Der Naturschutzbund (Nabu) sorgt sich im Lichtenauer Stadtteil Ulm um den Steinkauz und um Streuobstwiesen. Die Kommune will gerne das Baugebiet „Östliche Schulstraße“ entwickeln. Die ersten Schritte sind getan, am Donnerstag, 29. April, so zumindest ist es terminiert, befasst sich der Gemeinderat mit dem Bebauungsplan.
Der Nabu-Gruppe Lichtenau/Rheinmünster gefallen diese Absichten gar nicht. Denn auf dem auserkorenen Areal finden sich Streuobstwiesen. Dazu brütet in der Nachbarschaft der Steinkauz. Nachdem nun auf einem Grundstück auch noch Obstbäume gefällt wurden, ist für die lokalen Nabu-Vertreter das Maß voll.
Bei der Lichtenauer Stadtverwaltung bleiben angesichts der abgesägten Bäume offene Fragen. Bürgermeister Christian Greilach (CDU) sagt, es handle sich um eine private Maßnahme, erfreut ist er definitiv nicht darüber. Inzwischen befassen sich auch Fachleute des Landratsamts Rastatt mit dem Thema.
„Die Fällarbeiten wurden angezeigt“, so Benjamin Wedewart auf Anfrage der Redaktion. Die Aktion kann für den Verursacher Folgen haben, denn während der Vegetationsperiode ist so etwas nur in Ausnahmefällen erlaubt, erklärt der Pressesprecher der Kreisbehörde. Die ermittelt nun, der Naturschutzbeauftragte will sich ein Bild machen. „Die Fällarbeiten ruhen“, so Wedewart weiter.
Für Nabu haben Pläne besondere Brisanz
Für die Naturschützer hat die Idee mit dem Baugebiet „Östliche Schulstraße“ gehörige Brisanz. „Das platzt direkt in das Förderprogramm des laufenden Interreg-Projekts zum Artenschutz im Ramsar-Gebiet Oberrhein mit der besonderen Förderung von EU-Zuschüssen“, ärgert sich Herbert Schön.
Und nicht nur das. Überall werde die Bedeutung der Streuobstwiesen hervorgehoben, die baden-württembergische Landesregierung preise immer wieder die Artenvielfalt dieser besonderen Landschaften, so der Vorsitzende der Nabu-Gruppe Lichtenau/Rheinmünster. Und in Ulm sollen ausgerechnet Streuobstwiesen einem Baugebiet weichen.
Doch laut Schön geht es nicht allein um eine besondere Kulturlandschaft. Das geplante Neubaugebiet gefährde den Steinkauz. Der brüte seit 1983 nur einen Steinwurf entfernt, so der lokale Nabu-Chef, der seine Sorge begründet: „Wir hatten schon in Rheinmünster-Greffern den Fall, wo der Steinkauz in unmittelbarer Nachbarschaft eines neu entstandenen Baugebiets abgewandert ist.“
Voruntersuchung zum Artenschutz fand bereits statt
Es habe bereits eine Voruntersuchung bezüglich der dort lebenden Arten gegeben, berichtet Bürgermeister Greilach. Dabei wurden zum Beispiel Eidechsen und Fledermäuse entdeckt. Der Hinweis des Nabu auf die Steinkäuze liegt im Rathaus ebenfalls vor.
Direkt in diesem Gebiet sei bei der Voruntersuchung allerdings kein Vertreter von Athene noctua gefunden worden, so der Bürgermeister. Er will nicht ausschließen, dass der Raubvogel dort auf Beutezug geht.
„Der Bebauungsplan wird erst noch aufgestellt“, versucht Greilach die Gemüter zu beruhigen, die Stadt stünde am Anfang des Verfahrens. Bislang gebe es nur den Aufstellungsbeschluss. Und in der Ratssitzung Ende April, in der der Bebauungsplan „Östliche Schulstraße“ auf der Tagesordnung steht, „werden die Träger der öffentlichen Belange gehört“.
Nabu: Sperlingskauz ist erheblich gefährdet
Der örtliche Nabu weist schon länger auf die wertvollen Streuobstwiesen zwischen Ulm und Rheinmünster-Schwarzach hin. Bereits vor zwei Jahren, als der Aufstellungsbeschluss gefasst wurde, meldeten sich die Naturschützer mit einem Schreiben im Lichtenauer Rathaus und äußerten ihre Bedenken.
„Dieses Areal zählt zu den Top-Brut-Habitaten der bei uns heimischen und nach dem Sperlingskauz kleinsten Eulenart“, betont Schön erneut. Der Nabu begann in den 1980er-Jahren mit dem Artenschutzprogramm Steinkauz in Lichtenau und Rheinmünster. „Damals wurden 60 künstlichen Niströhren aufgehängt“, blickt Herbert Schön zurück. Die Aktion sei im Landkreis Rastatt einmalig gewesen. Das Engagement für die kleinen Eulen zahlte sich aus, doch jetzt sei ihre Population erheblich gefährdet.