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Bilanz der Spargelsaison

Beim Spargel war das Angebot größer als die Nachfrage

Die Spargelbauern in Baden ziehen eine durchwachsene Bilanz. Weil die Nachfrage gering war, wurde die Produktion frühzeitig gedrosselt.

Nach dem Ende der Saison ist auf den Spargeldfeldern in Söllingen Ruhe eingekeht. Unruhige Zeiten drohen den Spargelbauern in der nächsten Saison, wenn exorbitant steigende Produktionskosten den Preis für das königliche Gemüse in die Höhe treiben könnten.
Nach dem Ende der Saison ist auf den Spargeldfeldern in Söllingen Ruhe eingekeht. Unruhige Zeiten drohen den Spargelbauern in der nächsten Saison, wenn exorbitant steigende Produktionskosten den Preis für das königliche Gemüse in die Höhe treiben könnten. Foto: Ingbert Ruschmann

Während die Spargelbauern in der Rheinebene mit dem Ertrag in der zu Ende gegangenen Saison zufrieden sind, fällt die Bilanz beim Absatz des königlichen Gemüses hingegen weniger gut aus.

„Wir haben wegen der geringeren Nachfrage unsere Produktion angepasst und Felder nicht vollumfänglich bewirtschaftet“, erklärt hierzu Roland Fraß aus Ulm. Den Rückgang bei der anvisierten Zielmenge beziffert der Landwirt auf etwa 20 Prozent.

Die für ein gesundes und produktives Spargelwachstum benötigte Witterungsbedingungen waren von Beginn nahezu optimal: Ein insgesamt geringeres Aufkommen an Regentagen, dafür relativ viel Sonnenschein und wachstumsfördernde Lufttemperaturen ließen den Spargel auf den zusammengenommen etwa vier Hektar großen Spargeldfeldern des Vollerwerbslandwirts gut sprießen. Die anfänglichen Erntemengen versprachen auf der Ertragsseite ein insgesamt gutes Spargeljahr.

Inflation ruft erste Bremsspuren hervor

Doch die ersten öffentlichen Diskussionen um Inflation und Verteuerung der Lebenshaltungskosten hinterließen im Vertrieb erste Bremsspuren. „Schon im April war eine spürbar verhaltene Nachfrage erkennbar“, blickt Roland Fraß auf die sich früh abzeichnende negative Absatzentwicklung zurück.

Als Reaktion darauf drosselte der Ulmer die Produktion, in dem er die zu bewirtschaftenden Flächen durch eine vorgezogene Herausnahme der frühen Sorten und nicht vollumfängliche Bewirtschaftung der späten Sorten in der Summe reduzierte. Die Beeinflussung der Sortenstaffelung ist im Spargelanbau ein geeignetes und häufig eingesetztes Instrument zur Steuerung der Erntemenge.

Nach dem Abtragen der Hügel färben sich die freigelegten Spargel erst blau, dann grün und mutieren innerhalb weniger Tage zum charakteristischen Spargelkraut
Nach dem Abtragen der Hügel färben sich die freigelegten Spargel erst blau, dann grün und mutieren innerhalb weniger Tage zum charakteristischen Spargelkraut Foto: Ingbert Ruschmann

„Der Ertrag war nicht das Problem“, bestätigt derweil auch Franz Leonhard aus Söllingen. Der Landwirt aus dem nördlichsten Ortsteil der Gemeinde Rheinmünster macht ebenfalls die aktuelle Wirtschaftslage für den Rückgang des Spargelkonsums verantwortlich.

Letztendlich bewahrte ihn die überraschend starke Nachfrage aus der regionalen Gastronomie vor einem noch größeren Defizit zwischen dem Planumsatz und den tatsächlich erzielten Margen.

Kritisch bewertet Franz Leonhard die Strategie des Lebensmittelhandels, aus Kostengründen verstärkt auf vergleichsweise billigere Importware zu setzen. „Die haben gezielt am einheimischen Spargel vorbei eingekauft“, beklagt der auch kommunalpolitisch engagierte Landwirt das den regionalen Spargelanbau nachhaltig schädigende Verhalten.

Langfristig sei der Kunde der große Verlierer, sollten heimische Bauern wegen fehlender Rentabilität ihren Betrieb aufgeben und der Spargel ausländischer Anbieter mit deutlich höheren Preisen als zuvor den Markt beherrschen.

Die in diesem Jahr schwierige Vermarktung des Stangenspargels bestätigt auch Hans Lehar, der geschäftsführende Vorstand der Obst- und Gemüseabsatzgenossenschaft Nordbaden mit Sitz in Bruchsal. „Sowohl die Direktvermarkter als auch der Absatz über den Einzelhandel erlebte einen massiven Einbruch“, betonte Lehar auch mit Blick auf die zeitversetzt gestartete Erntesaison bei den Erdbeeren.

Im Einzugsgebiet seiner Gesellschaft hätten die Mitglieder etwa 40 bis 50 Prozent der bewirtschaftbaren Spargelflächen im Verlauf der Saison aus der Produktion genommen: „Das gab es noch nie“, weist er auf die aktuelle Ausnahmesituation hin.

Rasant steigende Preise beim Spargelanbau

Mit Blick auf die rasant steigenden Produktionskosten im Spargelanbau blicken die beiden mittelbadischen Landwirte mit gemischten Gefühlen auf die kommenden Wochen und Monate. „Wir gehen in eine total ungewisse Zukunft“, konstatiert Roland Fraß achselzuckend. Vor allem die exorbitanten Kostensteigerungen für Gas und Strom, aber auch die Erhöhungen beim gesetzlichen Mindestlohn schlagen ihm mächtig aufs Gemüt. W

enn er alle Mehraufwendungen an den Endkunden weitergebe, seien Steigerungen beim Verkaufspreis für das Kilo Spargel zwischen 30 und 40 Prozent zu erwarten, rechnet er vor. Legt er die höheren Produktionskosten nicht oder nicht vollumfänglich um, sei die in diesem Jahr noch erzielte „schwarze Null“ nicht zu halten und das Spargelgeschäft sei dann auch nicht mehr rentabel.

„Wenn es nichts mehr zu verdienen gibt oder am Ende gar ein Verlustgeschäft droht, brauch ich mir den ganzen Stress in der schönsten Jahreszeit nicht antun“, bezieht Franz Leonhard klar Stellung. Vor dem Hintergrund eines preisbedingten Umsatzeinbruchs im kommenden Jahr könnte für manche Spargelbetriebe die Existenz auf dem Spiel stehen, prognostiziert er.

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