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Modellbauer aus Leidenschaft

Jürgen Schönle will das Unmögliche möglich machen

Das größte Indoor-Flugzeug der Welt gebaut und in die Luft gebracht zu haben. Diesen Weltrekord hielt der Bühler Jürgen Schönle für einige Zeit. Der Tüftler ist seit klein auf begeistert von Modellflugzeugen.

Ein Mann mit Bart, Brille und Fernsteuerung steht neben einem Modellflugzeug
Jürgen Schönle interessiert sich für alles, was fliegt. Foto: pr

Jürgen Schönles Einstellung zu seinem Hobby ist allumfassend. „Alles, was fliegt, interessiert mich“, sagt der 30-Jährige.

Schon als Steppke im Kindergarten sah der Bühler draußen lieber den Vögeln bei ihren Flugmanövern zu, als sich mit anderen um Sandförmchen oder Schaufeln zu streiten.

Sein Vater brachte ihm dann den Flugzeugmodellbau nahe, „Standmodelle“, wie Schönle berichtet. Schon bald folgten die ferngesteuerten „Flieger“; inzwischen ist er Modellbauer und -pilot, Erfinder, Entwickler und Weltrekordhalter.

Auftritt bei den Bühler Bisons

Seit dem Heimspiel des Bundesligisten TV Bühl gegen Königs Wusterhausen wissen auch einige hundert Volleyball-Fans um Schönles hohe Kunst der Modellfliegerei. Sein dreiminütiges „Aeromusical“, bei dem der gelernte Feinwerkmechaniker ein beleuchtetes Showmodell durch die dunkle Großsporthalle tanzen ließ, begeisterte die Zuschauern auf den Rängen.

Üben, üben, üben.
Jürgen Schönle, Modellflugzeugpilot

„Ich habe für diesen Auftritt viel trainiert“, berichtet Schönle. Die Schwierigkeit sei das Netz gewesen, „das musste ich in die Kür einbeziehen.“ Aber er hat es mal wieder hinbekommen, und als die MXS wieder sicher gelandet war, gab es donnernden Beifall.

„Üben, üben, üben“, heißt sein Credo, wie bei allen Piloten macht es die Erfahrung. Trainingsstätte für den beim MSV Bühl-Moos beheimaten Piloten ist die Rhein-Rench-Halle in Helmlingen. Jedes noch so kleine Manöver muss der Mensch an der Steuerung perfekt beherrschen, zum Nachdenken gebe es keine Zeit. Gerade beim Hallenflug sei die Verantwortung sehr groß, vor allem mit Blick auf die Zuschauer.

Modellfliegen: Lehrreiche Anfangszeit

Die Anfangszeit als Modellflieger bezeichnet Schönle als „sehr lehrreich“, da gab es auch mal eine Bruchlandung. Inzwischen hat das Training dank Kollege Computer neue Dimensionen bekommen – am Flugsimulator lässt sich alles ausprobieren, ohne Schaden zu erzeugen.

„Da drückt man auf den Knopf und startet neu durch.“ Schönle ist ein Tüftler mit Leib und Seele. Einfach etwas von der Stange kaufen will er nicht, geht aber auch nicht.

Modellflugzeug mit Geschichte

Im Hallenmodellflug, den der 30-Jährige in Perfektion beherrscht, zählt vor allem eines: Das Fluggerät muss leicht sein. Die MXS, die Schönle bei den Volleyballern im Einsatz hatte, wiegt – mit Akku – gerade einmal 180 Gramm und hat eine Spannweite von einem Meter. Und weil es bei dem Bühler nichts von der Stange gibt, hat der Flieger natürlich eine besondere Historie. Gebaut hat ihn ein Modellbaukumpel Schönles in Litauen. Die MXS flog bei zahlreichen Veranstaltungen, unter anderem in China, bevor sie nach Bühl kam.

Schönles Karriere in Sachen Hallenfliegerei begann bei einem Indoor-Flugtag in Aldingen (Landkreis Tuttlingen). „Da hat mich der Moderator gefragt, ob ich bei der Modellbaumesse in Sinsheim auftreten wolle“, berichtet der 30-Jährige. Seine Premiere vor großem Fachpublikum im Jahr 2009 empfand der Badener als „wahnsinnig aufregend“.

Es war der Türöffner, danach ging es Schlag auf Schlag. Er lernte die Spezialisten seiner Zunft kennen, kam zum Deutschen Modell-Flieger Verband (DMFV) – vergleichbar mit dem ADAC bei den Autofahrern –, baute sich sein Netzwerk auf, fand seinen Hauptsponsor in einem renommierten österreichischen Modellbauhändler und „zündete“ dann die zweite Stufe seiner Fliegerlaufbahn: aufwendige Flugschauen in der Halle.

Schönle ist bei vielen Messen am Start

Inzwischen war Schönle bei zahlreichen Fachmessen am Start, so im österreichischen Wels, in Dortmund, Friedrichshafen, Leipzig und Stuttgart, um nur die größten zu nennen. Zudem zeigte er seine Kunst bei Flugtagen, wurde und wird auch schon mal für eine Hochzeit oder einen Geburtstag gebucht, oder – wie im Februar – von den Bühler Bisons. Und eigentlich ist der Kalender für 2019 in Sachen Flugschauen wieder prall gefüllt. Doch vermutlich wird Schönle etwas kürzer treten müssen, seine Ehefrau und er erwarten Nachwuchs.

Maschinen entstehen in eigener Werkstatt

Die Maschinen der Schönleschen Luftflotte entstehen in seiner Werkstatt. Das Hauptmaterial sind Hartschaumplatten in drei oder sechs Millimeter Stärke.

„Für Ultraleicht ist das zu dick“, erklärt der Modellbauprofi, deshalb habe er sich einen Spaltvollautomat konstruiert. Mittels eines heißen Drahts lassen sich die Platten nun auf 0,6 bis 0,8 Millimeter Materialstärke schneiden. Mit Kohlefaser wird das Ganze dann verstärkt.

So schaffte es Schönle zum Beispiel, eine Corsair (Chance Vought F4U, US-amerikanisches Kampfflugzeug, das im Pazifik- und Koreakrieg zum Einsatz kam) zu bauen, die bei drei Metern Spannweite nur vier Kilo wiegt. Das Vorbild des Hallenfliegers konnte auf Flugzeugträgern stationiert werden und hatte deshalb einklappbare Tragflächen.

Einziehfahrwerk und klappbare Tragflächen

Klar, dass Schönles Corsair diese Besonderheit besitzt, ebenso ein Einziehfahrwerk und nicht zuletzt einen mächtigen Propeller mit etwa 1,30 Meter Durchmesser. Dazu kommt eine aufwendige Steuerungselektronik.

Um die Maschine möglichst leicht zu machen, hat der 30-Jährige den Antrieb selbst konstruiert. Und nur eine Zahl zum Vergleich: Ein vergleichbares Modell, das draußen geflogen wird, wiegt um die 25 Kilogramm.

Modellbauer aus Bühl ist auch Weltrekordler

Weltrekordler ist der Modellbauer aus Bühl ebenfalls: Zum einen baute er die legendäre CriCri (Grille) nach, ein voll funktionsfähiges französisches Kleinstflugzeug mit nur 63 Kilogramm Gewicht, das der Ingenieur Michel Colomban entwickelt hat. Schönle baute die Maschine in Orignalgröße nach, allerdings wog sie in seiner Version nur fünf Kilogramm.

Bestmarke für die meisten gleichzeitig schwebenden Flugzeuge

Auf der Modellbaumesse in Leipzig im Jahr 2011 flog er die CriCri und durfte sich anschließend ans Revers heften, das bis dato größte Indoor-Flugzeug der Welt gebaut und in die Luft gebracht zu haben.

Die Faszination, das Unmögliche möglich zu machen.
Jürgen Schönle, Modellflugzeugpilot

Diese Bestmarke ist inzwischen geknackt, doch weiterhin hält Schönle – zusammen mit 39 Kollegen – den Weltrekord für die meisten vertikal schwebenden Modellflugzeuge. Eine Minute hielten die Piloten ihre Maschinen gleichzeitig in der Luft. Das war im Dezember 2016 bei der vom DMFV veranstalteten Meisterschaft im Indoor-Kunstflug in Mannheim.

„Die Faszination ist, das Unmögliche möglich zu machen“, begründet Schönle die Lust an seinem Hobby, vor allem reize es ihn, Projekte zu verwirklichen, von denen viele Leute sagen, das funktioniere nicht. In diesem Kontext entstand für einen guten Bekannten der Nachbau eines A 380.

Airbus stellt die Produktion des Super-Passagierfliegers in rund zwei Jahren ein. Das flugfähige Indoor-Modell im Maßstab 1:144 hat 55 Zentimeter Spannweite und wiegt samt Antrieb, Steuerung und Akku nur 19,7 Gramm. Schönle hat für dieses Projekt eine Tiefziehmaschine entwickelt, um den Hartschaumplatten die Rundungen der Airbus-Teile „beibiegen“ zu können.

Modellflug hat Priorität vor großer Luftfahrt

Und die „große“ Luftfahrt? „Ich fliege gern in Urlaub, bin schon in einer Cessna und im Ultraleichtflieger unterwegs gewesen. Priorität hat aber der Modellflug“, so Schönle. Er ist mit seinem Hobby auch draußen aktiv, fliegt Hubschrauber wie Segler, Modelle mit Benzinmotor ebenso wie mit Turbinenantrieb. Doch das ist eine andere Geschichte.

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