Skip to main content

Polizeirevier Bühl

Jugendkriminalität in der Region: Private Pornobilder sind fast alltäglich

Die Jugendkriminalität hat sich im Laufe der vergangenen Jahre erheblich verändert. Der Grund ist das Internet. Beleidigungen und Verleumdungen auf virtuellem Weg sind alltäglich geworden, ebenso das Versenden von pornografischen Bildern. Die beiden Jugendsachbearbeiter des Polizeireviers Bühl berichten über ihre Arbeit.

Smartphone
Keine Bücher, dafür täglich Hunderte von Kurznachrichten: ein Jugendlicher blickt auf sein Smartphone. Foto: Tobias Hase

Es ist nicht mehr so wie früher. Die beiden Kommissare Karlheinz Biereth und Thomas Kohl machen ihren Job als Jugendsachbearbeiter im Polizeirevier Bühl seit zwei Jahrzehnten. In dieser Zeit haben sich die Jugendlichen und ihr Verhalten verändert. „Durch das Internet gibt es neue Phänomene, wie Straftaten verübt werden“, sagt Biereth. „Beleidigungen, Verleumdungen sind ebenso üblich wie das Versenden pornografischer Bilder.“

Fahrlässigig im Internet

Das Urteil von Kohl ist eindeutig: „Jugendliche nutzen das Internet intensiv, gehen teilweise aber fahrlässig damit um. Es ist sehr einfach, beispielsweise über WhatsApp Beleidigungen oder freizügige Fotos zu versenden.“ Da verschickt ein 17-Jähriger anzügliche Fotos seiner 16-jährigen Freundin an alle Mitschüler, nur weil sie Schluss gemacht hat. „Man kann sich vorstellen, wie sich das Mädchen gefühlt hat“, meint Biereth. Der Jugendstaatsanwalt hat dem jungen Mann Arbeitsstunden aufgebrummt. Solche Arbeitsstunden werden in aller Regel in Seniorenzentren, Tierheimen oder auf dem Bauhof abgeleistet.

Straftaten, die über einen Instant-Messaging-Dienst verübt werden, können in aller Regel geklärt werden.

Anonyme Email-Adressen

Das ist im Internet schwieriger. „Jeder kann sich mit einer anonymen E-Mail-Adresse bei Facebook oder Instagram anmelden“, berichtet Biereth. „Über einen solchen Fake-Account bei Instagram hat ein Unbekannter Unwahrheiten behauptet.“ Diese Verleumdung verbreitete sich in Schülerkreisen mit rasender Geschwindigkeit, wie bei einem Schneeballsystem. „Manche Jugendliche haben keine Hemmungen, ihre Altersgenossen in der Öffentlichkeit verächtlich zu machen“, sagt Biereth. „Die wollen jemanden einfach nur bloßstellen. Biereth und Kohl bedauern, dass US-amerikanische soziale Netzwerke kaum Kooperationsbereitschaft zeigen, wenn es darum geht, Straftäter aufzuspüren. „Anfragen sind ergebnislos“, meint Kohl. „Leider werden die IP-Adressen vom jeweiligen deutschen Anbieter nur wenige Tage gespeichert, so dass wir auch auf diesem Wege nicht zum Ermittlungserfolg kommen.“

Ladediebstahl bleibt ein Thema

Aber auch Straftaten außerhalb von Netzwerken und Internet gehören zum Aufgabenbereich der Jugendsachbearbeiter, zum Beispiel der Ladendiebstahl. Das geht schon bei Kindern unter 14 Jahren, die in Deutschland nach dem Gesetz schuldunfähig sind, los. „Jungs stehlen meistens Süßigkeiten, Mädchen Kosmetika“, sagt Biereth. Oft sind es nur Artikel im Wert von wenigen Euro. Die Ladenbetreiber erstatten grundsätzlich Anzeige. „Wir führen mit den Jugendlichen ein sogenanntes normverdeutlichendes Gespräch“, erklärt Kohl. Dabei wird den jungen Menschen klargemacht, dass ihr Verhalten falsch ist. Die Einsicht ist im Hinblick auf das weitere Vorgehen der Polizei und der Staatsanwaltschaft vor allem bei Ersttätern von Bedeutung.

None
Spezialisten für Jugendkriminilität: Karlheinz Biereth (links) und Thomas Kohl. Foto: Ulrich Coenen

Wichtige Rolle der Eltern

Der Jugendstaatsanwalt entscheidet aufgrund der Prognose der Jugendsachbearbeiter, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind. Die Rolle der Eltern ist dabei nach Einschätzung der beiden Kommissare entscheidend. „Einige Eltern verteidigen ihre Kinder, egal was sie angestellt haben“, berichtet Biereth. Das sei im Hinblick auf die erzieherische Wirkung problematisch. Er verweist auf den Fall einer 13-Jährigen, die mit Diebstählen und Sachbeschädigungen startete und bereits mit 17 als Beischlafdiebin unterwegs war. Die Männerbekanntschaften suchte sie im Internet. Mit 18 landete sie im Gefängnis.

Kritische Treffpunkte

Ein wichtiges Thema ist für die Jugendsachbearbeiter Gewalt. „Es gibt einige wenige Örtlichkeiten im Stadtgebiet, die als Treffpunkte erkannt und auch überwacht werden“, sagt Kohl. „Die jungen Leute sitzen zusammen, trinken Alkohol und provozieren.“ Manchmal kommt es zu körperlichen Auseinandersetzungen. Kohl rät Betroffenen, in diesen Fällen unbeeindruckt weiterzugehen und notfalls die Polizei anzurufen. Eine Streife mit Personenkontrolle beruhigt die Gemüter der Jugendlichen in der Regel schnell.

Prävention spielt wichtige Rolle

Prävention spielt für die beiden Jugendsachbearbeiter im Polizeirevier Bühl eine wichtige Rolle. Prävention beginnt für die Jugendsachbearbeiter bereits im Kindergartenalter. Die Kommissare Karlheinz Biereth und Thomas Kohl laden jedes Jahr die Vorschulkinder ins Polizeirevier ein. Streifenwagen und Arrestzelle sind dann die größten Attraktionen. „Beim Abschied wollen die meisten Polizeibeamte werden“, scherzt Biereth.

Wenn die Jugendsachbearbeiter Jahre später die Klassen 5 bis 7 in den weiterführenden Schulen besuchen, wird die Sache ernster. Sie sprechen mit den Jugendlichen über Gewalt und müssen erfahren, dass viele falsche Vorstellungen davon haben, wann Gewalt beginnt. „Wir wollen die Schüler sensibilisieren“, sagt Kohl.

Erkennungsdienstliche Behandlung

Auch bei Straftätern, insbesondere bei Ersttätern, ist die Sozialarbeit der beiden Beamten ein wichtiger Aspekt. Bei Unverbesserlichen scheuen sie aber auch nicht vor einer erkennungsdienstlichen Behandlung zurück. Wenn Fotos gefertigt und Fingerabdrücke genommen werden, zeigen sich viele Jugendliche beeindruckt und denken über ihr Verhalten nach. Immerhin ist es eine Situation wie im Kriminalfilm. „Wir versuchen stets, den jungen Menschen auf Augenhöhe und mit Respekt zu begegnen“, sagt Biereth, „und meist hat dies auch Erfolg. Wir haben hier in Bühl einen sehr guten Draht zu den Jugendlichen.“ Die beiden Jugendsachbearbeiter verstehen ihre Rolle nicht nur im repressiven Bereich, sie wollen Ansprechpartner für die Jugend in jeder Hinsicht sein.

nach oben Zurück zum Seitenanfang