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Stadtverwaltung ist zuständig

Kirchturmuhr in Bühl lässt aufhorchen: Nächtlicher Stundenschlag trotz Abschaltung

Nachts haben die Bühler Glocken Ruhe zu geben. Daran haben sie sich jetzt aber nicht gehalten. Warum ist das so? Und warum ist das eine Angelegenheit der Stadtverwaltung und nicht der Kirche? Fragen über Fragen. Ein Blitz liefert manche Antwort.

Kirchenglocke
Glocken Bühl Peter und Paul
Blick in den Glockenstuhl: Der nächtliche Stundenschlag ist seit Ende 2015 ausgesetzt - manchmal aber lässt sich die Bühler Kirchturmuhr aber doch hören. Foto: Bernhard Margull

Jetzt schlägt’s – ja, was schlägt es jetzt? Dabei ist die Frage falsch gestellt, richtig muss sie lauten: Warum schlägt es überhaupt? Den Glocken der Bühler Stadtpfarrkirche ist vor etwas mehr als sechs Jahren nächtliches Schweigen verordnet worden. Diese Abmachung hat der Stundenschlag in dieser Woche aufgekündigt und sich zwei Nächte lang hörbar bemerkbar gemacht. Der tiefere Grund dafür liegt Jahre zurück.

Es ist eine verzwickte Geschichte mit den seit 72 Jahren im Kirchturm hängenden Glocken aus der Werkstatt des Heidelberger Glockengießers Friedrich Wilhelm Schilling, seines Zeichens der wohl bedeutendste Gießer seiner Epoche. 2016 entspann sich über die Frage des nächtlichen Glockenschlags ein Streit, den zu rekapitulieren mehr Zeit in Anspruch nehmen würde als das morgendliche Angelus-Läuten.

Die im Jahr zuvor getroffene Entscheidung, die Glocken in Teilzeit zu schicken, nach 22 Uhr verstummen und erst um 7 Uhr das Schweigegebot enden zu lassen, führte zu einem landesweit beachteten Wettstreit von Argumenten samt Unterschriftenliste. Am Ende, im Januar 2017, gab es ein Kompromisschen: Die Auszeit des Stundenschlags wurde um eine Zeit verkürzt, er darf seither bis 23 Uhr tönen.

Warum entscheidet die Stadtverwaltung über die Kirchenglocken?

Diese Entscheidungen fielen nicht im Pfarrhaus, sondern im Rathaus; dass dieses ein Vorleben als Kirche hat (eine solche war es bis in die 1870er Jahre), spielte dabei aber keine Rolle. Aber was bitte hat die Stadtverwaltung über die Kirchenglocken zu befinden? Es ist zu unterscheiden zwischen kirchlichem und weltlichem Geläute.

Als private Uhren noch kein Alltagsgegenstand waren, hatte die Zeitangabe den Rang einer öffentlichen Aufgabe und war mithin Sache der Gemeinde. Uhren wurden in aller Regel an den Kirchtürmen installiert, weil sie den höchsten Punkt im Ort markierten. In Bühl gehören deshalb heute fast alle Kirchturmuhren der Stadt (in einem Fall ist die Kirchengemeinde Miteigentümer); die Glocken allerdings sind Eigentum der Kirche.

Zu Beginn dieser Woche war der nächtliche Glockenschlag wieder zu vernehmen. Das führte prompt zu Nachfragen bei der Stadtverwaltung und auf Internet-Plattformen. Reinhard Renner, in der Stadtverwaltung Leiter der Abteilung Gremien und Kommunales, berichtet auf Anfrage der Redaktion von Wartungsarbeiten.

Vor dem Jahreswechsel hat der Stundenschlag geschwächelt.
Reinhard Renner, Abteilungsleiter bei der Stadt

Mit der Schonacher Firma Schneider Turmuhren und Glockentechnik sei ein jährlicher Wartungsvertrag abgeschlossen worden. Vor dem Jahreswechsel habe der Stundenschlag geschwächelt, sagt Renner. Mittlerweile sei das behoben, der Grund für die Unordnung im Klarwerk sei ein Blitzschlag gewesen – im Jahr 2015 wohlbemerkt.

Das nächtliche Schweigen in Bühl machte Lust auf mehr Ruhe

Kann das sein? Ja, sagt der Schonacher Techniker, der an drei Tagen in dieser Woche dem Uhrwerk auf den, nun ja, Zahn fühlte: „Da erwischt es irgendwo ein elektrisches Teil“, und zweierlei könne sich dann lange hinziehen: Das Teil hat Aussetzer, tut’s aber, irgendwann verabschiedet es sich dann ganz. Bis diese Stelle im komplexen Uhrwerk lokalisiert ist, vergeht aber Zeit, die Nadel im Heuhaufen lässt grüßen.

Während der aktuellen Wartung, für die der Techniker an drei Tagen nach Bühl kam, kündete der Stundenschlag auch nachts vom Vergehen der Zeit. Jetzt aber herrscht wieder Ruhe – die im Übrigen auch besagter Blitz einkehren lassen hat. Im Juni 2015 hatte er die Kirchenuhr durcheinander gebracht und das Glockengeläute auf Stumm gesetzt.

Mehrere Nächte (und Tage natürlich auch) blieb es ruhig, ehe das Schonacher Unternehmen die Uhr wieder in Gang brachte. Das nächtliche Schweigen machte Lust auf mehr Ruhe und führte zum „Einbau der Nachtabschaltung des Schlagwerks“ (und zum veritablen „Glockenstreit von Bühl“). Das höchste Gebäude der Stadt zieht eben nicht nur die Blicke auf sich.

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