Martin Bürkle klopft dreimal auf seinen Schreibtisch: „Wir haben Glück gehabt.“ Der Blick geht zurück in die ersten Monate des Jahres, als in Ottersweier an jedem Wochenende der Ausnahmezustand herrscht. Die unter dem Titel „Schneedemo“ stehenden Kundgebungen und Demonstrationen gegen die Corona-Politik bereiten Bürkle und seinem Team vom Fachbereich Bürgerservice - Sicherheit - Recht der Bühler Stadtverwaltung viel Arbeit.
Dass der Fachbereichsleiter aus der Nachbarstadt sich damit befassen muss, hat seinen Grund in der zwischen den beiden Kommunen vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft, durch die Bühl für Ottersweier so etwas wie ein kleines Landratsamt für Ottersweier wurde.
Ausschreitungen, wie sie zunehmend festzustellen sind, bleiben in Ottersweier aus. Ob das heute noch einmal so wäre, davon ist Bürkle nicht überzeugt. Die Lage habe sich verschärft, analysiert er, die Diskussion um die Impfpflicht heize die Situation zusätzlich auf.
Tatsächlich seien Situationen, wie sie in den vergangenen Wochen an verschiedenen Orten in der Bundesrepublik zu sehen gewesen seien, schon damals durchgespielt worden: „Wir hatten Sorge, dass das eskalieren könnte.“ Manchen treibt auch die rechtsextreme Geschichte des Hauptorganisators um.
Polizeiarbeit wirkt verhindert Eskalationen
Aufgeheizt ist die Stimmung immer wieder mal, gerade beim Zusammentreffen der Corona-Gegner mit den regelmäßig in der Ortsmitte erschienenen Gegendemonstranten, doch es geht alles gut. Eine gute Zusammenarbeit mit Polizei und Gemeindeverwaltung zählt Bürkle dafür ebenso zu den Gründen wie das „vernünftige Verhalten“ des Großteils der Demonstranten.
Sie hätten sich an die Auflagen gehalten, „die politischen und sonstigen Meinungen habe ich nicht zu bewerten“, sagt Bürkle. Bei den regelmäßigen vorbereitenden Kooperationsgesprächen mit dem Veranstalter seien klare Vorgaben gemacht worden, und der Hauptorganisator habe sie auch eingehalten.
Fast ein Vierteljahr dauert die Demo-Reihe, mal nachmittags, mal abends, mal mit mehr, mal mit weniger Beteiligung. Die Belastung aber sei immer erheblich, sagt Bürkle, zumal schon das „ganz normale“ Corona-Geschehen sehr viel Arbeit beschere: „Es ist auch nicht so, dass man nach der Demo heimgeht und das Ganze abhakt. Man steht die ganze Zeit und noch lange danach unter Strom.“ Dass die Polizei stets mit starken Kräften nach Ottersweier kommt, dafür ist Bürkle dankbar, das in jener Zeit stark reduzierte Fußballprogramm macht es möglich.
Er möchte sich nicht ausmalen, wie es sonst vielleicht hätte kommen können. Die Beamten wirken deeskalierend, allein durch ihre schiere Zahl. Dennoch: Der Puls ist hoch, und das schüttelt niemand so einfach aus den Kleidern. Bei einer montäglichen Nachbesprechung habe ein Polizist ihm gesagt, er habe schlecht geschlafen, weil ihn das Geschehen die ganze Nacht beschäftigt habe.
Martin Bürkle ist froh, dass die Demonstrationen in Ottersweier nicht aus dem Ruder liefen, „dass der Krug an uns vorübergegangen ist.“ Und er fügt an: „Ich vermisse es nicht, keine Minute.“