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Finanzielle Hilfen nicht überall angekommen

Flut-Helfer aus Bühl: Wiederaufbau im Ahrtal ist noch längst nicht beendet

Über ein Jahr ist die Flutkatastrophe im Ahrtal her. Noch immer sind Helfer aus Bühl dort im Einsatz. Sie sehen einen harten Winter auf viele Betroffene zukommen.

Paar mit Kisten
Anke Zink mit ihrem Mann bei einem Hilfseinsatz im Ahrtal in diesem Sommer. Foto: Doris Pöstges

Einiges hat sich getan im Ahrtal, seit Anke Zink aus Ottersweier erstmals zu einem Hilfseinsatz gen Norden fuhr. Aber: „Viel zu wenig“, bilanziert sie. Doch sie beklagt: „Die Politiker erzählen am Jahrestag der Flutkatastrophe, dass man die Opfer nicht vergessen werde, und verschwinden wieder. Es folgen keine Taten. Die Menschen sind müde und frustriert.“

Zink ist nah dran geblieben an den Betroffenen. Sie erzählt von „Doris und Jörg“ oder „Anita und Mario“, die zu Freunden wurden. Man lädt sich auch zu Feiern ein. Mindestens alle 14 Tage, sagt Zink, reisten sie und ihr Mann „runter“. Zink sorgt mit dafür, dass die Opfer nicht vergessen werden.

Sie „putzt Klinken“ etwa bei Firmen, informiert per Whatsapp-Gruppe über den Bedarf vor Ort. „Es gibt sehr großzügige Spender“, lobt sie etwa Peters gute Backstube. Auch Metzgereien, Hofläden oder Getränkemärkte geben ihr regelmäßig Waren mit auf den Weg. „Privatpersonen spenden ebenfalls. Aber insgesamt geht die Hilfsbereitschaft zurück.“

Infrastruktur im Ahrtal ist noch längst nicht wieder voll hergestellt

Das bestätigt Sandra Rettig, die sich gemeinsam mit ihrer Familie engagiert. „Das Unglück ist nun recht lange her, und viele Leute müssen darüber hinaus aktuell schauen, dass sie selbst finanziell klar kommen.“ Gründe, „am Ball zu bleiben“, gibt es Zink zufolge indes genug. „Die Infrastruktur im Ahrtal wird allmählich wieder aufgebaut, aber oft wohnen die Menschen bis zu 20 Kilometer vom nächsten Supermarkt entfernt. Wenn sie kein Auto haben, ist das echt ein Problem.“

Aus ihrer Sicht „wäre es für uns hier doch so einfach“: Spendete jeder pro Einkauf nur ein Duschgel oder ein Putzmittel für die Betroffenen, hätte sie das Auto im Handumdrehen voll. Mit gespendetem Geld wiederum besorge sie vor Ort etwa Lebensmittel. „Wenn ich kurz vor der Heimfahrt noch Sachen habe, werden die von einer Freundin verteilt.“

Paar
Peter und Anette Rogge bringen regelmäßig Spenden ins Ahrtal. Sie haben dort auch schon Freundschaften geknüpft. Foto: Katrin König-Derki

Diese betäube sich, indem sie Menschen helfe, die es noch schlimmer getroffen habe als sie selbst. „Das ist ihre Therapie, denn bei Psychologen sind die Wartelisten lang, und die Traumata sitzen tief. Wenn es regnet, laufen bis heute die Keller voll, weil die Kanalisation noch nicht instandgesetzt wurde: Dann sitzen die Leute voller Angst auf gepackten Koffern. Die werden mit Regen nie wieder normal umgehen können.“ Rettig erzählt von Suiziden; allein in einem Dorf wisse sie von fünf, unter ihnen ein 14-Jähriger.

Manche Menschen im Ahrtal warten bis heute auf die versprochenen Hilfen

Auch Peter Rogge aus Bühlertal hat sich von Beginn an im Flutgebiet eingebracht – und skizziert ein ähnliches Bild. Manche Leute warteten bis heute auf finanzielle Hilfen, sagt er: Die Anträge seien komplex, und man fordere Papiere, die teils durch die Flut verlorengegangen seien.

„Jetzt werden in der Pfalz auch noch die letzten Versorgungszelte geschlossen, obwohl viele Menschen noch immer keine Küche haben.“ Da Renovierungen und Neubauten oft noch nicht fertiggestellt sind, befürchtet Rogge einen harten Winter für die Menschen im Ahrtal. „Meine Frau und ich überlegen daher, erneut warme Sachen wie gestrickte Socken für sie zu sammeln.“ Das Paar fährt immer mal wieder mit Spenden in die Region, ist mit einer Familie inzwischen befreundet.

Peter Rogge weist schließlich noch darauf hin, dass das Ahrtal zum Urlaub einlade. „Es gibt wieder geöffnete Hotels, auch der Weinwanderweg ist zugänglich. Tourismus ist ein Weg, um die Menschen zu unterstützen und ihnen das Gefühl zu geben, sie nicht im Stich zu lassen. Sie sind dankbar für jeden, der kommt.“

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