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Nach der Betriebsversammlung

Keiner schreit Hurra: So geht es bei Schaeffler in Bühl weiter

Der Automobilzulieferer Schaeffler hat seine Mitarbeiter am Standort Bühl bei einer Betriebsversammlung über kürzere Arbeitszeiten und damit verbundene drohende Einkommenseinbußen informiert. Mit 5200 Mitarbeitern ist die Sparte Automotive OEM der größte Arbeitgeber der Stadt. Wie die gesamte Autombilindustrie steckt Schaeffler in der Krise.

Beim Bühler Automobilzulieferer wird über eine entgeltwirksame Verkürzung der Arbeitszeit verhandelt. Das Unternehmen informierte die Mitarbeiter auf einer Betriebsversammlung.
Beim Bühler Automobilzulieferer wird über eine entgeltwirksame Verkürzung der Arbeitszeit verhandelt. Das Unternehmen informierte die Mitarbeiter auf einer Betriebsversammlung. Foto: Ulrich Coenen

„Keiner schreit Hurra!“ Nach der Betriebsversammlung bei Bühls größtem Arbeitgeber Schaeffler ziehen die Unternehmensleitung, Gewerkschaft und Betriebsrat Bilanz der gut besuchten Veranstaltung. Rund 1700 Mitarbeiter drängten sich am Sonntag in der Großsporthalle, um zu erfahren, wie es beim Automobilzulieferer weitergeht.

Jürgen Stolz, Aufsichtsratsmitglied und Betriebsrat, bezeichnet die Stimmung im Unternehmen als „gedrückt“. „Es werden noch gravierende Veränderungen auf uns zukommen“, sagt er im Hinblick auf drohende Produktionsverlagerungen nach Osteuropa.

Wie ausführlich berichtet, verhandelt die Unternehmensleitung der in Bühl ansässigen Schaeffler-Sparte Automotive OEM über eine entgeltwirksame Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 38 Stunden. Vor diesem Hintergrund wurde die Betriebsversammlung mit Spannung erwartet. „Das Interesse war groß“, berichtete der Betriebsratsvorsitzende Volker Robl.

In der Krise erfolgreich

Die Verkürzung der Arbeitszeit hält Robl trotz der damit verbundenen Einkommenseinbußen für eine brauchbare Lösung. „Bereits während der letzten Krise haben wir das in den Jahren 2008 und 2009 mit Erfolg praktiziert“, berichtet er.

„Dieses Instrument ist gerecht, weil alle Abteilungen gleichermaßen betroffen sind.“ Notwendig sei allerdings die Versetzung von Personal aus dem Bereich Getriebesysteme, der aktuell wenig zu tun hat, in den Bereich Elektromobilität, damit dort keine Überlastung der Mitarbeiter entstehe. „Wir werden das kontrollieren“, sagte Robl.

Während der Betriebsversammlung am Sonntag hat es nach Auskunft von Robl keine Rückfragen gegeben. Es folgen nun weitere Betriebsversammlungen in den vier Automotive OEM-Werken. Dabei handelt es sich um das Stammwerk in Bühl, das Werk im Bühler Gewerbegebiet Bußmatten und die Werke in Sasbach und Kappelrodeck. „In schwierigen Zeiten ist der Standort Bühl glimpflich davongekommen“, urteilt Robl.

Mitarbeiter sollen verzichten

Norbert Göbelsmann, 2. Bevollmächtigter der IG Metall Offenburg, betonte, dass eine Verkürzung der Arbeitszeit besser als betriebsbedingte Kündigungen sei. „Es wird aber von den Mitarbeitern bereits heute Verzicht gefordert“, urteilte Göbelsmann. „Den tragen wir nur unter bestimmten Voraussetzungen mit.“

Eine ist der Verzicht der Unternrehmensleitung auf eine Verlagerung der Jobs in Billiglohnländer. Göbelsmann warnt ausdrücklich vor der Entlassung gut ausgebildeter Fachkräfte, nicht zuletzt im Hinblick auf die demografische Entwicklung. „Die Unternehmen werden dann Probleme bekommen, diese Stellen später wieder neu zu besetzen“, meinte er.

Mit Skepsis sieht die IG Metall, dass die Betriebsversammlung von Schaeffler traditionell auf einen Sonntag terminiert wird. „Das kenne ich sonst von keinem anderen Unternehmen“, sagte er. Am Schaeffler-Standort Bühl arbeiten 5200 Mitarbeiter, die längst nicht alle in der näheren Umgebung wohnen.

Wer in Karlsruhe oder dem Elsass lebt, tut sich schwer, am Sonntag eigens zur Betriebsversammlung anzureisen. „Das ist keine optimale Lösung“, meinte Göbelsmann. Jetzt soll über Alternativen nachgedacht werden.

Was wird aus der Produktion?

Petra Wolf, Leiterin der Standortkommunikation bei Schaeffler in Bühl, sprach gegenüber unserer Redaktion von einer „sehr informativen“ Betriebsversammlung. „Wir müssen jetzt nach vorne blicken.“

Jochen Schröder, Leiter E-Mobilität, meinte: „Wir haben die Belegschaft umfassend über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen informiert und auch die Zusage gegeben, dass der Standort Bühl als Schaeffler Automotive OEM Unternehmenszentrale weiterhin der Entwicklungsstandort für E-Mobilität sein wird.

Die Standortentscheidung für die zukünftige Komponentenproduktion im Bereich E-Mobilität ist allerdings noch offen. Momentan sprechen die wirtschaftlichen Randbedingungen gegen weiteren Aufbau von Produktion in Bühl. Wir werden uns damit aber nicht zufrieden geben. Dazu gehen wir auch in Gespräche mit den politischen Vertretern.“

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