei diesem Thema grundsätzlich immer geben: „Wir müssen das einfach so beschließen“. Sein Fraktionskollege Ulrich Nagel wies darauf hin, dass ohne Änderungen der Satzung keine wirksame Abrechnung von Erschließungsbeiträgen möglich sei.

Lutz Jäckel (FDP) fragte nach Wegen, eine Änderung herbeizuführen. Die sah Thomas Bauer mit Blick auf die eindeutige Tendenz der Rechtsprechung nicht. Georg Feuerer (CDU) überlegte, ob es nicht besser wäre, es auf eine Klage ankommen zu lassen, um Klarheit zu bekommen. Doch verwarf er den Gedanken wieder.

Oberbürgermeister Hubert Schnurr (FW) müsste im Falle einer Ablehnung Widerspruch gegen den Gemeinderatsbeschluss einlegen, um Schaden von der Stadt abzuwenden. In die Bredouille wolle er ihn nicht bringen, meinte Feuerer: „Letztlich ist es ein Gerichtsrisiko. Das muss nicht Bühl tragen. Es ist ein heikles Thema, das in der Sache nicht nur uns betrifft.“

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