
Der schlimmste Notruf, den es in der zivilen Luftfahrt geben kann, ging am Freitag um 17.02 Uhr im Tower des Flughafens Karlsruhe/Baden-Baden (FKB) ein. Der Pilot der gut gebuchten mittelgroßen Passagiermaschine meldete Probleme mit dem Fahrwerk. Es lasse sich nicht ausfahren.
Der Fluglotse ordnete daraufhin einen Kontrollüberflug über den Airport an. Die schlimmsten Befürchtungen sollten sich bewahrheiten. Die finale Notlandung endet in einer Katastrophe, das Fluggerät zerschellt am Boden und geht in Flammen auf. Traurige Bilanz: Vier Tote und 20 verletzte Personen. Die Auflösung des scheinbaren Luftverkehrs-Dramas: Das Szenario war fiktiv und entstammte dem Drehbuch einer Notfallübung.
Nur mit Wasser ist einem Kerosin-Flammenmeer nicht beizukommen
Eine solche schreibt die European Union Aviation Safety Agency (EASA) alle zwei Jahre für sämtliche Flughäfen weltweit vor. Sie ist so etwas wie eine TÜV-Abnahme für die hauptamtlichen Flughafen-Feuerwehren. Den Test 2023 auf dem Baden-Airport absolvierte ein Großaufgebot der Blaulicht-Fraktion: mit der FKB-Flughafen-Feuerwehr und ihrem seit 1. Juni neuen amtierenden Kommandanten Manuel Brückel, die Freiwilligen Feuerwehren der Standortgemeinden Rheinmünster und Hügelsheim, die Überlandhilfe-Kollegen aus Bühl und Baden-Baden, das Technische Hilfswerk (THW) aus Bühl, der DRK-Kreisverband Bühl/Achern sowie die Landespolizei.
In der Summe waren rund 300 Rettungsprofis auf dem abgesperrten Rollfeld im südlichsten Flughafen-Sektor im Einsatz. Um 17.13 Uhr stuft der Tower die Gefährdungslage von „Emergency“ (Notfall) auf die höchste Alarmstufe „Crash“ hoch.
Und schon jaulen mit Martinshorn die ersten zwei Phosphor farbenen Großraumlöschbomber der Werksfeuerwehr heran und bringen ihre Löschkanonen in Stellung. Jeder von ihnen hat 12.500 Liter Wasser sowie 1.800 Kilo, beizumischendes Schaum- und Trockenlöschmittel an Bord.
Allein mit Wasser ist einem Kerosin-Flammenmeer nicht beizukommen. Die internationalen Sicherheitsstandards schreiben vor, dass die Löschtrupps nach maximal drei Minuten an jedem Flecken eines Flughafens präsent sein und mit der Feuerbekämpfung beginnen müssen.
Die Notfallübung am Baden-Airpark zeigt, dass die Einsatzkräfte gut zusammenarbeiten
Gleichwohl: Nach rund zwei Minuten sind im Ernstfall die Tanks der beiden FKB-„Panther“ auch schon wieder leer. Ergo bedarf es, wie Manuel Brückel und Kreisbrandmeister Heiko Schäfer erläutern, fein abgestimmter Alarmpläne mit den ehrenamtlichen Kollegen aus der Nachbarschaft, einer klaren Koordination der Einsatztaktik vor Ort und eines ebenso schlüssigen Konzepts bei der Erstversorgung von Verletzten und deren späteren Einlieferung in umliegende Kliniken.
Als Übungsobjekt diente eine ziemlich zerfledderte und ausgeschlachtete Fokker 50, die vor einem Vierteljahrhundert im Frachtverkehr unterwegs war und heute noch für permanente Trainings- und Fortbildungszwecke der 36 Mann starken Söllinger Flughafenfeuerwehr taugt. Abseits von „Emergency“-Notfällen sind die „Fire-Fighters“ für das Betanken von Fluggeräten jeglicher Art auf dem FKB zuständig.
Ein mit Gasflaschen betriebener Feuerspeier sorgt für realistische Simulation
Für eine realitätsnahe Simulation sorgten am späten Freitagnachmittag ein mit Gasflaschen betriebener Feuerspeier, eine Nebelmaschine in der Kabine des Havaristen und zahlreiche Kinder und Erwachsene, die auf dem Vorfeld zwischen Koffern und Handgepäck knieten oder lagen, sich blutüberströmt und rußgeschwärzt geschminkt vor Schmerzen krümmten und um Hilfe schrien. In der Summe waren dies weitere 30 Statisten.
Airpark-Geschäftsführer Uwe Kotzan konnte zum Schluss der Übung und der Lagebesprechung im Krisen- und Leitungsstab und trotz des „Todes“ von vier Passagieren (zwei mehr als in der Planung vorgesehen) zumindest einsatztaktisch eine Punktlandung bilanzieren: „Die Übung unterstreicht die hohe Einsatzbereitschaft und das koordinierte Handeln der Rettungskräfte und stellt sicher, dass bei einem Ernstfall auf unserem Airport alle Beteiligten effektiv zusammenarbeiten.“
Die Passagiere der permanent startenden und landenden Maschinen dürften beim Blick aus den Fenstern erleichtert durchgeatmet haben, nicht unter den „Opfern“ am Boden zu sein. Auch wenn alles nur eine Notfallübung mit geschminkten Statisten war, die Lebenswirklichkeit zeigt, dass dahinter durchaus auch ein schicksalshafter realistischer Anlass stecken kann.