Mit einer Chirurgenschere schneidet Heidi Früh eine Figur aus einer Kartonage mit silbernem Glitzerbelag. Mit dieser flinken Fingerübung hält sie sich irgendwie in Bewegung, denn am ersten Tag des Sinzheimer Weihnachtsmarktes ist es bei rund drei Grad Celsius kalt auf dem Marktplatz vor dem Rathaus. Heidi Früh ist eine von rund zwei Dutzend Marktteilnehmern, die nach zwei Jahren Pause beim Weihnachtsmarkt in einer Holzbude ihre handgebastelten Artikel verkauft.
Neben ausgestanzten Fensterbildern aus Pappelfurnier verkauft die Sasbacherin bunte dreidimensionale Sterne. „Das ist mein eigenes Design. Die Bastelanleitung ist in meinem Kopf“, erzählt sie einer Besucherin, die sich von den bunten Farben hat verzaubern lassen. Alleine vier Stunden würde es dauern, um einen „Heidi-Früh-Stern“ zu erstellen, berichtet sie weiter.
Unweit davon hat sich Luitgard Hörth in einer der vielen schicken Holzbuden mit selbstgebastelten Holzfiguren eingerichtet. „Der ist beweglich“, sagt sie, als sie an der Schnur eines Holzhampelmanns zieht, der als Pumuckl vor allem die kleinen Weihnachtsmarktbesucher anlacht. Hörth erklärt, wie aufwendig sie die Holzfiguren herstellt: sägen, schleifen, entstauben, bemalen, zusammensetzen und dekorieren.
X-mal muss die Halberstungerin die Holzteile in die Hand nehmen, bevor diese als fertige Figur verkauft werden können. Ein Storch mit langen roten Beinen steht auf der Theke, aber ein Frosch ist nicht zu sehen. „Als Halberstungerin ist der Frosch nicht unbedingt Pflicht“, witzelt sie.
Die Bastelanleitung ist in meinem Kopf.Heidi Früh, Marktbeschickerin
Direkt neben dem Rathaus verkauft Simone Winkler Filzschuhe. Alleine schon der Anblick auf die vielen Filzpantoffelpaare wärmt. Geschickt blitzen aus der Fülle der Filzlatschen zwei besonders hervor – ein schwarzgelb gestreiftes Paar lässt die Kinderfigur Janosch vor dem geistigen Auge lebendig werden.
Eines fällt bei dem Weihnachtsmarkt auf: Sämtliche Produkte, ob Stricksocken, Mützen, Taschen oder Geschenkartikel, die Waren sind von den Standbetreibern mit viel Fleiß selbst erstellt worden und zeichnen sich durch natürlich verarbeitete Materialien aus. Sie scheinen bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen die Augen zum Leuchten bringen.
Die Bratwurst-Ausgabe funktioniert wie am Schnürchen
Derweil klingt aus den Lautsprechern, die auf der Weihnachtsmarktmeile aufgebaut sind, die Stimme von Bürgermeister Erik Ernst (CDU). Es ist gegen 18.30 Uhr, als der Bürgermeister die 17. Auflage des Weihnachtsmarktes offiziell eröffnet. Zahlreiche Gäste haben sich inzwischen eingefunden, einige davon tragen rote Zipfelmützen.
Der Duft nach Glühwein und Bratwurst liegt in der Luft. Geschickt wendet Rainer Bollian am Bratwurststand mit einer Zange die Bratwürste. Beim nächsten Handgriff legt er die Bratwurst in ein aufgeschnittenes Brötchen und schwupp greift sich ein wartender Besucher das Brötchen, nahezu im Sekundentakt.
Es ist uns wichtig, den Weihnachtsmarkt als Zeichen der Hoffnung wieder aufleben zu lassen.Erik Ernst, Bürgermeister
„Es ist uns wichtig, den Weihnachtsmarkt als Zeichen der Hoffnung wieder aufleben zu lassen“, sagt Ernst und kündigt das Programm der nächsten beiden Tage an, an denen die Sinzheimer Schulchöre, Musikvereine und die Tanzschule sich auf einer zentralen Bühne präsentieren. Für die kleinen Gäste kommen der Nikolaus und Knecht Ruprecht schon einen Tag früher, erfahren die Zuhörer.
Wer sich bei den winterlichen Temperaturen aufwärmen will, der besucht die Ausstellung der Vormberger Malgruppe im Bürgersaal des Rathauses. Im Foyer bieten die Mitstreiter des Partnerschaftsvereins Sinzheim Pignan und des Ballspielvereins Phönix Kaffee für die Gäste.