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Kundgebung am Samstag

Querdenker in Bühl stacheln gegen das Impfen auf

Der Verein „Querdenken 722 Bühl“ lud an diesem Samstag zu seiner letzten Kundgebung im alten Jahr ein. Eine Breitseite bekam das Impfen ab, Politik blieb eher außen vor.

Menschen mit Regenschirmen auf dem Europa-Platz in Bühl
Querdenken bei Schmuddelwetter: Die Querdenker 722 Bühl hatten für dieses Jahr ihre letzte Veranstaltung in Bühl auf dem Europa-Platz. Foto: Jörg Seiler

Es gibt Dinge, die mag ein gestandener Querdenker nicht so gern: Neugierige Journalisten zu Beispiel. Und so kam auf die Frage, ob der Verein „Querdenken 722 Bühl“ nach der letzten Kundgebung im alten Jahr im neuen weitermache, prompt die Replik, ob das denn so wichtig sei. Immerhin ließ sich der Redner und Mitveranstalter entlocken, es gehe 2021 weiter.

Kundgebung bei Schmuddelwetter

Der aufgeklärte Demo-Teilnehmer musste sich an diesem Samstag warm anziehen, denn nasskaltes Dezemberwetter mit Temperaturen um die acht Grad Celsius luden eigentlich nicht zum längeren Verweilen im Freien ein. Ein paar Dutzend Menschen hatten sich dennoch auf dem Europa-Platz in Bühl eingefunden. Die Polizei sprach von knapp 50. Martin Bürkle, Leiter des Fachbereichs Bürgerservice - Recht - Zentrale Dienste der Bühler Stadtverwaltung, verwies auf das schlechte Wetter. Bisher seien es meistens mehr Teilnehmer gewesen.

Um Politik ging es in den zwei Stunden von 14 bis 16 Uhr eher weniger, die Forderung des baden-württembergischen Innenministers Thomas Strobl, Maskenverweigerer einweisen zu lassen, blieb ohne Kommentar, auch der Appell von Landesvater Winfried Kretschmann: „Man kann nicht so feiern, dass sich am Ende nur das Virus freut“ schien die Querdenker-Gemeinde vordergründig nicht zu interessieren.

Und einer der Redner, 14 Jahre hat er nach seinen Worten in der Intensivmedizin gearbeitet, betonte: „Ich stelle mich nicht hin und sage, das Virus gibt es nicht. Und ich sage auch nicht, das Virus ist nicht gefährlich.“

Breitseite gegen das Impfen

Es ging auf dieser Kundgebung, auf der peinlich genau auf das Abstandhalten geachtet wurde, nicht ums Corona-Leugnen. Eine Breitseite bekam an diesem Nachmittag das Thema Impfen ab. Ob nun gegen das Corona-Virus, ob gegen MMR (Mumps, Masern, Röteln) oder gegen andere Krankheiten. Die Phalanx der Rednerinnen und Redner, sie hießen zum Beispiel Michael, Andrea, Johannes, Ingrid oder Christa, sahen in Impfärzten, Pharmaindustrie, in Apothekern aber auch in Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die dunkle Seite der Macht.

Für den medizinischen Laien wurde es bisweilen schwierig, in der Schnelle all die Namen, Fachbegriffe und komplizierten Zusammenhänge zu erfassen. Vermutlich ging es so manchen Querdenker-Anhängern unter den Zuhörern ebenso und auch der ein oder andere Redner verlor schon mal den Faden. Dabei ließ sich das ein oder andere durchaus nachvollziehen, zum Beispiel wie wirksam oder wie gesteuert in Sachen Corona die Impfstoff-Tests verliefen. Und ein in einem Beitrag erwähnter Dr. med. Klaus Hartmann darf als Fachmann (und Kritiker) in Sachen Impfen gelten.

Doch manche Aussagen weckten auch einfach den Eindruck, dass es da rein um Anti-Impf-Propaganda geht. „Impfen - Böse!“ Vor allem ein Redebeitrag einer Mutter zielte in diese Richtung. Die Frau bekundete, heute würde sie ihre Kinder überhaupt nicht mehr impfen lassen. Die Dame hatte sich in das Thema nach eigenem Bekunden denn auch richtig reingearbeitet, brachte die MMR-Impfung (Mumps, Masern, Röteln) mit dem Auftreten von Autismus und plötzlichem Kindstod in Verbindung.

Manches hatte Unterhaltungswert - so die Erklärung des Begriffs afroamerikanische Jungen: „also die dunkelhäutigen“. Mehrfach verwies die Rednerin auf „Vaxxed“ und „Vaxxed II“, man hatte den Eindruck, sie seien ihre Bibel. In diesen umstrittenen Kinofilmen (2016 und 2019 erschienen) wird behauptet, die amerikanische Gesundheitsbehörde habe den Zusammenhang von MMR-Impfungen und Autismus vertuscht. Kritiker sprechen von Anti-Impfpropaganda des Schöpfers Andrew Wakefield, einem britischen Mediziner, bezichtigen ihn der Datenmanipulation.

Querdenkerin wehrt sich gegen Nazi-Vorwürfe

Schließlich gab es noch ein bisschen Selbstbehauptung und Widerstand. Susanne stellte sich ans Mikro, sagte „Ich bin eine Querdenkerin und stehe dazu. Wir sind keine Rechtsextremen und keine Nazis.“ Wer wollte, bekam noch einen Handzettel, überschrieben mit „Impfung Covid 19“, abzurufen auf der Homepage „Frag uns doch“ von Alexander Quade. Darüber steht „Was können wir tun, wenn wir zur Covid-Impfung gezwungen werden? Das Pack zur Weißglut treiben!!!“ Wie war das mit dem Einfordern von Respekt kurz vorher?

Auf dem ausgeteilten Handzettel wird aufgefordert, keineswegs die Impfung zu verweigern, sondern viele Dokumente und Bestätigungen zu fordern. Der Reporter hätte auch gern einen solchen Zettel gehabt, bekam aber mit dem schnippischen Verweis keinen: Er schreibe fleißig mit und könne ja selber recherchieren. Ach ja, politisch wurde es dann doch noch: 2021 seien Wahlen, da sollte man die Parteien „abkacken“ lassen, die die Gesetze zum Infektionsschutz beschlossen hätten, so der Querdenker-Aufruf.

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