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Neues Infektionsschutzgesetz

Lebenshilfe-Geschäftsführer in Bühl kritisiert Regelungen zur Maskenpflicht

Menschen mit Behinderung müssen laut dem neuen Infektionsschutzgesetz das ab dem 1. Oktober gilt sogar in Wohnbereichen Maske tragen. Markus Tolksdorf von der regionalen Lebenshilfe kritisiert das.

Personen mit Maske
Das Tragen von Masken wird auch in den Werkstätten der regionalen Lebenshilfe (hier in Sinzheim) ab 1. Oktober wieder Pflicht. Foto: Katrin König-Derki

Einen eklatanten Verstoß gegen die per UN-Konvention definierten Menschenrechte sieht Markus Tolksdorf von der regionalen Lebenshilfe in dem ab 1. Oktober geltenden neuen Infektionsschutzgesetz. Menschen mit Behinderung, so erklärt es der Geschäftsführer der Institution, werden mit dem Gesetz als „vulnerable Risikogruppe“ eingestuft.

Demnach müssen sie etwa in Gemeinschaftsräumen von Wohnbereichen und in Werkstätten Maske tragen. Das, sagt Tolksdorf, sei „pervers“, denn: „Die meisten Menschen mit Behinderung sind körperlich kerngesund und geimpft. Sie undifferenziert zur Maske zu verdammen, halte ich für menschenverachtend.“

Bewohner der Lebenshilfe müssten selbst an Heilig Abend mit Maske feiern

Tolksdorf weiß, wovon er spricht, auch deshalb, weil sein schwerbehinderter Sohn in einer stationären Einrichtung in Bayern lebt. „Er ist absolut gesund. Dennoch muss er jetzt im Wohnbereich und auch bei der Arbeit Maske tragen. Nur weil er behindert ist!“ Eigentlich, sagt er weiter, sei man ja in privaten Räumen vom Maskentragen befreit.

Die besonderen Wohnformen der Lebenshilfe umfassten aber gemeinsam genutzte Räume wie Wohnzimmer. Sprich: Zusammen sitzen, gemeinsam Filme schauen oder an Heiligabend Geschenke auspacken dürfen die Bewohner fortan nur noch mit Maske.

Auch die Schulen der Einrichtung stelle das Gesetz vor große Probleme. „Dort müssen ‚nur‘ die Lehrer Maske tragen. Das ist aber sehr ungünstig, weil Menschen mit Behinderung oft nicht allein auf Sprache reagieren, sondern zum Verständnis Mimik und Gestik brauchen.“ Zum Schulalltag zähle zudem ein gemeinsamer Mittagstisch.

Angestellten in Werkstätten sind ab Oktober aufgefordert dreimal pro Woche zu testen

„Dort sitzen dann alle ohne Maske nah beieinander und die Lehrkräfte helfen Kindern und Jugendlichen beim Essen.“ In den Werkstätten der Lebenshilfe wiederum herrscht noch aus einem anderen Grund Aufruhr, wie er berichtet: Die Angestellten, nicht aber die Menschen mit Behinderung, sind ab Oktober aufgefordert, sich dreimal pro Woche unter Aufsicht testen zu lassen.

Unser Personal testete sich daheim und informierte uns, wenn das Ergebnis positiv war.
Marco Zink, Leitungskraft

Das, sagt Leitungskraft Marco Zink, empfinde das gesamte Team als absoluten Misstrauensbeweis. Das bisherige „Testkonzept für alle“ habe wunderbar funktioniert: „Unser Personal testete sich daheim und informierte uns, wenn das Ergebnis positiv war“, so Zink.

„So konnten wir Infektionen sofort identifizieren, die Betroffenen blieben der Gemeinschaft fern, und wir verhinderten größere Ausbrüche, sogar in den Hochzeiten der Pandemie.“ Die neuen gesetzlichen Auflagen, sagt Zink, seien den Hauptamtlichen denn auch „absolut nicht vermittelbar“.

Bühler Leiter sieht Ansturm der Entrüstung in der Branche

Der Sturm der Entrüstung in der Branche, so Tolksdorf, sei enorm, „meines Wissens nach bis in die Ministerien der Bundesländer hinein“. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beharre aber wohl auf der jetzigen Gesetzesfassung, um den Termin des Inkrafttretens nicht weiter hinauszuzögern.

Dass nach Jahren des Kampfes um die Geltung gleicher Rechte nun „eine solche Ahnungslosigkeit und Borniertheit“ zum Tragen komme, kann der Geschäftsführer nicht fassen. „Natürlich werden wir das Gesetz umsetzen. Momentan haben wir keine andere Wahl.

Aber wir werden dagegen protestieren, denn wir wissen, was wir Menschen mit Behinderung und unseren Angestellten zumuten.“ Die Auflagen seien „unsinnig“, resümiert er: „Man will mit dem Gesetz Menschen schützen, macht aber Harakiri.“

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