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Satirische Betrachtung

Qwetschefeschd: Wie Künstler Heinz Wendling zum Zwetschgenstadt-Gedicht kam

In der Bühler Zwetschge ist doch noch Saft. Heinz Wendling hatte schon gedacht, seine künstlerische Auseinandersetzung damit sei beendet und das Thema Zwetschge ausgequetscht. Jetzt lieferte ihm aber der Streit um die Zwetschgenstadt neuen Stoff.

Heinz Wendling
Künstler Heinz Wendling und dei Qwetsche-G’schichtle Foto: Wilfried Lienhard

So kann man sich täuschen. 2011 war’s, als Heinz Wendling das Ende seiner künstlerischen Beschäftigung mit der Bühler Zwetschge vereinbarte. Gerade hatte er bei den Bühler Heimattagen mit dem von ihm verfassten und inszenierten „Zwetschgen-Spektakulum“ einen klaren Erfolg auf der Theaterbühne gefeiert und ein Büchlein mit 16 Aquarellen und „G’schichtle“ rund um das blaue Bühler Früchtchen vorgelegt.

Neues sei nicht mehr zu erwarten, sagte er und fügte lachend hinzu: „Für mich ist das Thema jetzt ausgequetscht.“

Nun hat Wendling in seiner Zwetschge doch noch etwas Saft gefunden. Die Diskussion um den kommunalen Zusatztitel Zwetschgenstadt ließ den gebürtigen Hanauerländer, der sich als Büttenredner in 40 Jahren zum Inventar des Kappler Allda „babbelte“, nicht ruhen.

Also setzte er sich in seinem Ottersweierer Werbeatelier auf den Musenstuhl, griff zum Zeichenstift, verbannte damit die „Bühler“ hinter Gitter und betextete sein Bild. Es entstand das Gedicht: „Qwetschefeschd – der ledschde Reschd“, dessen neun Vierzeiler hier zu lesen sind.

Zwetschge liefert Füllhorn an Geschichten

Wendling, in der Bütt als „Bur vom Lond“ bekannt, war an der Geschichte der Bühler Zwetschge stets sehr interessiert. Hörte oder las er etwas, was ihm noch nicht bekannt war, notierte es Wendling. Irgendwann kam ihm die Idee, das alles künstlerisch zu verarbeiten. So entstand ein Zwetschgenkalender für das Jahr 2008, samt und sonders bestückt mit Wendlings hintersinnigen Aquarellen. Bei der Eröffnung des Stadtmuseums war 2007 der Verkaufsstart, verbunden mit einer Ausstellung von Wendlings Zwetschgen-Kunst.

Dieses Blau der Zwetschge hat mich von Anfang fasziniert.
Heinz Wendling, Künstler

Wendling schätzt die Zwetschge als Kompott zum Vanille-Eis oder auch in der allen Geschmacksmoden trotzenden Form als Zwetschgenkuchen: „Wer einmal so etwas isst, wird ewig davon schwärmen.“ Sie begeistert ihn aber nicht nur kulinarisch, sondern auch wegen der von ihr ausgehenden Inspiration. „Dieses Blau“, sagt er, „hat mich von Anfang fasziniert.“ Und was sich aus diesem runden Fruchtkörper alles machen lasse!

Die Bühler Zwetschge eröffne ihm unendlich viele Möglichkeiten und sei ein Füllhorn an Geschichten.

Künstlerische Auseinandersetzung mit der Zwetschge

Zwetschgenkarikatur
Verrat: Ein neues Werk aus dem Zeichenstift von Heinz Wendling Foto: Heinz Wendling

2011 schuf Wendling für das Wochenende „Baden-Württemberg genießt“ bei den Heimattagen das Theaterstück „Zwetschgen-Spektakulum“. Darin mischte er humorvolle und hintersinnige Gedanken mit nostalgischen und bedauernden Sätzen, die Bühler hat eben schon bessere Zeiten erlebt. Dass er die besonderen Beziehungen zwischen Kappelwindeck und Bühl in angemessener, sprich spöttischer Weise behandelte, versteht sich bei einem Allda-Texter von selbst.

Zur gleichen Zeit erschienen die „Quetsche-Gschichtle“ und machten die Bühler-blaue Trilogie perfekt. Ausgerechnet unter einem Olivenbaum in Spanien hat Wendling die ersten Aquarelle gezeichnet; inspirieren lassen hat er sich dabei von Tomi Ungerers listigen Werken. Dazu kamen kurze Verse zu den einzelnen Aquarellen. Das Büchlein für Kinder und Erwachsene widmete Wendling seinem Enkel Felix – der just den Namen jenes Kappelwindeckers trägt, der um 1840 als Zehnjähriger die Frühzwetschge in Riegel entdeckt haben soll.

Die künstlerische Auseinandersetzung mit der Nationalfrucht hielt Wendling damit für abgeschlossen. Doch ganz ohne konnte er doch nicht. Er ersann, als das Rathaus II umgebaut werden sollte, einen Zwetschgen-Shop: „Da sollte es kleine Andenken zu kaufen geben, und für frische Zwetschgen hätte ich schon gesorgt“, sagt er lachend. Doch die Idee ließ sich nicht verwirklichen.

Nur positive Reaktionen auf das Gedicht

Karikatur, Zwetschge, Gitter
Bühler hinter schwedischen Gardinen: Das Bild hat Heinz Wendling zu seinem Gedicht zum Thema Zwetschgenstadt gestellt. Foto: Heinz Wendling

Überhaupt habe sich die Stadt das Wohlergehen „ihrer“ Frucht nicht allzu sehr angelegen sein lassen. Manches, was er zu ihrer Förderung vorgeschlagen habe, sei im Sande verlaufen.

Die erste Version war schärfer, aber meine Frau meinte, das könne ich nicht machen.
Heinz Wendling, Künstler

Das Scheitern der Initiative für den kommunalen Zusatztitel Zwetschgenstadt gab ihm dann einen Stoß. Er schnappte sich den spitzen Griffel und textete darauf los. „Ein bisschen ist es auch eine Abrechnung mit der Stadt“, meint er und fügt lachend hinzu: „Die erste Version war schärfer, aber meine Frau meinte, das könne ich nicht machen.“

Sein Gedicht ist in die Freiheit entlassen und wird auf den verschiedensten elektronischen Wegen verbreitet. Die Reaktionen seien ausnahmslos positiv. Der Daumen gehe stets hoch, die Sache sei genau getroffen, heiße es. Sogar aus den USA habe er eine solche Nachricht enthalten.

Die Bühler Zwetschge kennt man halt nicht nur hierzulande. Als Wendling seine Verse schrieb, wusste er übrigens noch nichts vom Bürgerbegehren. Wenn die Zwetschgenstadt nun doch noch offiziell werden sollte, wer weiß, ob der Künstler nicht noch eine zehnte Strophe findet.

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