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Effektiver Anbau

Neue Art des Weinbaus: Winzer aus Altschweier baut Terrassen in seinen Weinberg

Im Altschweierer Sternenberg rattern die Bagger: Weingutbesitzer Axel Bauer baut die schwer zu bearbeitenden Steillagen um. Er lässt Terrassen einziehen, auf denen bequem am Hang entlang gefahren werden kann. Ein Schritt in Richtung Weinbau der Zukunft?

Axel Bauer, im Hintergrund die Fläche, auf der Planierraupe und Bagger unterwegs sind
Raupe und Bagger in Aktion: Bei der Umgestaltung der Weinberge am Sternenberg wird viel Erde bewegt. Der Altschweierer Winzer Axel Bauer setzt auf den Terrassen-Weinbau. Foto: Andreas Bühler

Von weitem ist es zu sehen: Große Teile des traditionsreichen Altschweierer Sternenbergs verändern sich. Bald ist die mühevolle Arbeit in den steilen Weinlagen Geschichte, denn Winzer Axel Bauer fährt mit seinen Geräten auf kleinen Terrassen entlang des Weinbergs und nicht mehr wie bisher ständig rauf und runter.

„Es muss etwas passieren. In den Steillagen will sich niemand mehr abmühen“, sagt der Weingutbesitzer mit Blick auf den Strukturwandel in der Weinwirtschaft. Auch am Kaiserstuhl haben sich schon etliche Winzer für diese vorteilhafte Bewirtschaftung der Weinberge entschieden.

Klimawandel drängt zum Handeln

Seit Wochen stand der Bagger hoch oben auf dem Sternenberg über Altschweier. Jetzt stimmt das Wetter: Die Planierraupe schiebt eine große Erdwelle vor sich her und formt eine langgezogene Terrasse. Steine rollen den Weinberg hinunter. Danach glättet ein Bagger die steile Böschung zwischen den Terrassen und drückt sie fest, damit sie nicht abrutscht.

„Es muss was gehen, man muss sich Gedanken machen, wie man effektiver arbeitet und welche Rebsorten eine Zukunft haben. Die Klimaerwärmung drängt uns Winzer zum Handeln. Der Weinbau verändert sich“, erklärt Bauer und blickt über den Sternenberg hinweg weiter Richtung Bühlertal. Auch dort besitzt er Rebflächen. Sie werden später umgebaut.

Raupe und Bagger in Aktion: Bei der Querterrassierung fährt der Winzer bei der Bearbeitung quer zum Hang und nicht in steiler Lage.
Veränderung: Die schwer zu bearbeitenden Steillagen werden umgebaut. Foto: Andreas Bühler

Das Angebot an Flächen ist groß. Viele Winzer geben entweder aus Altersgründen auf und weil es sich immer weniger rentiert. Das Ende dieser traurigen Entwicklung zeigt sich nicht nur am Sternenberg: Verwilderte Rebstücke gibt es mittendrin, kahle Flächen, die bereits gerodet sind oder sichtlich die beste Zeit hinter sich haben. Tradition zu bewahren sieht anders aus.

Die Klimaerwärmung drängt uns Winzer zum Handeln.
Axel Bauer, Weingutbesitzer

Die jahrhundertelange Prämisse, nach der der Wein in erster Linie im Weinberg entsteht, bestätigt sich allerdings immer wieder. „Dafür müssen jetzt aber die Weichen neu gestellt werden. „Und das tun wir hier“, betont Bauer.

Seit rund zehn Jahren verfolgt er dieses Ziel und krempelt Jahr für Jahr ein anderes Weinstück um. Und es kommen immer mehr dazu, denn der traditionelle Nebenerwerb ist in Baden allgemein stark rückläufig. Die Preise für Badischen Wein lassen den traditionellen Winzergenossenschaften keinen Spielraum für die Bezahlung ihrer Winzer.

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Aktiv gegen Flächenverlust

Der Badische Weinbauverband in Freiburg bestätigt den zunehmenden Strukturwandel im Weinbau. Die Umgestaltung von schwer zu bearbeitenden steilen Lagen in flache Terrassen biete da enorme Vorteile.

„Wenn die Winzer auf Terrassen fahren können, ist das wesentlich einfacher. Wenn diese steilen Lagen einfacher bewirtschaftet werden können, dann bleiben sie uns erhalten. Sonst werden sie aufgegeben und verbrachen“, urteilt Verbandsgeschäftsführer Peter Wohlfarth. Der Terrassen-Weinbau sei eine sinnvolle Alternative gegen die massiven Flächenverluste im Anbaugebiet Baden.

„Wir haben hier eine sehr hohe Quote an Nebenerwerbswinzern mit einem hohen Altersdurchschnitt. Die zentrale Frage ist nun: wer will sich in Zukunft diese Arbeit noch zumuten“, sagt auch Katharina Kohl. Die Weinbauberaterin im Landratsamt Rastatt ist für die nördliche Ortenau zuständig. „Weinberge mit bis zu 45 Grad Gefälle, das ist heftig. Eine Lösung ist die Terrassierung, was natürlich ein Kostenfaktor und ein Eingriff in die Landschaft darstellt“, räumt sie ein.

Aber die Vorteile wie Arbeitssicherheit, Effizienz und auch ökologische Chancen überwiegen. „Ganz wichtig ist die Förderung der Artenvielfalt, die sich an den Böschungen zwischen den Terrassen entwickelt“, stellt sie den Aufbau von neuen ökologischen Nischen heraus.

Weinsorten entsprechen dem Klimawandel

Diese Art des Weinbaus biete auch Lebensräume für viele Kleintiere. Wichtig ist der Weinbauberaterin bei der Umgestaltung die Pflanzung von Weinsorten, die dem Klimawandel entsprechen. „Wir haben in Altschweier und Bühlertal durch Abkühlung und kühle Winde ein besonderes Cool Climate. Das hat wirklich viel Potenzial.“

Die quer terrassierten Lagen entlang des Sternenbergs sind schon jetzt weithin sichtbar. Und wenn es nach Axel Bauer geht werden in absehbarer Zeit noch etliche folgen. „Diese Arbeit macht einfach riesig Spaß“, meint der Sohn aus einer Altschweierer Winzerfamilie beim Blick über die Weinberge.

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